Johannes Remmel: „Mehr Leistung, mehr Flexibilität, mehr Haltepunkte und deshalb besseren ÖPNV“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Elektrifizierung von Bahnstrecken

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Johannes Remmel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Elektrifizierung von Schienenstrecken kann vor dem aktuellen Hintergrund der Diskussion über Luftschadstoffe einen wichtigen Beitrag für eine bessere Luftqualität in unseren Ballungsräumen leisten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken und sage Ihnen, wer das gesagt hat: Das war Minister Wüst, der das in einer Publikation der „Allianz pro Schiene“ veröffentlicht hat. Insofern gehe ich davon aus, dass wir uns mit unserem Antrag, den wir hier und heute stellen, in guter Allianz mit Ihnen und Ihrem Anliegen befinden und Sie das als Zeichen verstehen, unserem Antrag auch zuzustimmen.
Wir wollen Ihnen also Unterstützung signalisieren – gar keine Frage – und etwas mehr Dynamik in die ganze Sache bringen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will Ihnen von einer Erscheinung erzählen, die ich hatte. (Heiterkeit – Josef Hovenjürgen [CDU]: Das wollen viele!)
Ich weiß nicht, ob Sie dieses Gefühl auch kennen: Sie sitzen oder stehen irgendwo versonnen, diskutieren mit sich selbst und kommen dabei auf ganz erstaunliche Sachverhalte.
(Heiterkeit – Gordan Dudas [SPD]: Nein, das kenne ich nicht!)
Ich will Ihnen die Begebenheit durchaus nicht vorenthalten. Ich hatte einen längeren Aufenthalt an meinem Heimatbahnhof und wartete auf einen Zug. Am Nachbargleis stand ein längerer Zug mit Dieseltriebwagen. Es war heiß, und dieser Dieseltriebwagen ging immer wieder an, lief 10 Minuten, und dann ging er wieder aus.
Ich habe mich gefragt: Warum muss er immer wieder angeschaltet werden? – Die Antwort ist: Es war heiß und die Klimaanlage musste betrieben werden. – Das war die erste Antwort in meinem Selbstgespräch. Aber die nächste Frage, die ich mir gestellt habe, lautete: Warum eigentlich in einem Bahnhof, wo Oberleitungen vorhanden sind und wo das gesamte Streckennetz im Umkreis aus Oberleitungen besteht? Warum steht da überhaupt ein Dieseltriebwagen?
Bei längerer Recherche habe ich in der Folge feststellen müssen: In Nordrhein-Westfalen sind nur 69 % der Strecken elektrifiziert, und der andere Teil muss noch elektrifiziert werden. Bei weiterer Recherche stellt man dann fest, dass wir in Nordrhein-Westfalen dahin gehend noch großen Nachholbedarf haben.
Andere Länder, wie beispielsweise die Schweiz oder auch Österreich, haben in der Vergangenheit in einem ehrgeizigen Plan für einen größeren Anteil an Elektrifizierung gesorgt.
Das Phänomen, das ich beobachtet habe, ist insofern erstaunlich, weil es sich zum Beispiel bei der Stadt Siegen um eine Kommune handelt, die im Hinblick auf Luftschadstoffe unter Beobachtung ist. Die Grenzwerte sind überschritten. Warum, fragt man sich – in der Stadt wird heftig diskutiert über mögliche Dieselfahrverbote und andere verkehrslenkende Maßnahmen –, fahren Dieselloks auf diesen Strecken, obwohl die Strecken elektrifiziert sind, also Oberleitungen vorhanden sind. Das kann kein Mensch verstehen.
Und wenn wir noch etwas weiter schauen, stellen wir fest, dass in fast jeder von potenziellen Dieselfahrverboten betroffenen Stadt, also da wo die NOX-Werte in den letzten Jahren den Grenzwert überschritten haben, in irgendeiner Weise auch mit Schienenfahrzeugen gefahren wird, die nicht elektrifiziert sind. Es gibt also Dieselloks in all unseren Städten.
Deshalb ist die Elektrifizierung der Strecken ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Luftqualität – so hat es auch der Minister ausgedrückt. Es ist also klar, dass wir auch aufgrund der aktuellen Entwicklung eine größere Dynamik brauchen.
Das Land muss deshalb wissen, nach welcher Priorität Strecken entsprechend mit Oberleitungen versehen werden sollen. Deshalb – natürlich sind Bund und Bahn zuständig – braucht es einen Masterplan, in welcher Reihenfolge dieser Ausbau zu erfolgen hat.
Diese Landesregierung stellt ja für alles einen Masterplan aus. Es wäre gerade für dieses wichtige Feld notwendig, neben dem Straßenbau – wir haben ja vernommen, in welcher Maßnahmenfolge die Bauarbeiten erfolgen sollen – im Hinblick auf die Elektrifizierung auch für den Schienenpersonennahverkehr und für den Schienenverkehr eine solche gleiche Gewichtung vorzunehmen. Das ist Kern unserer Forderung bzw. unseres Antrags.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Johannes Remmel (GRÜNE): Wir fordern einen solchen Maßnahmenplan, mit dem möglichst schnell bis 2025 – schneller als die große Koalition im Bund das plant – eine fast vollständige Elektrifizierung für Nordrhein-Westfalens Schienenstrecken erfolgen soll.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Wenn Sie uns nicht so viele behindernde Gesetz hinterlassen hätten!)
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit, Herr Kollege Remmel.
Johannes Remmel (GRÜNE): Bitte?
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit ist beendet.
Johannes Remmel (GRÜNE): Die Redezeit.
Dabei ist klar, dass die Vorteile zur Verbesserung eben nicht nur bei der Luftqualität liegen, sondern Elektrifizierung auch mehr Leistung, mehr Flexibilität, mehr Haltepunkte und deshalb besseren ÖPNV bedeutet. Wenn man mehr Menschen in Schienenfahrzeuge des öffentlichen Verkehrs bringen will, dann muss es eine flächendeckende Elektrifizierung geben.
(Die Redezeit wird angezeigt. – Josef Hovenjürgen [CDU]: Auch für Sie gilt die Redezeit!)
–  Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank für Ihren Hinweis. Und jetzt beende ich meine Rede.