Johannes Remmel: „In erster Linie geht es darum, die Handlungsfähigkeit der Kommunen an vielen Stellen wiederherzustellen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zu Innenstädten

Der Antrag

Johannes Remmel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ritter, es tut mir leid, direkt am Anfang auf Ihren Beitrag antworten zu müssen; Sie haben ja auch eingeleitet. Ich will das aber nicht in der gleichen Form tun, wie Sie intoniert haben, also sprichwörtlich nicht aus dem Wald herausrufen, wie Sie hineingerufen haben. Ich finde, unsere Städte haben es schlicht und einfach nicht verdient, sich sozusagen – so wie Sie sich hier präsentiert haben – gegenseitig ins Förmchen zu pinkeln. Das war auch nicht der Impuls unseres Antrags.

Wenn man jedoch so bellt, wie Sie gerade gebellt haben, dann muss man schon vermuten, dass Sie etwas zu verstecken haben, dass Sie etwas vertuschen wollen, dass Sie um etwas herumreden wollen, weil Sie nämlich an manchen Stellen

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

tatsächlich blank sind. Sie sind bei zentralen Fragen der Innenstadtentwicklung und der Stadtentwicklung blank.

(Dr. Ralf Nolten [CDU]: Kommen Sie zur Sache, Herr Kollege!)

Auf diese Fragen haben Sie in dieser Legislatur bis heute keine Antwort gegeben.

Vordergründig können wir das gerne unter der Frage abhandeln, wie es mit einem Altschuldenfonds aussieht. Warum gibt es einen solchen bis heute nicht?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir können natürlich noch ein wenig tiefer gehen und fragen: Warum ist es in vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen so schwierig – da unterscheiden wir uns in der Tat von anderen Städten in anderen Bundesländern – öffentliche Investitionen auf den Weg zu bringen? – Der Grund ist, dass die Finanzkraft schlicht nicht gegeben ist, weil die Kommunen Altschulden mitschleppen und Haushaltssicherungskonzepte vorhanden sind, sodass sie nicht nach vorne investieren können.

(Zuruf)

Damit sind wir bei dem zentralen Punkt, wenn es um die Innenstadtentwicklung geht, nämlich bei der Verfügbarkeit von Schlüsselimmobilien.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Wie sollen die Kommunen an die Schlüsselimmobilien kommen, wenn sie kein Geld haben, um diese zu erwerben? Man kann nur langfristige Immobilien- und Liegenschaftspolitik machen. Aber das können unsere Kommunen schon seit Langem nicht mehr, weil ihnen die nötigen Finanzen fehlen. Das ist jedoch die Grundlage für eine künftige Entwicklung.

(Beifall von den GRÜNEN)

In erster Linie geht es deshalb darum, wenn wir über die Zukunft der Innenstädte sprechen, die Handlungsfähigkeit der Kommunen an vielen Stellen wiederherzustellen.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, diese Regierung auch zu loben. Im Bundesländervergleich sieht man, dass das Programm, das Sie unter dem Coronaschirm entwickelt haben – wobei Sie nicht bereit sind, es zu verstetigen –, ein erster Schritt ist. Das reicht aber nicht aus, denn wir brauchen keine Programme, sondern wir brauchen Grundlagen. Das ist insbesondere bei der Finanzierung zu sehen.

Ein weiterer Punkt, bei dem wir uns offenbar unterscheiden und bei dem es eher eines, wie ich finde, edlen Wettstreits bedarf, ist, dass Sie das prolongieren, was sich in der Vergangenheit entwickelt hat. Das kann ein Weg sein, wobei ich nicht sicher bin, ob er ausreicht, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

Die zentrale Gestaltungsaufgabe der Kommunen in den nächsten 20 Jahren ist es, in den Innenstädten, in der gesamten Stadt klimaneutral zu werden. Die Innenstadt spielt eine zentrale Rolle bei der Frage, wie unsere Städte das künftig bei den Gebäuden, in der Mobilität und in der Stadtgestaltung schaffen. Dafür sind Milliardeninvestitionen zu tätigen, aber ich weiß nicht, woher dieses Geld kommen soll, wenn wir die Kommunen finanziell nicht in die Lage versetzen, genau diese Aufgabe zu erfüllen.

(Zuruf)

Ich will noch einen Punkt nennen, bei dem ich glaube, dass wir uns in der Einschätzung etwas unterscheiden. Natürlich wird der Handel auch in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Innenstadt spielen. Unsere Innenstädte müssen je nach Stadt aber vielfältiger werden. Wir haben nicht das Stadtbild.

Über Jahrhunderte oder vielleicht sogar über Jahrtausende hat die Städte ausgemacht, ist, dass dort Handel stattfindet. Dieser Handel befindet sich zurzeit aber in einer Zeitenwende, er findet immer mehr virtuell im Netz statt.

(Dr. Ralf Nolten [CDU]: Welche Erkenntnis!)

Das schränkt die Möglichkeiten für unsere Städte als Handelsplatz, als Begegnungsplatz ein, und deshalb braucht es hier neue Entwicklungen, die vielfältig sind, die man finden muss. Dafür müssen sie ertüchtigt, gestärkt werden, es fehlen aber die nötigen Voraussetzungen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie uns deshalb weiter um die besten Ideen im Sinne eines guten politischen Wettbewerbs und nicht im Sinne einer gegenseitigen Denunziation von unterschiedlichen Konzepten streiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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