Jan Matzoll: „Wir wollen und wir müssen klimaneutrale Investitionen ermöglichen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion für eine Luft- und Raumfahrtstrategie für NRW

Portrait Jan Matzoll

Jan Matzoll (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde gerade schon gesagt: „völlig losgelöst von der Erde“. Das schallt ab Freitag hoffentlich häufig aus den Lautsprechern, wenn die deutsche Nationalmannschaft den EM-Titel im eigenen Land holen möchte.

(Beifall von der FDP – Heiterkeit von Rodion Bakum [SPD])

– Damit hole ich die FDP ab; das ist gut. Danach wird es wahrscheinlich schwieriger mit Applaus aus der FDP-Fraktion, aber versuchen wir es mal.

Zur Einordnung des FDP-Antrags, der mit eben diesem Refrain aus Peter Schillings wunderbarem Titel „Major Tom“ überschrieben ist, muss ich Sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

AeroSpace.NRW hat als vom Land finanziertes Netzwerk der Luft- und Raumfahrtindustrie das heute schon viel zitierte Whitepaper zur Transformation der Luftfahrt und die darin liegenden Chancen für den Standort NRW veröffentlicht und anschließend im Wirtschaftsausschuss ausführlich vorgestellt; dafür an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Auf knapp 70 Seiten legt AeroSpace.NRW detailliert dar, welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen für den Standort NRW bestehen und entstehen. Auf die besondere Stärke und Vielfalt NRWs als wichtigstes Zuliefererland der Luft- und Raumfahrtindustrie will ich nicht noch einmal eingehen. Das ist von allen Rednern bereits ausreichend und richtig adressiert worden.

Kommen wir nun also zu den wichtigsten Forderungen der FDP-Fraktion. Im Detail werden wir uns im Ausschuss noch einmal mit dem Antrag beschäftigen dürfen. Lieber Herr Brockes, bei Ihrem Versuch, mal wieder der Schnellste zu sein, wenn es darum geht, ein Papier aus der Wirtschaft auf Antragslänge herunterzubrechen, tun Sie den dritten Schritt vor dem ersten. Vor der Strategie steht für AeroSpace.NRW nämlich die Definition eines gemeinsamen Zielbildes sowie das sogenannte akteursbetriebene Roadmapping.

Wir tun der Luftfahrtindustrie keinen Gefallen, wenn hierbei „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ gilt. Wir als schwarz-grüne Koalition legen einen Fokus auf der Branche konkret helfenden Maßnahmen.

Sie fordern darüber hinaus einen landesweiten Innovationswettbewerb. Ein solcher Wettbewerb bringt uns aber gar nicht voran, da es sich nur um kleine, eher symbolische Werte handeln kann. Schaut man sich die Anträge der letzten Jahre an, bemerkt man: Die FDP fordert regelmäßig Wettbewerbe. Wenn diese von der Landesregierung umgesetzt würden, würde Mona Neubaur den lieben langen Tag nur Preise und Auszeichnungen verleihen. Sie, Herr Brockers, würden als Erster eine solche Politik der Preisverleihung hämisch kommentieren.

Ich muss doch einer liberalen Partei nicht wirklich erklären, dass der Innovationshunger einer sich transformierenden Branche nicht durch staatliche Wettbewerbe geweckt werden muss. Wettbewerbe sind ein netter Bonus, nach der Steuerschätzung im Mai aber nicht zentrales Element vorausschauender und vor allem ehrlicher Politik. Man kann doch nicht einerseits die Schuldenbremse in der jetzigen Form mit dogmatischer Härte verteidigen und dann auf der anderen Seite immer neue staatliche Förderungen fordern. Das passt hinten und vorne nicht zusammen, liebe FDP.

Zur Forschungspolitik. Eine Ergänzung landeseigener Forschung im Bereich „Luft und Raumfahrt“ ist nicht notwendig, da diese bereits passiert – Kollege Untrieser hat schon darauf hingewiesen –, sei es die Finanzierung der Hochschulen dieses Landes wie die RWTH Aachen, die FH Aachen, die TH Köln, die Universitäten Bochum, Köln und Dortmund, die vom Land finanzierte Forschungseinrichtung Zentrum für BrennstoffzellenTechnik oder die vom Bund und Land finanzierten Forschungseinrichtungen wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das Forschungszentrum Jülich oder die Fraunhofer Institute IEM, ILT und IPT.

Bei der Forschungsförderung im Wissenschaftsbereich hat die FDP in ihrer letzten Regierungszeit mitentschieden, dass die Forschungsförderung nicht von vornherein auf bestimmte Themen festgelegt ist. Vielmehr können sich Hochschulen im Wettbewerb themenoffen dafür bewerben. Dieser Weg steht auch den Forschenden im Bereich „Luft- und Raumfahrt“ offen.

Liebe FDP-Fraktion, Sie adressieren dann das Thema „vergünstigte Darlehen für klimafreundliche Investitionen“. Diesbezüglich sind wir völlig bei Ihnen. Ihre konkrete Forderung verkennt aber die Realität.

Erstens ist es doch völlig absurd, diese Forderung auf eine einzelne Branche anzuwenden. Wir wollen und wir müssen klimaneutrale Investitionen ermöglichen – von A wie Automotive über L wie Luftverkehr bis Z wie Zementindustrie.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Zweitens ist es doch längst Realität, dass zukunftsfeste, nachhaltige und klimaneutrale Investments zu besseren Konditionen an Geld kommen, zum Beispiel durch den Investitionskredit Nachhaltige Mobilität der NRW.Bank. Wir müssen uns in den Ausschussberatungen gute Argumente liefern, warum hier das Land darüber hinaus branchenscharf reinregulieren sollte. Vielleicht können wir als Grüne im Zuge der Ausschussberatungen bei der FDP wieder das Feuer des Vertrauens in die Kraft des Marktes entfachen. Aber ernsthaft: Gerade in der aktuellen Situation sollte es doch das Ziel sein, hier nicht überzuregulieren.

Bei der Zielrichtung, lieber Kollege Brockes, liegen wir gar nicht auseinander. Die Luft- und Raumfahrtindustrie in NRW hat Zukunft und große Wachstumspotenziale. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeht. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. Der Überweisung stimmen wir gerne zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)