İlayda Bostancıeri: „Wir begrüßen es sehr, dass sich immer mehr Kommunen auf den Weg machen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion auf kostenfreie Menstruationsartikel

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Heute sprechen wir im Plenum über ein Thema, das zu Unrecht noch immer schambehaftet ist: die Menstruation, ohne die es kein menschliches Leben gäbe.

Während meiner Schulzeit – das weiß ich nicht nur von mir selbst – haben meine Mitschülerinnen und ich alles Mögliche versucht, um bloß keine sichtbaren Blutflecken auf der Kleidung zu haben, damit niemand sieht, dass wir menstruieren. Und ich erinnere mich gut daran, dass einige von uns immer wieder schauen mussten, wie wir uns genug Binden und Tampons leisten können.

Inzwischen kann ich offen darüber sprechen. Einem Großteil der Betroffenen geht es aber heute noch so wie mir damals. Auch heute noch ist die Periode ein schambehaftetes Thema. Auch heute noch wird hinter vorgehaltener Hand nach einem Tampon gefragt. Und Blutflecken auf der Kleidung gehören zu dem Peinlichsten, was Frauen und Mädchen sich vorstellen können. Um diese Flecken zu vermeiden, braucht es Periodenprodukte in ausreichender Zahl.

Wenn wir über Periodenarmut sprechen, sprechen wir ganz konkret von der Tatsache, dass es Mädchen und Frauen in Deutschland und auch in NRW gibt, die schlichtweg kein Geld haben, um sich ausreichend Menstruationsartikel zu leisten. Weltweit haben über 500 Millionen Mädchen und Frauen nicht die Möglichkeit, mit ihrer Menstruation sicher, hygienisch und schamfrei umzugehen. In Deutschland ist es für fast ein Viertel der Mädchen und Frauen finanziell schwierig, sich ausreichend mit Binden und Tampons zu versorgen.

Einige Kommunen in NRW haben sich bereits mit ihren Schulen auf den Weg gemacht, kostenfreie Menstruationsartikel so zur Verfügung zu stellen, dass die Schülerinnen nicht erst im Sekretariat nachfragen müssen, was oft eine zusätzliche Hürde darstellt.

Auch Universitäten starten Pilotprojekte. Das sichert Studentinnen die gleiche Teilhabe, da sie bei plötzlich auftretenden Blutungen nicht mehr den Campus verlassen müssen, um sich entsprechende Produkte zu kaufen.

Wir sehen: Auch ohne Zutun des Landes ist hier einiges in Bewegung.

Mit dem vorliegenden Antrag der SPD beschäftigen wir uns bereits eine Weile. Wir haben ein Fachgespräch geführt und den Antrag im Ausschuss für Gleichstellung und Frauen ausgiebig beraten. Wie immer stellt sich die Frage, was wir als Land konkret tun sollten oder können.

Wir begrüßen es sehr, dass sich immer mehr Kommunen auf den Weg machen, um kostenfreie Menstruationsartikel anzubieten.

Die SPD fordert im vorliegenden Antrag eine finanzielle Anschubfinanzierung seitens des Landes mittels eines Förderprogramms für die kostenfreie Bereitstellung von Periodenprodukten in weiteren Kommunen.

Es tut sich aber schon sehr viel. Wir möchten auch deshalb die Pilotprojekte der Kommunen und Universitäten beobachten und sehen, wie es weiterhin klappt. Denn aktuell scheint es so, als wären die Kommunen und Hochschulen auch ohne unsere Hilfe sehr erfolgreich.

Zudem sehen wir den Bund in der Pflicht, die Mehrkosten für Menstruationsartikel – dazu gehören aus unserer Sicht übrigens auch Schmerzmittel – in die Berechnung des Bürgergeldes mit einzubeziehen, um der Benachteiligung der Menstruierenden entgegenzuwirken. Hier hätte die SPD bereits aktiv werden können. Im Regelsatz des Bürgergeldes sind 19,16 Euro monatlich für den gesamten Bereich „Gesundheitspflege“ vorgesehen.

Das ist zu wenig für viele Empfängerinnen. Denn alleine für Periodenprodukte fallen Kosten zwischen 5 und 15 Euro im Monat an. Für die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen ist es wichtig, ihnen die nötigen finanziellen Mittel an die Hand zu geben, damit sie selbst entscheiden können, welche Periodenprodukte sie kaufen und verwenden möchten.

Wir Grüne haben nicht nur auf dieses Defizit bei der Berechnung des Bürgergeldes hingewiesen, sondern immer und immer wieder für einen höheren Regelsatz gestritten. Die SPD hätte uns innerhalb der Ampelkoalition unterstützen und damit Periodenarmut strukturell in ganz Deutschland deutlich abfedern können, nicht nur in NRW.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist nicht passiert.

(Thorsten Klute [SPD]: Völlig scheinheilig!)

Trotzdem – da kann ich mich meinen beiden Vorrednerinnen anschließen – ist es ein wichtiges Thema. Ich freue mich, dass wir die Möglichkeit haben, es in diesem Parlament zu diskutieren und damit vielleicht etwas zur Enttabuisierung rund um die Menstruation beitragen zu können.

Den heute vorliegenden Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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