İlayda Bostancıeri: „Unser größtes Fachkräftepotenzial ist noch zu heben: die Frauen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Was bei den Debatten über den Fachkräftemangel oft zu kurz kommt oder sogar vergessen wird, ist unser größtes Fachkräftepotenzial, das noch zu heben ist: die Frauen. Dass dieses Potenzial nicht ausgeschöpft wird, hat sehr unterschiedliche Gründe.

Berufe, die vorrangig von Frauen ausgeübt werden, bekommen oft weniger Anerkennung oder werden schlechter bezahlt. Es mangelt in allen Branchen zudem an flexiblen Arbeitszeitmodellen. Und die Betreuungssituation für Kinder erwerbstätiger Eltern ist auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel bzw. da, wo sie sein sollte.

Ganz grundsätzlich ärgert mich an dieser Debatte, dass die Frage der Erwerbstätigkeit von Frauen zu einem reinen Frauenproblem gemacht wird.

Wieso gibt es überhaupt Berufe, die mehrheitlich von Frauen oder von Männern ausgeübt werden? Wieso werden die einen besser bezahlt und die anderen schlechter? Wieso gibt es selten flexible Arbeitszeitmodelle? Wieso ist die Frage nach der Betreuung von Kindern ausschlaggebend dafür, ob die Mutter arbeiten gehen kann? Wieso sprechen wir so selten darüber, ob der Vater oder beide Eltern gut arbeiten gehen können? Kurz gesagt: weil wir in patriarchalen Strukturen leben, die veraltete Geschlechterrollen noch immer zementieren.

Diese Rollen sind nicht einfach vom Himmel gefallen. Studien zeigen beispielsweise, dass in Lohn- und Care-Arbeit sehr gleichberechtigte Paare nach der Geburt ihres ersten Kindes oft in das Rollenmodell der 50er-Jahre rutschen, und zwar auch deshalb, weil unser System die Alleinverdiener-Ehe noch immer subventioniert und finanziell belohnt.

Diese Strukturen wurden so geschaffen und existieren in unterschiedlichsten Abwandlungen seit Hunderten von Jahren. Wenn wir bemerken, dass Strukturen ein Geschlecht immer und immer wieder benachteiligen, dann ist es an der Zeit, Veränderungen anzustoßen.

(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])

Natürlich ist die Stärkung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt für uns ein wichtiges Anliegen und auch kein neues Thema, Frau Butschkau. Deswegen arbeiten wir bereits sehr aktiv an verschiedenen Maßnahmen.

Die Kompetenzzentren Frau und Beruf leisten einen wichtigen Beitrag und unterstützen kleine und mittlere Unternehmen dabei, Frauen als Fachkräfte zu gewinnen und auch zu halten.

Der digitale Lohnatlas schafft Transparenz. Damit gehen wir einen wichtigen Schritt und schaffen eine Datenbasis, um das Thema „Equal Pay“ gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeber*innen anzugehen.

Mit dem Women-on-Board-Index schauen wir genau dahin, wo es für uns auch ungemütlich werden kann und wo NRW noch besser werden muss, nämlich auf die Besetzung der Aufsichtsräte und die Verteilung der Geschlechter in Führungspositionen der Unternehmen.

Das Landesgleichstellungsgesetz werden wir weiterentwickeln.

In Trägerschaft des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter haben wir die Landesfachstelle Alleinerziehende an den Start gebracht.

Im Haushalt 2025 stehen 115 Millionen Euro an Investitionsmitteln für den Kita-Ausbau bereit. Wir haben die Kita-Helfer*innen verstetigt.

Mit den Beratungsstellen Arbeit haben wir eine flächendeckende Struktur geschaffen, um Anlaufstellen zu bieten, die helfen, prekäre Arbeitsbedingungen einzudämmen.

Das ist nur ein kurzer Abriss über einige der Maßnahmen, die die schwarz-grüne Landesregierung bereits angestoßen oder neu aufgelegt hat und trotz der Haushaltslage weiterfinanziert. Das tun wir, weil es richtig und wichtig ist, dass sich Politik um die Belange von erwerbstätigen Frauen kümmert und dass wir uns für gute Rahmenbedingungen einsetzen, damit Frauen, die gerne arbeiten möchten, dies auch tun können.

Am Ende muss sich aber – neben den von mir bereits beschriebenen Maßnahmen – in den Köpfen vieler Einzelner und damit gesamtgesellschaftlich etwas ändern. Dazu leisten wir unseren Beitrag.

Ich bin unsicher bezüglich des Mehrwerts des Antrags. Meine Kollegin hat die 55 Beschlusspunkte erwähnt. Ich finde, das wirkt etwas überfrachtet. Teilweise werden Maßnahmen gefordert, die bereits laufen.

Zudem möchte ich kritisieren, dass der Antrag viele Beschlusspunkte aus dem Bereich „Kinder, Familie und Jugend“ enthält, aber nicht an den entsprechenden Ausschuss mitüberwiesen wird. Ich bin aber gespannt und freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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