İlayda Bostancıeri: „Es ist wichtig, Gewalt zu verhindern, bevor sie entsteht“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023, Einzelplan Gleichstellung - zweite Lesung

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Die Gleichstellung aller Geschlechter ist eine Querschnittsaufgabe. Das haben wir, CDU und Grüne, im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Natürlich ist dieses Thema hauptsächlich im Ausschuss für Gleichstellung und Frauen verankert. Aber wenn wir es damit ernst meinen, dann müssen wir es ressortübergreifend angehen. Das haben sich diese Koalition und diese Landesregierung zur Aufgabe gemacht.

In Bezug auf die aktuellen Krisen durfte ich mit großer Freude feststellen, dass dieser Einzelplan sich mit Blick auf die Bereiche „Gleichstellung“ und „queer“ sehen lassen kann. Er trägt eindeutig die Handschrift unserer Ministerin Josefine Paul. Allein die Verpflichtungsermächtigungen, die ihr Haus erwirkt hat, werden für eine langfristige Verbesserung in den Bereichen der Gleichstellungs- und Queerpolitik sorgen.

Unserer Ministerin ist es gelungen, etwa 9 Millionen Euro in der Titelgruppe 61 zur verstetigen – rund 9 Millionen Euro, die mit einem konkreten Plan hinterlegt sind. Wir nehmen zum Beispiel fünf weitere Frauenhäuser in Datteln, Minden, Münster, Recklinghausen und Salzkotten in die Landesförderung auf.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir nehmen den Kinderschutz noch stärker in den Blick und finanzieren eine weitere Fachkraft in den Frauenhäusern gezielt für die Arbeit mit den dort lebenden Kindern und Jugendlichen.

Von den 9 Millionen Euro profitieren auch die Frauenberatungsstellen, die eine wichtige Arbeit bei der Unterstützung von Hilfe suchenden Frauen leisten und die – diese Anmerkung sei mir gestattet – auch verstanden haben, dass die „Kürzung“ keine Kürzung ist. Wir sind auf einem sehr guten Weg, die Frauenhilfeinfrastruktur nachhaltig zu stärken.

Auch Männer, die von Gewalt betroffen sind, nehmen wir in den Blick und haben in diesem Bereich ebenfalls Erfolge zu verzeichnen. Die Schutzstruktur für von Gewalt betroffene Männer wurde verstetigt.

Hier werden wir nicht stehen bleiben. Es ist wichtig, Gewalt zu verhindern, bevor sie entsteht. Es gibt viele wertvolle Projekte, die Menschen helfen, erst gar nicht zu Täter*innen zu werden.

(Beifall von Eileen Woestmann [GRÜNE])

Daher hat die Präventionsarbeit, die mit den nachhaltigsten Gewaltschutz bietet, ebenso eine Verstetigung erfahren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dies ist der erste Landeshaushalt der neuen Landesregierung unter Schwarz-Grün. Es macht mich stolz, dass wir hier eine deutliche Verbesserung für den Gewaltschutz insgesamt erzielen konnten.

Auch in den anderen Bereichen kann der Haushalt sich sehen lassen. Neben dem Opferschutzportal geben wir Verpflichtungsermächtigungen für die Fortschreibung des Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern, für Gutachten, für Dunkelfeldstudien und für Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag.

Die EFRE-Mittel für die Kompetenzzentren Frau und Beruf sind in diesem Jahr ausgelaufen. Doch wir haben es geschafft, 15 Kompetenzzentren in die Landesförderung aufzunehmen und so dauerhaft zu gewährleisten, dass mehr Frauen den Berufseinstieg oder ‑wiedereinstieg schaffen und dass sich Unternehmen stärker mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinandersetzen und innovative Lösungsansätze entwickeln können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist wichtig, dass wir dem Fachkräftemangel aktiv begegnen und jedes Potenzial nutzen, das uns zur Verfügung steht. Dabei sind die Kompetenzzentren wichtige Akteure bei der Unterstützung kleiner und mittelständischer Unternehmen und bei der Gewinnung weiblicher Fachkräfte.

Neben all diesen sehr erfreulichen Nachrichten und der positiven Bilanz für den Haushalt möchte ich noch einige Punkte für den queerpolitischen Bereich ergänzen. Nach der langen Zeit der Lockdownphasen war es in diesem Jahr endlich wieder möglich, CSD-Paraden zu veranstalten. Ihre Wirkung für die Gesellschaft, aber auch für die LSBTIQ-Community selbst ist nicht zu unterschätzen. In einer demokratischen Gesellschaft sichtbar sein zu können, und zwar gemeinsam mit anderen, ist für viele von uns sehr wichtig.

Umso erschütternder war es, dass die friedliche Parade in Münster mit einem queerfeindlichen Angriff mit Todesfolge endete. Der Tod von Malte C. hat viele, vor allem aber die queere Community, nachhaltig schockiert und erschüttert. Sein Tod und weitere queer- und trans*feindliche Übergriffe und Gewalttaten führen uns auf schmerzlichste Art und Weise vor Augen, was für queere und trans* Menschen allgegenwärtig ist: Noch immer gibt es Vorurteile, und viele von uns sind von Diskriminierung betroffen, werden bedroht und angegriffen und, ja, auch im Jahr 2022 noch getötet.

Wir müssen uns bewusst machen, dass queere Menschen und vor allem queere Jugendliche durch die Pandemie zusätzlich eine harte Zeit durchmachen mussten. Die psychosoziale Beratung ist für sie extrem wichtig.

Wir befinden uns in einer Zeit multipler Krisen und wissen, dass diese Krisen gesellschaftliche Schieflagen, unter denen vor allem Menschen leiden, die Diskriminierung erfahren müssen, nur weiter verschärfen. Diesen Schieflagen müssen wir begegnen und aktiv vorbeugen. Das können wir mit diesem Haushaltsentwurf angehen. Er zeigt deutlich, dass uns Frauen-, Gleichstellungs- und Queerpolitik besonders am Herzen liegen und wir aktiv an der Verbesserung von Unterstützungs- und Hilfestrukturen sowohl für Frauen als auch für queere Menschen arbeiten.

Dem Entwurf des Einzelplans 07 stimmen wir daher sehr gerne zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)