İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! 360 Femizide im Jahr 2023, 180.715 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt – die Zahlen sind erschreckend. Der ehrliche gesamtgesellschaftliche Diskurs bleibt nach dem gewohnten kurzen Ausschrei aber aus. Daher freue ich mich erst einmal über den Antrag, der uns über das Thema diskutieren lässt und dem so mehr Öffentlichkeit verleiht.
Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, kurz: Istanbul-Konvention, ist ein wahrer Schatz. Unser erklärtes Ziel ist und bleibt es, weiterhin Schritte in Richtung seiner Umsetzung zu gehen.
Gestern haben wir über einen Änderungsantrag zur Rücknahme der Kürzung im Bereich „Gewaltschutz“ abgestimmt. Da wir die Frauenhäuser und Beratungsstellen unabhängig davon genauso weiterfördern werden, können wir diese zurückgeholten Mittel nun für den Ausbau der Frauenhilfeinfrastruktur nutzen. Das ist ein echter Erfolg, gerade in Zeiten eines Sparhaushaltes.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nun aber zum SPD-Antrag und dem dort geforderten Landesaktionsplan: Dass wir diesen Aktionsplan im Sinne von Art. 7 der Istanbul-Konvention fortschreiben müssen, ist doch klar. Das haben wir bereits im schwarz-grünen Entschließungsantrag vom Februar dieses Jahres gefordert und final im Innenausschuss am 21. November beschlossen. Dort haben wir auch aufgelistet, was dabei beachtet werden soll.
Bei dem nun vorliegenden Antrag habe ich aber das Gefühl, dass er eine bunte Mischung aus Beschlusspunkten eines abgelehnten Antrags der SPD und einiger Punkte ist, die wir noch letzte Woche Montag bei der Auftaktveranstaltung des MKJFGFI unter dem Motto „NRW gemeinsam gegen Gewalt – Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention“ gemeinsam mit den Trägern der Frauenhilfe, der Mädchenarbeit und dem Männergewaltschutz erarbeitet haben.
Außerdem finde ich es amüsant bis vermessen, als SPD-Fraktion ernsthaft zu fordern, dass wir als Regierungsfraktion uns gegenüber der neuen Bundesregierung für die Einführung eines Gewalthilfegesetzes einsetzen sollen. Lisa Paus ist die zuständige grüne Ministerin im Bund, die den entsprechenden Gesetzentwurf bereits vor Monaten fertiggestellt hat. Schauen wir doch mal gemeinsam hin: Warum sind wir im Bund nicht weiter, wenn der Gesetzentwurf doch längst vorliegt? Wer hat den Gesetzentwurf im Bund blockiert? Das waren der ehemalige Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich freue mich, dass die SPD-Bundestagsfraktion und auch der Kanzler nach dem Aus der Ampel auf unserer Seite stehen können, und hoffe sehr, dass sich die FDP und die Unionsfraktion mindestens in Teilen noch anschließen können. Wir Grüne stehen auf jeder Ebene hinter dem Gewalthilfegesetz und brauchen keine SPD, die meint, uns irgendwie verpflichten zu müssen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Landesregierung hat die Arbeit am Aktionsplan längst gestartet. Ich freue mich sehr, wenn wir als Parlament das konstruktiv begleiten können. Ich bezweifle, dass es dafür diesen Antrag braucht, freue mich aber auf die Diskussion im Ausschuss. Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)