Horst Becker: „Eine steuerpolitische Debatte ist immer eine Gerechtigkeitsdebatte“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Kassengesetz

Horst Becker (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regelung, von der hier die Rede ist, ist in der Tat im Dezember 2016 unter Finanzminister Schäuble eingeführt worden. Jetzt kann man darüber spekulieren, was in der Zwischenzeit getan worden ist, um sie umzusetzen. Man kann auch darüber spekulieren, ob sie tatsächlich umgesetzt werden sollte oder nicht. Das ist aber nicht mein Thema.
Mein Thema ist ein anderes. Ich wundere mich sehr darüber, dass die Koalition jetzt plötzlich mit einem solchen Antrag kommt – wenige Tage vor Toresschluss, also quasi nach der Übergangsfrist, die ja Ende dieses Jahres endet
(Ralf Witzel [FDP]: Ich dachte, Sie sagen jetzt etwas zur Ökologie!)
und für die elektronischen Kassen noch einmal verlängert worden ist, Herr Witzel. Sie regieren hier immerhin seit zweieinhalb Jahren. Sie hätten sich also zusammen mit Ihrem Wirtschaftsminister und mit Ihrem Finanzminister selbstständig darum kümmern können, wenn das denn alles so schlimm ist, wie Sie es beschreiben, damit es besser kommt.
Da allerdings treibt mich dann schon der Verdacht um, dass gerade Sie von der FDP das ja nie gewollt haben. Sie wollen dieses System in Wahrheit gar nicht. Das unterstelle ich Ihnen massiv.
Ich sage dazu ganz deutlich – da schließe ich mich dem Kollegen Hübner an –: Überall erfolgen Kontrollmitteilungen. Überall werden die Daten dem Finanzamt übermittelt. Aber nur hier gibt es das Theater.
Deswegen sage ich Ihnen ganz deutlich: Wer das hätte beenden wollen und wer das hätte beschleunigen wollen, hätte sich im Bundestag und hätte sich viel früher hier darum kümmern können. Aber heute diese Krokodilstränen zu vergießen, ist völlig überflüssig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Lassen Sie mich etwas Weiteres dazu sagen – dann wird möglicherweise der Beifall auf der von mir aus gesehen linken Seite etwas dünner –: Ich bin es auch leid, dass wir Auseinandersetzungen, die in der Großen Koalition zwar geführt und dann durch irgendwelche Beschlüsse beendet, aber in Wahrheit nicht umgesetzt werden, hier im Landtag fortsetzen. Ich fordere Sie auf, diese Debatte im Bundestag zusammen zu führen und tatsächlich dafür zu sorgen, dass das, was Sie für richtig halten, dann in Anträgen entweder abgelehnt oder angenommen wird.
Es ist jedenfalls absurd, an dieser Stelle eine umweltpolitische Debatte aufzumachen, die in Wahrheit eine steuerpolitische Debatte ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Jochen Ott [SPD]: So ist das!)
Eine steuerpolitische Debatte ist immer eine Gerechtigkeitsdebatte.
(Jochen Ott [SPD]: Applaus von links! – Zurufe von Ralf Witzel [FDP] und Franziska Müller-Rech [FDP])
Ich will überhaupt nicht verhehlen, dass auch wir der Meinung sind, dass man bei Kleinstbeträgen einer bestimmten Größenordnung keine Belege ausdrucken muss – jedenfalls dann nicht, wenn die elektronischen Kassen
(Ralf Witzel [FDP]: Ja, eben!)
–  jetzt hören Sie doch zu – Sicherungssysteme haben. (Ralf Witzel [FDP]: So ist es!)
Aber ich sage Ihnen: Sie haben mittlerweile drei Jahre dieses Gesetz. Sie stellen jetzt fest, dass es nicht umgesetzt wird. Sie regieren aber im Bund. Das zeigt mir ganz deutlich, dass Sie sich im Bund gegenseitig behindern und nicht gegenseitig dabei unterstützen, vernünftige Sachen umzusetzen.
Deswegen ist die Konsequenz dieser Debatte – so lächerlich sie eigentlich ist –, dass Sie im Bund nicht mehr in die Regierung gehören.
(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]) Das wäre die eigentliche Konsequenz.
Alles andere ist absurd. Deswegen werden wir uns heute bei Ihrem Antrag enthalten und dem Antrag der SPD zustimmen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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