Horst Becker: „Der Nutzen des Gesetzes liegt bereits jetzt deutlich über dem Aufwand“

Antrag der GRÜNEN zum Tariftreue- und Vergabegesetz

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Horst Becker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 50 Milliarden € werden in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe vom Land, von den Kommunen und von den Landschaftsverbänden umgesetzt. Deswegen ist es aus unserer Sicht richtig, dass NRW mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz bei diesen Vergabeverfahren einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und ökologischer Produktion berücksichtigt und befördert, allgemeine Förderung von Geschlechtergerechtigkeit nach vorne treibt und ungerechte und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse ausschließt.
NRW stellt damit sicher, dass bei öffentlichen Aufträgen Tarife und Mindestlohnbedingungen eingehalten werden. Lohndumping mit öffentlichen Geldern soll es in NRW nicht geben.
Wir wissen: Fairer Wettbewerb kann erst dann entstehen, wenn Unternehmen und Handwerksbetriebe vor der Konkurrenz von Dumpinglöhnen geschützt werden.
Wir wollen, dass NRW mit seinem Auftrags- und Vergabeverhalten weiter seinem Vorbildcharakter gerecht wird und seine Verantwortung für ein gerechtes Wirtschaftsbestehen ernst nimmt. Wir wollen, dass betriebliche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Frauenförderung bei der Entscheidung für oder gegen einen Anbieter mit in Betracht bezogen werden. Wir wollen natürlich, dass die Güter, die in unserem Auftrag hergestellt werden, ressourcenschonend, klimaschonend und ohne Ausbeutung von Kindern produziert werden.
Wenn Sie das jetzt im Rahmen des Entfesselungsgesetzes, wie Sie es nennen, abschaffen wollen, dann stellt sich die Frage, ob Sie das tatsächlich alles nicht mehr alles wollen. Sie befinden sich jedenfalls, wenn Sie es nicht mehr wollen, auch in einem bemerkenswerten Widerspruch zu den Unternehmen in unserem Land, die dazu befragt worden sind. 83 % der im Rahmen der Evaluation befragten Unternehmen gaben an, dass sie im Großen und Ganzen zufrieden sind und das gut finden.
Auch in dem Gutachten, das in diesem Zusammenhang erstellt worden ist, heißt es:
„Angesichts der bisher erreichten Zielbeiträge wird mit Blick auf die durch das Gesetz bislang ausgelösten Erfüllungsaufwände ein angemessenes und positives, wenn auch schwach positives Aufwand-Nutzen-Verhältnis festgestellt. Es ist zu erwarten, dass sich im Zeitablauf ein verbessertes Aufwand-Nutzen-Verhältnis herstellen kann, wenn sich wirksame Beiträge mit einer längeren Laufzeit in stärkerem Maße ausprägen, das TVgG-NRW weiterhin hinreichend Anwendung findet, umfangreichere Kontrollen stattfinden und sich zugleich Erfüllungsaufwände durch einen höheren Erfahrungs-/Elaborationsgrad in den Unternehmen und Vergabestellen reduzieren.“
Mit anderen Worten: Der Nutzen des Gesetzes liegt bereits jetzt deutlich über dem Aufwand, und er steigt, wenn man das Gesetz belässt und es nicht, wie Sie es vorhaben, schleift.
Wir haben im Übrigen im Laufe der Evaluation auch noch weitere Verbesserungen vorgenommen. Zum Beispiel haben wir das Bestbieterprinzip eingeführt. Wir haben auch dafür gesorgt, dass das Gesetz verständlicher gestaltet worden ist. Das ist ja an der einen oder anderen Stelle beklagt worden. Zudem haben wir eine Servicestelle auf den Weg gebracht und den Schwellenwert, ab dem das Gesetz gilt, angehoben.
Mit all diesen Maßnahmen – das hat die unabhängige Standardkostenabschätzung der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld attestiert – wird den NRW-Unternehmen eine Entlastung von 20 Milliarden € im Jahr verschafft.
Trotzdem hat das Gesetz weiter seine beschriebene Wirkung und sollte aus unserer Sicht erhalten werden. Deswegen fordern wir Sie heute auf: Lassen Sie die Finger von diesem Gesetz! Geben Sie den Unternehmen die Chance, sich weiter damit vertraut zu machen, um die positive Wirkung noch weiter auszubauen, als sie heute schon vorhanden ist.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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