Horst Becker: „Dass wir andere Instrumentarien als die Entfesselungsideologie brauchen, ist offensichtlich“

Antrag der SPD-Fraktion zur Flächenentwicklung im Rheinischen Revier

 Horst Becker (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen jetzt in der Tat das dritte Mal über das Rheinische Revier, aber wir sprechen, wie wir jedenfalls meinen, über einen interessanten Detailaspekt, nämlich über die Flächenpolitik.
Zunächst einmal ist die Frage, wann der richtige Zeitpunkt entlang der Beschlussfassung der Kohlekommission ist. Im Umkehrschluss heißt das natürlich, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Kohlekommission ihre Empfehlung mit hoher Wahrscheinlichkeit vor der Schlusskonferenz in Kattowitz abgeben wird, weil – auch das wissen alle Kundigen – die Preise für die Kohlereviere sinken werden, wenn man nicht vor Kattowitz ein gemeinsames Ergebnis hat und die Kanzlerin dann entsprechend auftreten kann. Das ist jedenfalls der Kenntnisstand, den wir haben.
Der Zeitpunkt, dass es zu Entscheidungen kommt, ist also nicht mehr fern. Am Ende des Tages ist auch nicht entscheidend – jedenfalls nicht für die Frage des Strukturwandels –, ob dort die Zahl 2036, 2037, 2038 oder 2039 – irgendwo in dem Bereich wird das meiner Meinung nach landen –stehen wird, weil der Strukturwandel, den wir heute einleiten müssen, nicht von diesen vier Jahren abhängt. Das ist deshalb wichtig, weil es bestätigt, dass man sich mit dem Ausstieg aus der Braunkohle eigentlich schon lange hätte beschäftigen müssen, denn das ist die Voraussetzung dafür, sich auch gedanklich darauf einzulassen, dass der Strukturwandel stattfinden muss.
In diesem Haus herrscht große Einigkeit darüber, dass er stattfinden muss. Gleichwohl sind wir unterschiedlicher Meinung darüber, in welchem Tempo und möglicherweise auch mit welchen Details. Ich will aber deutlich sagen, dass wir dann zwar in der Debatte an der einen oder anderen Stelle vielleicht zu Unterschieden gelangen, wir aber sehr wohl einer Meinung sind, dass es über die Frage des LEP und den Streit hinaus, den wir auch dazu teilweise haben, tatsächlich Vorrangplanungen für Flächen geben muss.
Ich will an ein oder zwei Beispielen deutlich machen, wo wir gleicher und wo wir anderer Meinung sind. Wer sich mit der Frage der Flächen im Rheinischen Revier beschäftigt, kommt unweigerlich zu dem Punkt, Herr Kollege van den Berg, dass sehr viele dieser Flächen Rheinbraun und der RWE gehören. In diesem Zusammenhang ist es nicht ganz einfach, eine innovative Flächenpolitik zu betreiben, weil die Interessen des Besitzers dieser Flächen – und das sage ich jetzt nicht, um sozusagen ein Feindbild zu pflegen – auch an deren Verwertung im Zweifel andere sind als die Interessen der Kommunen, deren Ziel es ist, innovative Betriebe anzusiedeln.
Es muss nicht per se das gleiche Ziel sein wie zum Beispiel das der RWE oder das von Rheinbraun, die durchaus ein Verwertungsinteresse haben, was für diese Flächen dann zu anderen Ergebnissen führt. Insofern würde ich an dieser Stelle das eine oder andere Frage- zeichen machen, wenn Sie von regionalen Flächenpools sprechen, an denen neben den Kommunen und möglicherweise auch den Kreisen diese Versorger beteiligt sind.
Ausdrücklich würde ich Ihnen aber recht geben, wenn Sie davon sprechen, dass wir Vorrangflächen und eine Vorrangplanung brauchen. Um die nötige Geschwindigkeit – und das hat nicht unbedingt etwas mit der Masse der Ausweisungen zu tun – in der Frage zu erreichen, wie wir innovativen Unternehmen entgegenkommen und schnell reagieren können, um solche Unternehmen zum Beispiel in der Digitalwirtschaft, bei der Elektromobilität oder eben auch bei dem Batteriewerk, das immer in Rede steht, das ich aber noch nicht kommen sehe, dann auch anzusiedeln, brauchen wir tatsächlich solche Planungsinstrumente.
Ich will an dieser Stelle sagen, dass Sie es sich heute Morgen meiner Meinung nach ein Stück weit zu einfach gemacht haben oder dass Sie es nicht richtig verstanden haben, was die Kollegin Brems für uns vorgetragen hat. Wir haben nicht gesagt: „Wir wollen die Kommunen bevormunden“, sondern wir haben immer wieder angeführt, dass wir so etwas wie eine Taskforce brauchen, wo Bezirksregierungen – es sind ja nur zwei damit beschäftigt –, die Kreise – es sind mehrere damit beschäftigt, die auch durchaus mit ihren Naturschutzbehörden, der Landschaftsplanung etc. sprechen – und die Kommunen zusammensitzen und es eben nicht zu Kirchturmdenken oder zu blöden Konkurrenzen, die teilweise entstehen, sondern zu einer gemeinsamen Arbeit kommt.
Ich bin gespannt auf die Beratung; wir sind gespannt auf die Beratung.
Ich finde, dass in dem Antrag viel Richtiges steckt. Ob wir dann am Ende des Tages bei dem mitgehen, was Sie sich offensichtlich vorstellen, bei dem ich den Eindruck habe, dass es sehr weit geht, weil Sie zum Beispiel so tun, als würde durch die Rekultivierung industrielle Fläche verloren gehen – die ist aber in Wahrheit schon durch die Braunkohleförderung verloren gegangen; die war vorher lange Zeit schon nicht da –, darauf bin ich gespannt. Dass wir andere Instrumentarien als die Entfesselungsideologie entlang des LEP brauchen, ist offensichtlich. Übrigens ist es auch eine Forderung – meine Damen und Herren, um den Kreis zu schließen der Kohlekommission, die ausdrücklich die entsprechenden Reviere aufgefordert hat, …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Horst Becker (GRÜNE): … infrastrukturell und planungsrechtlich die entsprechenden Voraussetzungen für die Ansiedlungen im Wohnsiedlungsbereich, die Ansiedlungen im Gewerbebereich und für die entsprechenden Verkehrsflächen zu schaffen. – Schönen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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