Horst Becker: „Das Sofortprogramm ist ein Sammelsurium von Sowieso-Maßnahmen“

Anträge der Fraktionen von CDU und FDP sowie der SPD zum Kohleausstieg

Horst Becker (GRÜNE): Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Ich sage auch nicht „da oben“; schließlich sitzen Sie auf Ihrem angestammten Platz. Meine Damen und Herren! Schaut man sich die Anträge an, fällt zunächst auf, dass wir uns, seitdem im Januar dieses Jahres der Beschluss der Kommission gefällt worden ist, immer noch in einem Stadium bewegen, in dem wir Forderungen an den Bund stellen. Insbesondere bei dem Antrag der Koalitionsfraktionen fällt auf, dass darin nicht ein einziges Mal die Landesregierung erwähnt ist, aber gezählte fünf Mal von einer Forderung an den Bund die Rede ist.

Zudem sprechen Sie immer wieder von einer Eins-zu-eins-Umsetzung. Da wären wir ganz bei Ihnen. Schaut man aber genauer hin, fällt auf, dass Sie sich in der Sache immer weiter von einer Eins-zu-eins-Umsetzung entfernen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der Koalition, die Gründe dafür sind natürlich hier im Land zu suchen. Sie fußen aber ganz offensichtlich auch auf dem Wissen, dass das Erreichen einer Eins-zu- Eins-Umsetzung im Bund offensichtlich schwierig ist.

Ich möchte Ihnen das auch erläutern. Es ist ein großer Unterschied, ob Sie einen Staatsvertrag oder eine Bund-Länder-Vereinbarung einfordern. Ein Staatsvertrag ist viel weitergehend. Das wissen Sie auch. Aber Sie leiten bereits in Ihrem Antrag das erste Mal den Abschied von einem Staatsvertrag ein und konzentrieren sich auf eine Bund-Länder-Vereinbarung

(Stefan Kämmerling [SPD]: Oder auf ein Sondervermögen!)

ausgerechnet bei dem Bundesland, das im Verhältnis zu den Ostländern mit Abstand am meisten davon betroffen ist. Darin sind wir uns hoffentlich wieder einig. Das ist ein verheerendes Signal. Sie sagen doch immer: Wir wollen gemeinsam vorgehen. – Dann sollten Sie, unabhängig von allen anderen Unterschieden, wenigstens Abstand von einer einfachen Bund-Länder-Vereinbarung nehmen, diese Passage wieder streichen und sich auf den Staatsvertrag konzentrieren.

Lassen Sie mich noch etwas sagen. In dem Entwurf zum Kohleausstieg von gestern Abend ist erstens nur der Zeitraum bis 2026 beschrieben. Zweitens ist darin von der Braunkohle faktisch überhaupt nicht die Rede. Das ist eine Leerstelle. Drittens sagt man etwas zur Steinkohle. Im Übrigen ist auch in Bezug auf die Abschaltungen überhaupt nichts Konkretes erwähnt. Vielmehr lässt man mehr oder weniger eine formulierte Bitte an die Unternehmen im Raum stehen, in der nächsten Zeit bis zu acht Kraftwerke abzuschalten.

Jetzt könnte man denken, dass Sie, wenn Sie darum werben, dass wir uns gemeinsam beim Bund für die Durchsetzung einer Eins-zu-eins-Umsetzung bemühen, auch tatsächlich sagen: Das sind Dinge, die so nicht gehen. – In dieser Hinsicht hören wir aber nichts von Ihnen. Das meinen Sie mit „gemeinsam“ also offensichtlich nicht. Vielmehr meinen Sie damit – ich interpretiere das einmal –, dass wir Seit an Seit mit Ihnen sagen sollen, dass der Bund im Zweifelsfall schuld ist und Sie hier alles richtig gemacht haben.

(Beifall von den GRÜNEN) Das können wir nicht machen.

Wir können Sie aber darauf hinweisen, dass Sie – da war der Kollege gerade nicht auf dem neuesten Stand – für das nächste Haushaltsjahr im Veränderungsnachweis eine Summe von 29 Millionen Euro eintragen wollen und für die Folgejahre noch einmal knappe 200 Millionen Euro vorsehen, sodass Sie für die sieben Jahre auf jeweils 29 Millionen Euro kommen.

Aber Sie sagen nicht, was Ihr Anteil als Land ist, außer möglicherweise den 10-%-Anteil, den die Kommunen nicht erbringen können, wenn sie im Haushaltssicherungskonzept sind, zu übernehmen, was der Eigenanteil des Landes ist.

Herr Minister, das Sofortprogramm ist nun wirklichEntschuldigung, dass ich es so deutlich sage – ein Sammelsurium von Sowieso-Maßnahmen des Bundes und von den Hochschulgeschichten, an denen Sie hängen – das weiß ich –, die ich auch durchaus nicht falsch finde, aber die in der Substanz nun überhaupt nicht ausreichen.

Deswegen können wir am Ende des Tages aus guten Gründen das nicht mitmachen. Wer eins zu eins von uns fordert, sollte dann auch wirklich eins zu eins meinen und auch gemeinsam leben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch wenige Sätze zum SPD-Antrag sagen. Den SPD-Antrag abzutun als Forderungen, die alle schon erfüllt seien, halten ich und meine Fraktion für schlicht falsch. Wir stimmen den meisten Forderungen zu.

Wir würden sogar zustimmen, wenn man präzise beschreiben würde, welche Planungsbeschleunigungen gemeint sind, und darüber reden würde, wie die aussehen würden, dass man die eventuell machen kann.

Aber eine pauschale Forderung an den Bundesgesetzgeber, das Baugesetz und andere Gesetze so zu ändern, dass man bei Infrastrukturvorhaben alles beschleunigt, egal durch was man es beschleunigt, erscheint uns doch zu weitgehend. Wir bitten umgekehrt die SPD, noch mal darüber nachzudenken.

Auf jeden Fall können wir diesem Punkt nicht zustimmen, danken aber dafür, dass Sie die getrennte Abstimmung möglich gemacht haben. Das ermöglicht uns wiederum, den anderen Punkten außer diesem vierten Punkt auf Seite 5 zuzustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

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