Hedwig Tarner: „Sie liefern mit Ihrem Antrag inhaltlich wenig Neues“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zum Wohnungsbau

Portrait Hedwig Tarner

Hedwig Tarner (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier liegt ein erneuter Antrag der SPD zum Thema „Wohnungsbaukrise“ vor. Vorab: Die negativen Entwicklungen der Bauwirtschaft und des Wohnungsmarktes sind bekannt und bedrückend. Jedoch sind sie keine NRW-Erscheinung, sondern das Auseinanderdriften zwischen dem Bedarf an Wohnungen und dem Neu- bzw. Um- und Ausbau ist deutschlandweit festzustellen. Aber dadurch wird es auch nicht besser. Angemessener Wohnraum fehlt für Menschen in Einpersonenhaushalten, ob jung oder alt, für Familien mit Kindern, für Menschen mit geringem Einkommen, für Menschen in begehrten Städten; diese Aufzählung kann noch fortgeführt werden.

Mit großem Interesse habe ich deshalb den Antrag der SPD zu lesen begonnen und mich mit Ihren Forderungen auseinandergesetzt, weil neue Lösungswege oder zumindest neue Lösungsansätze unsere Arbeit erfolgreicher machen könnten. Sie beschwören den beispiellosen Niedergang des öffentlich geförderten Mietwohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen. Daraus leiten Sie Ihre Feststellungen ab und stellen Forderungen für einen – ich zitiere – „Aufbruch für mehr gemeinwohlorientierten Wohnungsbau“ auf.

Aber wir müssen feststellen: Sie liefern mit Ihrem Antrag inhaltlich wenig Neues. Ich möchte mit Ihnen verschiedene Punkte einmal durchgehen.

Die Bundesregierung hat aufgrund der angespannten Wohnungsmarktsituation einen 14-Punkte-Plan erarbeitet. Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde er vor einem Monat von Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeskanzler Olaf Scholz, beide von der SPD. Für die Landesregierung NRW kann ich an dieser Stelle selbstbewusst feststellen: Wir handeln schon seit geraumer Zeit und treffen überall dort Entscheidungen, wo es in unserem Verantwortungsbereich liegt.

(Sarah Philipp [SPD]: Die Landesregierung spricht! – Jochen Ott [SPD]: Die grüne Fraktion ist doch die Landesregierung! Gestern hat Arndt noch gesagt, sie wäre es nicht!)

Zu Ihrer Forderung nach einem neuen Sofortprogramm „Bauen jetzt“ für eine Neubau- und Sanierungsoffensive im Wohnungssektor verweise ich gerne auf die bereits etablierten Förderprogramme der NRW.BANK zur Mietraumförderung. Damit fördern wir Neubau und Modernisierung.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wo sind die Unterschiede Ihres Programms zu dem bestehenden? Was wollen Sie konkret anders machen?

Des Weiteren fordern Sie die Ausrichtung der öffentlichen Wohnraumförderung auf die besonderen Problemlagen. Was meinen Sie denn, woran wir uns ausrichten?

Ich erinnere an das Sondervermögen „Krisenbewältigung“, das wir im Dezember 2022 verabschiedet haben. Wir haben aufgrund der Energiekrise sowie der Folgen der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Fluchtbewegung zusätzlich 100 Millionen Euro für die klimaeffiziente Wohnraumförderung bereitgestellt.

(Beifall von Jan Matzoll [GRÜNE] und Dr. Ralf Nolten [CDU])

– Danke. Zum Bereich „Neuausrichtung der öffentlichen Wohnraumförderung“ verweise ich auf verschiedene Punkte, die wir bereits möglich gemacht haben. Die im Februar 2023 in Kraft getretenen Wohnraumförderungsbestimmungen des Landes NRW thematisieren unter anderem ausführlich die Zusatzdarlehen zum Bauen mit Holz.

Ich bin ganz bei Ihnen, wenn es um die Stärkung der Gemeinnützigkeit der Wohnungsbauunternehmen geht, und hoffe, dass dies auf Bundesebene vorangetrieben wird. Hier warten wir auf die konkreten Vorschläge der Bundesbauministerin.

Ihre Forderung nach kundenfreundlicheren Regelungen für die Bestimmung des erforderlichen Eigenkapitals – das heißt sicherlich im Klartext: mit weniger Eigenkapital – halte ich für sehr bedenklich. Sie ermuntern Menschen, sich höher zu verschulden, als es mit gutem Gewissen zu rechtfertigen ist. Wir müssen mit vielfältigen Maßnahmen diesen Menschen kostengünstigere und schnellere Lösungen anbieten; dazu machen Sie keine konkreten neuen Vorschläge.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wenn Sie in diesem Zusammenhang eine Mittelerhöhung fordern, dann machen Sie bitte auch einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung.

Sie fordern steuerliche Maßnahmen zur Überwindung der Krise, wollen die Grunderwerbsteuer absenken, plädieren für die Einführung der Grundsteuer C und einen Insolvenzschutz durch Stundung – gut so! Sie wissen aber auch, dass für die Differenzierung der Grunderwerbsteuer die Änderung des Baugesetzes notwendig ist. Das Bundesministerium für Finanzen hat bislang keinen offiziellen Gesetzentwurf vorgelegt.

(Jochen Ott [SPD]: Ihr habt das Förderprogramm doch einfach auslaufen lassen! Mitten in den Ferien!)

Die Einführung einer Grundsteuer C in Nordrhein-Westfalen befürworten wir. Sie kann ab 2025 in Nordrhein-Westfalen eingeführt werden und eine Verbesserung der Baulandmobilisierung erwirken. Sie schafft den Anreiz zur Bebauung von unbebauten, aber baureifen Grundstücken, und dämmt je nach Höhe des Hebesatzes, den ja die Kommunen festlegen, die Spekulationen mit der Wertsteigerung von Grundstücken ein.

Zu Ihrer Forderung nach Stundung der Steuervorauszahlungen muss ich nochmals den Hinweis geben: Die momentanen Haushaltsspielräume sind sehr begrenzt.

Kommen wir zu Punkt 4 Ihres Antrags, der sich mit der Unterstützung der Kommunen befasst und der Idee, eine Landeswohnungsbaugesellschaft bei NRW.URBAN anzugliedern. Sie fordern, dass sie durch Ankauf von Beständen aus Insolvenzen Wohnungen am Markt halten und diese später wieder gemeinwohlorientiert veräußern soll. Ich kann dazu nur deutlich sagen: Die Unterstützung der Kommunen durch NRW.URBAN wird in den verschiedensten Formaten wie zum Beispiel dem Baulanddialog, den Beratungsangeboten zum Finden von Flächen sowie der Aktivierung und Entwicklung von Bauland aktiv betrieben.

Bezüglich Insolvenzen ist das MHKBD schon immer im Austausch mit betroffenen Kommunen. Zur Erinnerung: Sowohl bei der Insolvenz der Essener Fakt AG als auch bei GALERIA Karstadt Kaufhof war das so.

Zum Schluss noch zu Ihren Forderungen, die Einführung von Erbpachtmodellen bei Kommunen zu unterstützten, das Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes umzusetzen und Rechtsrahmen zu schaffen: Auch das alles wird bereits gemacht. Teile des Baulandmobilisierungsgesetzes sind auf Landesebene schon seit Anfang des Jahres umgesetzt worden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Eine Erleichterung für neue Wohnformen im Rechtsrahmen der Landesbauordnung haben wir gestern in dritter Lesung im Plenum diskutiert und endlich verabschiedet.

Zum Stichwort „Mieterschutz“: Der ist im Zukunftsvertrag für NRW festgeschrieben und steht somit auf unserer Agenda.

(Sarah Philipp [SPD]: Dann ist ja alles gut!)

Mein Fazit lautet: Es hat mich gefreut, wie viele Ihrer Forderungen bereits durch uns umgesetzt werden.

Ein Teil Ihrer Vorschläge ist nicht alltagstauglich und nicht zielführend. Sie sollten Ihr Urteil zum öffentlich geförderten Mietwohnungsbau in Nordrhein-Westfalen noch einmal überdenken, bevor Sie von einem beispiellosen Niedergang sprechen. Ein bisschen mehr Geduld ist gefordert, denn Maßnahmen benötigen Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten.

Wir stimmen der Überweisung des Antrags an den Ausschuss zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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