Hans-Christian Markert: „Wir sind hier lediglich Aufsichtsbehörde. Das Atomrecht ist nun mal leider Bundesrecht.“

Antrag der Piraten zur Schließung von Atomanlagen

Hans Christian Markert (GRÜNE): Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, an gestern Abend anzuschließen und noch einmal zu zitieren, und zwar aus unserem rot-grünen Koalitionsvertrag. Zitat:
„Zum Atomausstieg gehört jedoch auch ein vollständiger und endgültiger Ausstieg aus der gesamten nuklearen Brennstoffkette. Darum werden wir darauf drängen, dass die Bundesregierung den von NRW initiierten Bundesratsbeschluss vom Juni 2011“
– den von NRW initiierten Bundesratsbeschluss vom Juni 2011 –
„zur Stilllegung aller Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs umsetzt. Wir wollen die Urananreicherung in Gronau rechtssicher beenden.“
– Rechtssicher beenden. –
„Zudem werden wir die Bundesregierung dazu auffordern, sich für einen europaweiten Atomausstieg einzusetzen.“
Ihr Antrag, liebe Piratinnen und Piraten, und Ihre Kritik richten sich also an den falschen Adressaten. Wir sind hier lediglich – da will ich die Behörde von Herrn Minister Duin gar nicht kleinreden – Aufsichtsbehörde. Das Atomrecht ist nun mal leider Bundesrecht.
Auch nachdem nun die Ergebnisse des Stresstests der Bundesregierung sowie der Sicherheitsüberprüfung der Atomaufsicht des Wirtschafts­ministeriums NRW für die verbliebenen atomaren Anlagen in Nordrhein-Westfalen vorliegen, sprechen wir uns weiterhin eindeutig dafür aus – ich habe die Bundesratsinitiative hierzu eben noch mal in Erinnerung gerufen –, die Urananreicherung in Gronau zu beenden und die Anlage rechtssicher zu schließen.
Zwar haben beide Überprüfungen keine gravierenden Sicherheitsmängel ergeben, die eine unmittelbare Stilllegung durch die Atomaufsicht in NRW im Sinne von § 7 des Atomgesetzes nach sich ziehen könnten. Jedoch fordern wir sehr wohl die Bundesregierung nach wie vor dazu auf, den auf Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung getroffenen Bundesratsbeschluss vom Juni 2011 unverzüglich umzusetzen, die bundesgesetzlichen Voraussetzungen für die Schließung von Gronau zu schaffen sowie die vertragsrechtlichen Grundlagen der Genehmigung der Anlage offen und transparent darzulegen.
Wir stehen zu unserer Begründung der Bundesratsinitiative. Ich zitiere:
„Die Anlage in Gronau betreibt schon jetzt in erheblichem Umfang die Kernbrennstofferzeugung für ausländische Abnehmer. Nach Vollendung des Ausstiegs aus der Nutzung der Atomenergie in Deutschland werden die erheblichen Kapazitäten in Gronau für die Atomkraftnutzung im Ausland arbeiten. Die Unterstützung der Atomenergienutzung im Ausland bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Atomenergienutzung im Inland aus dem Bewusstsein der Unverantwortbarkeit der Atomenergie ist politisch und moralisch widersprüchlich und nicht hinnehmbar. Ergänzend ist auf mit der Aufrechterhaltung des Brennstoffkreislaufs verbundene Gefahren, zum Beispiel durch Transporte, hinzuweisen.“ 
Das ist ein Zitat der Bundesratsinitiative, die die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Juni 2011 gestellt hat.
Bis zur endgültigen Schließung ist hingegen die Umsetzung sämtlicher ausgesprochenen 64 Empfehlungen der Gutachter, unter anderem – Sie wissen das – des Öko-Instituts, die die Sicherheit der Anlage betreffen, sowie ein im Genehmigungsverfahren restriktives und dabei höchste Sicherheitsstandards gewährleistendes Vorgehen bezüglich der Lagerung auf dem Gelände anzustreben.
Wie Sie sicher wissen, gehört die Urenco zurzeit zu je einem Drittel dem niederländischen und dem britischen Staat. Das dritte Drittel steht im Eigentum der deutschen Atomkonzerne RWE und E.ON. Beide Konzerne, aber auch die beteiligten Regierungen haben dem medialen Vernehmen nach nun erneut ihre Verkaufsabsichten bekundet.
Auch einen möglichen vollständigen Verkauf der Urenco an private Investoren – ob nun an Atomkonzerne wie die französische Areva oder die kanadische Cameco, an Hedgefonds oder an Private-Equity-Gesellschaften wie CVC oder KKR, die alle interessiert sein sollen – sehe ich äußerst kritisch. Dadurch könnte die von uns ohnehin abgelehnte Anlage zukünftig noch weiter der staatlichen Kontrolle entzogen werden. In jedem Fall dürfte es Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Sicherheitskosten geben, wenn nämlich private Eigentümer sämtliche wirtschaftliche Vorteile – Urenco gibt den Nettogewinn der Anlage für das Jahr 2011 mit 360 Millionen € an – aus der nuklearen Brennstoffproduktion ziehen könnten, während die Einführung von Kontrollmechanismen für eine zukünftig verantwortbare Abfallentsorgung und für eine militärisch nukleare Nichtverbreitung sowie Maßnahmen zur Sicherung der Anlage vom Steuerzahler finanziert würden. Dies lehnen wir Grünen entschieden ab. Wie Sie sehen: Wir sind für die Ausschussberatung gut aufgestellt und freuen uns auf dieselben. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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