Hans Christian Markert: „Vor dem Hintergrund der wachsenden Armut wäre es gut, wenn wir an solchen Stellen dann eben unsere soziale Verantwortung auch wahrnehmen würden“

Antrag der Piraten für einen Dispodeckel

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Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich mir gestern, vorgestern die Tagesordnung für das Plenum angeguckt habe, habe ich gedacht: Hoppla, hast du jetzt die falsche Tagesordnung mitgenommen? Direkt von meinem Schottland-Urlaub, das war der 7. Juli, hatten wir hier eine letzte Runde. Da war euer Thema, lieber Dietmar Schulz, auch schon einmal hier auf der Platte.
Jetzt habe ich gemerkt: Die haben natürlich schon etwas geändert. Wir haben ja hier eine Debatte geführt. Ich habe damals gefragt: Warum habt ihr das nur auf die Sparkassen bezogen? Nehmt doch die anderen mit dazu, weil in der Zielsetzung, einen Deckel draufzulegen, Rot-Grün ja ziemlich nahe bei den Piraten ist. Das werde ich auch gleich noch einmal hier darlegen.
Das Problem ist: Wenn man sich im Ziel einig ist, kann man manchmal bei den Instrumenten unterschiedlicher Meinung sein. Das will ich auch vorweg sagen. Trotzdem finde ich es gut, dass diese Fokussierung auf die Sparkassen rausgefallen ist und dass man sich breiter aufgestellt hat.
Ich will auch noch einmal daran erinnern: Wir bedauern es, dass das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie keine Festlegung einer Obergrenze für die Höhe des Dispositions- und Überziehungskreditzinses vorsieht. Da wird eine gesetzliche Deckelung des Dispozinses zum effektiven Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht eingeführt, obwohl sie dringend geboten wäre.
Die Landesregierung, die Rot und Grün hier trägt – Inge Blask hat ja viele von den Argumenten, die jetzt bei mir auch noch einmal durchscheinen, auch schon gebracht –, hat umfassende Initiativen auf den Weg gebracht, hat versucht, einen Dispodeckel auf Bundesebene einzuführen. Man muss sagen: Im Bundesrat war man da auch relativ offen am Ende. Ja, die Landesregierung hat versucht, zumindest nachdem es die ersten Entscheidungen im Bundesrat gegeben hat, im Rahmen eines Entschließungsantrages noch einmal entsprechenden Druck auszuüben. Und dieser Entschließungsantrag ist auch am 26. Februar im Bundesrat angenommen worden. Umso bedauerlicher war es natürlich, dass der Bundestag die Einführung einer gesetzlichen Obergrenze des Dispositions- und Überziehungskreditzinses in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz im April dieses Jahres, diese Bundesratsinitiative nicht entsprechend aufgenommen hat.
Das heißt, der Bundestag hat sich darüber hinweggesetzt, was der Bundesrat eigentlich auf Initiative, unter anderem unseres Finanzministers, dort auch vorgetragen hat. – Sehr bedauerlich.
(Zuruf von Christian Möbius [CDU])
– Ja, Herr Möbius, genau. Sie sagen – da ist nämlich des Pudels Kern – völlig zu Recht, ja der Bundestag hat das deswegen abgelehnt – wir haben ja eine Große Koalition –, weil die CDU da auf der Bremse steht. Jetzt habe ich – Minister Borjans ist da eben schon einmal zitiert worden, er hat in unserer Debatte im Juli darauf hingewiesen, dass er alles tun würde, wo immer es möglich ist, am Ball bei diesem Thema zu bleiben – das wurde ja eben auch schon zitiert, insofern richtig so.
Herr Schäuble hat heute angekündigt, noch einmal für den nächsten Bundestag kandidieren zu wollen. Vielleicht kann er dann im Wahlkampf zu einer anderen Überzeugung als Herr Möbius und die CDU kommen und den Weg freimachen. Denn immerhin sind wir ein Zwei-Kammer-System in unserem Föderalismus. Und der Bundesrat hat sich entsprechend positioniert.
Im Übrigen, Herr Möbius, Sie haben ja recht: Wir haben im Moment ein sehr niedriges Zinsniveau. Aber solche Gesetze sind natürlich nicht nur an momentane Niedrigzinsphasen gebunden. Irgendwann – das hat jemand Schlaues gesagt – kommen auch die etwas schwierigeren Jahre. Es gibt ja nicht nur die fetten Jahre, es gibt auch im Kreditwesen dann vielleicht die schwierigeren Jahre. Gerade dann wäre es vor dem Hintergrund der wachsenden Armut – letztendlich reden wir immer über Kinderarmut, Altersarmut usw. – gut, wenn wir an solchen Stellen dann eben unsere soziale Verantwortung auch wahrnehmen würden.
Deswegen der Appell an dieser Stelle an die CDU-Bundestagsfraktion, auch an den Bundesfinanzminister – der wird vermutlich den Abgeordneten Markert nicht kennen und deswegen diesen Appell auch nicht hören, aber die CDU-Bundestagsfraktion wird vielleicht gelegentlich bei solchen Thematiken schauen, was in diesem Parlament diskutiert worden ist –: Machen Sie den Weg frei im Sinne dessen, was der Entschließungsrat des Bundesrates vorgesehen hat!
Kolleginnen und Kollegen von den Piraten! Ich komme jetzt noch einmal zu Ihrem Antrag, weil Sie das vermutlich am meisten interessiert, nachdem Sie innerhalb weniger Wochen zum zweiten Mal damit um die Ecke kommen und auch gewisse Bewegungen gezeigt haben.
Ich glaube, vor dem Hintergrund dessen, was Herr Möbius eben auch noch einmal reingerufen hat, und auch vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat gerade unseren Entschließungsantrag angenommen hat, wäre es natürlich nur die Wiederholung eines Beschlusses, der vermutlich nicht zu einem anderen Ergebnis führen würde. Da bin ich anderer Meinung, ob das jetzt schon im laufenden Wahlkampf der Fall wäre. Deswegen werden wir das Instrument eines neuerlichen Bundesratsvorstoßes zum jetzigen Zeitpunkt
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
… Herr Präsident, ich komme zum Ende …
nicht tragen können. In der Zielsetzung bleiben wir beieinander und werden das gemeinsam weiter verfolgen. Vielleicht wäre es auch einmal ein Thema für eine Anhörung an anderer Stelle oder hier im Parlament. Schöne Veranstaltungen kann man dazu auch machen. – Herzlichen Dank. Schönen Abend noch!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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