Hans Christian Markert: „Ich hätte mir gewünscht und würde mir auch mit Blick auf zukünftige Probleme wünschen, dass wir das Verursacherprinzip im Umweltrecht stärker anwenden.“

Antrag der Piraten zu PCB in Schulen

Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorredner haben darauf hingewiesen: Die Schadstoffkonzentrationen in Innenräumen sind in der Tat in ihrer Vielfältigkeit sicherlich ein Problem, das oft unterschätzt wird. Insofern ist es sinnvoll, dass wir uns in diesem Hohen Haus grundsätzlich mit dieser Frage auseinandersetzen.
Ich darf daran erinnern: Jeder Mensch verbraucht täglich 12 m³ Luft. Einen großen Teil unserer Tage verbringen wir in Innenräumen; etwa 90 % eines jeden Tages sind wir in Innenräumen – wie auch heute in diesem Raum.
Unsere Häuser sind immer besser gedämmt. Der natürliche Luftaustausch wird immer schlechter. Damit haben wir sehr häufig eine Schadstoffkonzentration, die obendrein noch nicht mal Grenzwerten wie die Luft draußen in der freien Natur unterliegt. Insofern ist es aller Ehren wert, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Allerdings richten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, mit der heutigen Debatte erneut den Blick auf die schlimmen Folgen der PCB-Anwendung in der Vergangenheit. Eben ist schon darauf hingewiesen worden: Diese polychlorierten Diphenyle wurden in der Vergangenheit in Transformatoren, elektrischen Kondensatoren, aber eben auch in Weichmachern und Lacken verwendet. Man hat allerdings seit den 80er-Jahren – auch darauf hat der Kollege Preuß hingewiesen – Erkenntnisse gewonnen und Konsequenzen gezogen: PCB ist nicht nur in Deutschland verboten, sondern gehört zum „Dreckigen Dutzend“ und ist seit Mai 2001 gemäß der Stockholmer Konvention verboten. Wir reden also über einen Stoff, der bei heutigen Neubauten nicht mehr zur Anwendung kommt. Wir reden damit über ein Problem aus der Vergangenheit, das uns immer wieder zu Debatten führt.
Die Kolleginnen und Kollegen haben eben darauf hingewiesen, dass wir vor dem Hintergrund, dass es sich um einen gefährlichen und krebserregenden Stoff handelt, ein umfangreiches Kataster erstellt haben. Man darf nicht vergessen, dass die Behörden vor Ort zuständig sind. Beispielsweise haben die Schulträger sukzessive die notwendigen Sanierungsmaßnahmen ergriffen, zum Teil die entsprechenden Weichmacher aus den Dichtungsfugen herausgenommen und Sanierungen vorgenommen. So etwas dauert seine Zeit und kostet Geld. Insofern geht das nur schrittweise voran.
Wir haben uns im Vorfeld dieser Debatte noch einmal die Zahlen vorlegen lassen. Bis auf einige Restanten scheint es so zu sein, dass die Sanierung im Land flächendeckend angegangen wurde oder zumindest in Kürze angegangen wird.
Liebe Piratenfraktion, Sie haben vollkommen recht: Dort, wo das nicht geschieht, muss man vor Ort in den Kommunalparlamenten politisch darauf hinweisen. Herr Lamla, Sie hatten den Fall aus meiner Heimatstadt Kaarst bzw. Vorst angesprochen. Dort ist in der Tat 13 Jahre lang keine Sanierung ergriffen worden, obwohl nachweislich auch die grüne Fraktion vor Ort immer wieder darauf hingewiesen hat. Die CDU-Mehrheitsfraktion hat es auf die lange Bank geschoben, möglicherweise deshalb, weil es eben auch mit hohen Kosten verbunden ist. Die Grundschule in Vorst wird allerdings inzwischen saniert. Insofern ist auch dies ein Beispiel, bei dem man sich trefflich darüber streiten kann, was in der Vergangenheit war. Jedenfalls ist es jetzt angefasst worden.
Vielleicht sollte man auch noch einmal einen Blick auf die Frage werfen – auch das haben Sie zu Recht angesprochen, Herr Lamla –, wie wir eigentlich mit den Betroffenen umgehen, die es in der Tat sehr schwer haben, als Berufserkrankte anerkannt zu werden. Das hat natürlich auch etwas mit Kausalketten zu tun. Man kann das durch die Vielfalt der Giftstoffe, die uns umgeben, nicht immer ganz genau auf die Innenraumlufthygiene zurückführen.
Ich hätte mir gewünscht und würde mir auch mit Blick auf zukünftige Probleme wünschen, dass wir das Verursacherprinzip im Umweltrecht stärker anwenden und dass diejenigen, die solche Stoffe auf den Markt bringen oder in der Vergangenheit auf den Markt gebracht haben – das wäre in dem Fall die Baustoffindustrie –, in einen Fonds einzahlen sollten, um die Auswirkungen ihres damaligen Handelns auszugleichen und den Betroffenen tatsächlich zu helfen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das Problem Ihres Antrags ist – bei aller Sympathie dafür, sich mit dem Thema der Raumlufthygiene und dem zunehmenden Problem immer dichterer Häuser auseinanderzusetzen –, dass Sie hier den Föderalismus erneut ausblenden und, wie es schon in den Anträgen zuvor, die Verantwortlichkeiten nicht an der richtigen Stelle suchen.
Das Land kann den Schulträgern zwar Hinweise geben, ist aber finanziell nicht in der Verantwortung. Deswegen wird es Sie, mit Verlaub, auch nicht wundern, dass wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Das Land kann eine Verantwortung, die es nicht hat, auch nicht übernehmen. Das ist im Föderalismus so. Wir unterliegen der Subsidiarität: Viel zu oft bedauern wir, dass sie nicht konsequent angewendet wird. Hier muss sie entsprechend angewendet werden. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir sind aber gerne bereit, weiterhin mit Ihnen intensiv über dieses Thema zu diskutieren. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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