Hans Christian Markert: „Diesen Wanderzirkus lehnen wir entschieden ab!“

Antrag der Piraten zu Castortransporten

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Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten! Erlauben Sie mir zu Beginn meiner Ausführungen, dass ich noch einmal unsere Arbeitsgrundlage zitiere, und zwar aus dem atompolitischen Teil des Koalitionsvertrages. Dort heißt es:
„Zudem lehnen wir sinnlose und gefährliche Atomtransporte quer durch Nordrhein-Westfalen ab. Wir wollen, dass die Castoren, vor allem die in Jülich lagernden, nur noch einmal transportiert werden – nämlich zu einem Endlager, wenn hierfür ein Standort gefunden ist.“
Das ist unsere Arbeitsgrundlage. Und daraus ist auch vollkommen klar ersichtlich, dass wir in der Analyse durchaus mit Ihnen übereinstimmen, dass wir nämlich dem Transportwanderzirkus der Jülicher Atomkugeln – der atomaren Hinterlassenschaft, die dort lagert – äußerst skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Wir sehen uns dabei ausdrücklich in guter Gesellschaft mit der Gewerkschaft der Polizei, die solche Transporte ebenfalls ablehnt.
Ich möchte noch hinzufügen für diejenigen, die nicht so tief in der Materie drin sind: Es handelt sich um 75 bis 150 Transporte quer durch Nordrhein-Westfalen, und ungefähr ab 2035 gehen die gleichen Transporte noch einmal zurück. Würde man sie nämlich nach Ahaus verbringen, könnten sie dort mit Sicherheit nicht bleiben.
Deswegen haben wir hier schon vor Jahren gesagt als Koalition, als Grüne, auch getragen durch den Koalitionsvertrag: Diesen Wanderzirkus – ich wiederhole mich – lehnen wir entschieden ab!
(Beifall von den GRÜNEN)
In einem Rechtsstaat ist es allerdings so: Wenn Sie für eine Lagerung keine Genehmigung haben, dann muss man entweder den genehmigungsfreien Zustand herstellen oder andere Lösungen präsentieren. Das, was ich vom Kollegen Wirtz gehört habe, lieber Josef, muss ich allerdings ganz entschieden zurückweisen. Denn ein Transport in die USA ist weder rechtlich geboten noch angesichts des hohen Transportrisikos etwas, wo man so mir nichts dir nichts nur deshalb die Forderung erheben sollte, weil man nach dem Sankt-Florians-Prinzip eine bestimmte Region kugelfrei machen will. Das geht auch nicht. So gibt es eben bei jeder der zur Verfügung stehenden Optionen abwägungsrelevante Gründe, die man ins Feld führen muss. Deshalb sollte man als Opposition nicht den zuständigen Atomaufsichtsminister als Fußgänger in der Entscheidung darstellen, wie das hier eben angeklungen ist, sondern man muss sehen, dass, wenn eine solche Rechtsfrage mit hohen Abwägungsproblematiken verbunden ist, man das nicht mal so eben – es mag von der Oppositionsbank aus leicht erscheinen – entscheiden kann.
Zum Thema „Erdbebenproblematik“, lieber Josef, sage ich: Wenn das mal entschieden worden wäre. Es wird ja immer spekuliert. Mir liegt kein neuer Erkenntnisstand vor. Das Gutachten, von dem immer die Rede ist, was beauftragt ist, liegt noch nicht vor. Das ist also Nebelstochern. Käme man aber zu dem Ergebnis, dann würde sich auch die Frage stellen: Was ist eigentlich mit den Braunkohlegruben? Was ist mit dem Braunkohleabbau in einem erdbebengefährdeten Gebiet? Wie sieht es dort mit den Sümpfungswässern aus? Wie sieht es mit der nahe benachbarten chemischen Industrie aus? Ist das akzeptabel?
(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Nein!)
Wie sieht es mit der Stadt Köln aus? Nein, es ist nicht akzeptabel!
(Beifall von den PIRATEN)
Insofern muss man hier letztendlich zur Kenntnis nehmen, dass auch das ein Problem wäre.
Deswegen: Für uns als Grüne gilt der Koalitionsvertrag. Wir haben keine neue Entscheidungsgrundlage. Es gibt kein neues Gutachten. Wir haben uns mehrfach dafür ausgesprochen, einen Transportzirkus zu vermeiden, weil es das geringste Risiko ist. Und wenn transportiert wird, dann nur noch einmal in ein Endlager, wo immer das sein wird. Da gehören solche Kugeln hin. Es darf nicht sein, dass wir es von A nach B, von B nach C und irgendwann wieder zurück nach A verschaffen.
Es ist an der Zeit – da haben Sie vollkommen Recht –, dass wir hier irgendwann eine Entscheidung treffen. Die Arbeitsgrundlage habe ich erläutert. Wir haben – da gebe ich meinem geschätzten Kollegen Bell Recht – keine neue Entscheidungsgrundlage. Insofern freuen wir uns auf die Beratungen im Ausschuss. Dort werden wir das miteinander besprechen. Vielleicht gibt es bis dahin neue Erkenntnisse. Ansonsten halte ich den Antrag zum jetzigen Zeitpunkt für entbehrlich, weil wir das alles schon mehrfach hier beschlossen haben. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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