Hans-Christian Markert: „Als umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion möchte ich Ihnen zu diesem konsequenten Verständnis des Recycelns von Anträgen mein besonderes Lob aussprechen.“

Antrag der Piraten zu Atomtransporten

Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Meesters hat mit Blick auf den Antrag der Piraten eben schon das Stichwort „Transparenz“ aufgegriffen. So kann ich Ihnen trotz vorgerückter Stunde heute Abend im Hinblick auf diesen Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Piraten einen kleinen Exkurs zum Thema „Original und Zitat“ leider nicht ersparen.
Zunächst zu einem Original. Ich zitiere aus unserem rot-grünen Koalitionsvertrag:
„Zudem lehnen wir sinnlose und gefährliche Atomtransporte quer durch NRW ab.“
(Zuruf von den PIRATEN: Bravo! – Beifall von den PIRATEN)
So viel zur Arbeitsgrundlage der Koalition und einem Original.
Nun zu einem weiteren Zitat. Ich zitiere aus meiner Plenarrede vom 8. Februar vergangenen Jahres:
„Auch eine Forderung wie das öffentliche Bekanntgeben der Transportrouten sollten Sie sich dreimal durch den Kopf gehen lassen; denn am Ende würden Sie damit den falschen Leuten noch die richtigen Hinweise geben. Damit meine ich … keineswegs irgendwelche Demonstrantinnen und Demonstranten, die sehr zu Recht gegen die unsinnige Transportiererei auf die Straße gehen, sondern ganz andere Personenkreise. Diese Haltung zwischen linksautoritärem Gebaren – man hat ja historisch immer recht – und landesamtlicher Obstruktionspolitik hat mit meiner Vorstellung von Demokratie und unserer Sicherheitsverantwortung herzlich wenig zu tun.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so Sie denn in der vergangenen Legislaturperiode diesem Haus schon angehört haben, haben Sie es gemerkt? – In der Tat bringt hier die Piratenfraktion einen fast gleichlautenden Antrag ein wie in der vergangenen Legislaturperiode der Kollege Rüdiger Sagel und die Linke.
Als umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion möchte ich Ihnen zu diesem konsequenten Verständnis des Recycelns mein besonderes Lob aussprechen. Als antiatompolitischen Sprecher allerdings wundert mich bei den Piraten fast gar nichts mehr.
Nachdem Sie mit Ihrem Antrag zumindest Ihrem sehr freien Verständnis des Copyrights Raum gegeben haben, verstauen Sie Ihre politischen Qualitäten bezüglich der Sachkenntnis, der Zuständigkeiten und erst recht der Verantwortungsübernahme wohl nach wie vor tief im Unterdeck Ihres in schwerer See irrlichternden Schiffes – sozusagen die politische Materialisierung der Copy-and-Paste-Funktion auf der Computertastatur.
Nun gut, wenn Sie sich aufs Kopieren so gut verstehen, zitiere ich gerne auch noch einmal mich selbst aus besagter Rede:
„In dem Antrag sind ja durchaus etliche Punkte enthalten – darauf hat Kollege Meesters hingewiesen –, die zu befürworten sind. Sie berauben sich aber immer wieder des nötigen politischen Ernstes, indem Sie sich offensichtlich nicht entscheiden können, ob Sie in diesem Parlament als Parlamentarier agieren oder eben auf der anderen Seite als außerparlamentarische Opposition.
Sie tun auch den Initiativen vor Ort keinen Gefallen damit, sie immer wieder über unsere Möglichkeiten als Land im Unklaren zu lassen und Forderungskataloge aufzustellen, die am Kern der Sache vorbeigehen und damit am Ende gar nichts erreichen.“
Wir werden ja morgen Abend bezüglich Ihres Antrags zu Gronau noch einmal genau dasselbe erleben. Sie verschweigen einfach, was Rot-Grün hier in Nordrhein-Westfalen wie jede andere Landesregierung in Deutschland – übrigens gemeinsam mit dem Innenminister und der Gewerkschaft der Polizei – bisher erfolgreich gegen unsinnige Transportanweisungen des Bundes unternommen hat. Sie verschweigen die Grenzen unserer Zuständigkeiten auf Landesebene. Vor allem verschweigen Sie, dass wir mit den Uranhexafluorid-Transporten in Nordrhein-Westfalen ein für alle Mal Schluss machen wollen, indem wir uns für bundesgesetzliche Regelungen eingesetzt haben und weiterhin einsetzen werden, um die Anlage in Gronau zu schließen.
Liebe Piratinnen und Piraten, Sie wollten ja einmal eine frische Brise in die Parlamente bringen. Geworden ist es die große Flaute.
(Zurufe von den PIRATEN: Oh!)
Oder lassen Sie es mich anders ausdrücken: Statt den schwarzen Seeteufel spielen Sie mit alten Anträgen der Linkspartei hier den roten Korsaren.
(Zurufe von den PIRATEN: Oh!)
Früher einmal brachten die Piraten die englische Seemacht in ernsthafte Schwierigkeiten.
(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Großes Feuerwerk! – Weitere Zurufe von den PIRATEN)
– Nun seien Sie doch nicht so aufgeregt. Es ist ja richtig etwas los an Deck Ihres Schiffs. – Früher einmal brachten die Piraten die englische Seemacht in ernsthafte Schwierigkeiten. Sie sind aber offensichtlich fest dazu entschlossen, sich selber zu versenken. Das ist eigentlich schade; denn auch ich glaube, dass unsere Demokratie durchaus Erneuerungsbedarf hat.
Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege Markert, die Redezeit.
Hans Christian Markert (GRÜNE): In diesem Sinne, Herr Präsident, freue ich mich auf konstruktive Beratungen in den Ausschüssen. Vielleicht präsentieren Sie dann auch einmal etwas originär Piratiges zu diesem Thema. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege Markert, wenn Sie noch am Pult bleiben, schenke ich Ihnen gleich noch einmal 90 Sekunden. Vorab hat sich aber der Fraktionsvorsitzende der Piraten, Kollege Paul, zu Wort gemeldet und möchte seine 90 Sekunden für eine Kurzintervention nutzen, was er hiermit tun darf.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Lieber Herr Markert, ich muss schon sagen: Die Flut an nautischen Metaphern, die Sie bringen, würde jedem Piraten … Wir sehen mittlerweile von nautischen Metaphern ab. Wir sind da schon ein Stückchen weiter.
Meine Frage an Sie lautet: Können viele Ihrer Ausführungen nicht darauf zurückgeführt werden, dass offensichtlich jetzt einige andere Leute im Landtag, nämlich die Piraten, ein paar grüne Themen zu besetzen versuchen? Höre ich da Neid raus?
(Beifall von den PIRATEN)
Hans Christian Markert (GRÜNE): Lieber Kollege Paul, wie ich vorhin gesagt habe, ist es immer das Spiel zwischen Kopie und Original. Vor dem Hintergrund der Geschichte der Anti-Atom-Bewegung sollten Sie meines Erachtens auch die Größe haben, anzuerkennen, dass es Umweltinitiativen und Anti-Atom-Gruppen waren,
(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Ich war dabei!)
aber auch ganz viele Grüne, die 30 Jahre lang dafür gekämpft haben, dass es diesen gesellschaftlichen Konsens gibt. Das sollten Sie hier nicht als Kopie präsentieren, sondern einfach sagen: Jawohl, das ist so; jetzt arbeiten wir konstruktiv an der Energiewende mit.
Da würde ich gerne von Ihnen etwas Originäres hören. An dieser Stelle höre ich allerdings nichts. Sie präsentieren hier ansonsten alte Anträge, recycelt vom Kollegen Rüdiger Sagel, der diesem Parlament nicht mehr angehört und früher auch einmal bei den Grünen war – zugegeben und geschenkt.
Dass Sie sich jetzt als Gralshüter der Anti-Atom-Bewegung aufspielen, hat aber den etwas faden Beigeschmack des Versuchs, in letzter Konsequenz noch ganz schnell mit auf ein bereits in See gestochenes Schiff aufzuspringen. – Herzlichen Dank und einen schönen Abend.
(Beifall von den GRÜNEN)

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