Gudrun Zentis: „Die aktuelle Rechtslage stellt auch nach unserer Meinung eine eklatante Ungleichbehandlung von Bergschadenbetroffenen dar.“

Antrag der CDU-Fraktion zur Reform des Bergbaugesetzes

Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Januar hat Herr Lämmel, Mitglied der CDU-Fraktion im Bundestag, zu einem Antrag der Grünen zum Bundesberggesetz wie folgt Stellung bezogen – ich zitiere –:
„Das geltende Bergrecht erfüllt also seinen Zweck: Es schafft Ausgleich zwischen den Interessen der Menschen, der Natur und der Rohstoffgewinnung.“
Danach ist der heute vorliegende Antrag der CDU ein Quantensprung, auch wenn es für uns vielleicht nur ein kleiner Schritt ist.
(Zurufe von der CDU)
Für Sie wie für uns ist NRW ein wichtiger Standort für die Industrie. Dies soll auch so bleiben, Herr Wirtz, jedenfalls nach unserem Willen. Nicht umsonst haben wir gestern zur Stärkung des Chemiestandortes NRW gemeinsam eine Enquetekommission beschlossen.
Sie fordern einen höheren Stellenwert der Öffentlichkeitsbeteiligung im Bergrecht als bisher. Das unterstützen wir gerne. Denn die Beteiligungsmöglichkeiten im Bergrecht müssen dringend den Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.
Die Forderung nach einer Beweislastumkehr für die vom Braunkohletagebau betroffenen Menschen, insbesondere im rheinischen Revier, steht auch in unserem Koalitionsvertrag; das wissen Sie. Denn die aktuelle Rechtslage stellt auch nach unserer Meinung eine eklatante Ungleichbehandlung von Bergschadenbetroffenen dar.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Es freut mich, dass auch Sie das so wahrnehmen.
Recht haben Sie auch mit Ihrer Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere für die Förderung von Erdöl, Erdgas und für Fracking. Dies deckt sich mit unseren Initiativen auf anderen Ebenen. Der Vorredner hat es eben auch schon erwähnt. Ich bin also hoffnungsfroh, dass wir da die Wende schaffen.
Sehr geehrte Damen und Herren der CDU, mich verwundert allerdings Punkt 3 Ihres Antrags. Selbst wenn bei Ihnen die Vernetzung zum Braunkohlenausschuss nicht gelebt wird und Ihre Informationskanäle vielleicht nicht so funktionieren, wie sie funktionieren sollten, haben wir doch in der letzten Sitzung des Unterausschusses gehört, dass das Ministerium auf der Grundlage eines gemeinsamen Antrags von CDU und Grünen im Braunkohlenausschuss bereits einen guten Vorschlag für ein Bergschadensmonitoring in der Braunkohle unterbreitet hat.
Sie wollen doch nicht ernsthaft diesen für die betroffenen Menschen sinnvollen Prozess aufhalten, bis das Bundesbergrecht reformiert ist. Da sind wir uns sicherlich einig.
Das Ziel Ihrer letzten Forderung ist sicherlich gut gemeint, aber trifft es nicht so ganz. Sie fordern, Bergbaubehörden sollten „künftig sicherstellen, dass die zur Begutachtung von Bergschäden sowie im Genehmigungsverfahren bei der Erstellung der Betriebspläne hinzugezogenen Markscheider wirtschaftlich unabhängig … sind“.
Sehr geehrte Damen und Herren der CDU, wollen Sie den bergbautreibenden Unternehmen vorschreiben, wie es seine angestellten Markscheider zu entlohnen hat?
(Zuruf von Josef Wirtz [CDU])
– Warten Sie es doch mal ab!
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])
Oder nehmen Sie an, dass die im Bergbau tätigen Markscheider, die an Prüfungs- und Genehmigungsverfahren beteiligt sind, nicht wirtschaftlich unabhängig sind
(Zuruf von der CDU: Richtig!)
und noch von einem Nebenjob leben müssen? Sie müssen doch selber zugeben, dass das keinen Sinn ergibt. Wenn Sie jedoch daran denken, dass wir über Risswerkführung und freie Markscheider für Gutachten diskutieren sollen, können wir uns gerne austauschen. Vielleicht denken Sie darüber noch einmal nach.
(Beifall von den GRÜNEN)
So drängt sich mir der Eindruck auf, dass Sie in aller Eile versucht haben, neue Positionen zu finden. Denn in Ihrem Wahlprogramm habe ich nur eine einzige Aussage zur Braunkohle gefunden, die Herr Wirtz eben auch angeführt hat: Braunkohle ist der einzige heimische fossile Energieträger, der wirtschaftlich eingesetzt werden kann.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hovenjürgen zulassen?
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Ja, aber ich rede erst zu Ende, Herr Hovenjürgen.
Zu Ihrem Antrag ist deshalb festzustellen: Schön, dass Sie den Koalitionsvertrag 2012 von Rot-Grün gelesen haben. Schön, dass Sie den rot-grünen Koalitionsvertrag 2012 für so gut halten, dass Sie unsere Forderungen übernehmen und sie mit uns abarbeiten wollen.
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])
Gerne kommen wir mit Ihnen zu diesen Punkten ins Gespräch und werden Ihren Antrag im zuständigen Ausschuss gemeinsam richtungweisend und konstruktiv beraten. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege Hovenjürgen, bitte schön.
Josef Hovenjürgen (CDU): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, der CDU geht es darum, deutlich zu machen, dass die Markscheider zwar vereidigt, aber wirtschaftlich nicht unabhängig sind, da sie vom Bergbautreibenden bezahlt werden. Insofern sind die Grundlagen ihrer Arbeit wichtig für mögliche Entschädigungsfragen, obwohl sie letztendlich davon geleitet sind, Beschäftigte des Unternehmens zu sein, wie Herr Wirtz es ausführte. Im übertragenen Sinne veranlassen sie selbst die TÜV-Prüfung für die Verkehrsfähigkeit des PKW.
Noch einmal mein Hinweis und meine Frage, ob es von Ihnen genauso gesehen wird, dass es sinnvoll ist, dass die Markscheider ihre Tätigkeit wirklich unabhängig durchführen können.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Abgeordnete, bitte schön.
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Herr Hovenjürgen, herzlichen Dank für die Frage. – Ich glaube, wir haben uns da angenähert. Habe ich einen angestellten Markscheider bei einem Unternehmen wie RWE Power, ist dieser natürlich weisungsgebunden und muss für RWE die entsprechenden Pläne machen. Die Prüfung hat aber unabhängig stattzufinden. Ich glaube, das war der eigentliche Sinn Ihrer Formulierung. Da werden wir uns sicherlich treffen können.
(Beifall von den GRÜNEN)