Gönül Eğlence: „Wir sind uns einig: Eine moderne Einwanderungsgesellschaft bedarf eines modernen Staatsbürgerschaftsrechts“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zum Staatsangehörigkeitsrecht

Portrait Gönül Eglence

Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Beim Staatsangehörigkeitsrecht geht es allen voran um politische Teilhabe und um die Akzeptanz, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind.

Rund 3,1 Millionen Menschen in NRW hatten Ende 2022 keinen deutschen Pass. Davon waren rund 2 Millionen Nichteuropäer*innen. Es besteht ein erheblicher Unterschied in den Teilhabemöglichkeiten, je nachdem, zu welcher Gruppe man gehört. Um ein Beispiel herauszugreifen: Menschen, deren Kinder hier die Schule besuchen, haben bislang ohne deutschen Pass nicht die Möglichkeit, die Schulpolitik dieses Landes mitzubestimmen.

Beim Staatsangehörigkeitsrecht geht es neben der politischen Teilhabe aber auch um ganz lebenspraktische Fragen, die für Menschen mit deutschem oder europäischem Pass profan erscheinen, für Menschen mit ausländischem Pass aus Drittstaaten aber die Lebenswirklichkeit entscheidend prägen. Die Staatsbürgerschaft bestimmt beispielsweise, wer wohin reisen darf. Ganz praktisch entsteht für Kinder mit nichteuropäischem Pass ein erhöhter Mehraufwand, wenn sie auf Klassenfahrten in nichteuropäische Länder mitfahren wollen.

Mit ähnlichen Schwierigkeiten können sich Mitarbeitende in international agierenden Konzernen konfrontiert sehen, die sich über einen längeren Zeitraum im nichteuropäischen Ausland aufhalten wollen. Diese Frage kann letztlich für den Karriereweg entscheidend sein.

Die Staatsbürgerschaft bestimmt auch, wer unter welchen Bedingungen ein Bankkonto eröffnen darf. Hier muss beispielsweise unabhängig vom Aufenthaltsstatus zusätzlich eine Meldebescheinigung eingereicht werden, was den bürokratischen Aufwand enorm erhöht.

Ob Menschen aus sogenannten Drittstaaten überhaupt auf die Idee kommen, sich für den öffentlichen Dienst zu bewerben, weil hier staatsbürgerschaftliche Voraussetzungen eine Hürde – etwa für die Verbeamtung – darstellen, sollte in einer Zeit des Fachkräftemangels nicht mehr vorkommen, ist aber Realität.

Wir sind uns also einig: Eine moderne Einwanderungsgesellschaft bedarf eines modernen Staatsbürgerschaftsrechts.

Als Grüne begrüßen wir daher das Vorhaben der Bundesregierung, das Staatsbürgerschaftsrecht entsprechend novellieren zu wollen. Besonders hervorzuheben ist dabei die Vereinfachung der Sprachnachweise für die sogenannte Gastarbeiter*innengeneration. Die Lebensleistung dieser Menschen verdient Anerkennung und kann hierdurch endlich auch Würdigung finden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Nicht zuletzt hat Staatsbürgerschaft auch eine emotionale Komponente. Ein Erzwingen, sich für die eine oder andere Staatsangehörigkeit zu entscheiden, kann zum Verlust der eigenen Identität führen. Es ist also nur folgerichtig, ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht mit der Hinnahme von Mehrstaatigkeit auszustatten.

Zum Abschluss bleibt zu sagen: Unsere Landesregierung ist bereits aktiv dabei, die zügige Einbürgerung zu unterstützen. Nordrhein-Westfalen verfügt über ein sehr modernes Teilhabe- und Integrationsgesetz.

(Thorsten Klute [SPD]: Das stimmt!)

Darin ist explizit das Interesse des Landes verbrieft, Einbürgerungen von Ausländer*innen zu stärken. Zudem fördern wir über das KIM mit über 10 Millionen Euro die personelle Ausstattung der Einbürgerungsbehörden.

Für weitere Entlastungen der Einbürgerungsbehörden soll außerdem die verstärkte Digitalisierung der Antragskette sorgen. In Bielefeld und Düren kann beispielsweise schon die Einbürgerung digital beantragt werden. Und auch der Quick-Check, an dem das Land arbeitet, kann dazu beitragen, dass Antragstellende digital überprüfen können, ob ihr Antrag auf Einbürgerung Chancen hat. Das müssen wir natürlich weiter vorantreiben.

Als Fraktion begrüßen wir grundsätzlich die Ansätze des Referent*innenentwurfs zum Staatsangehörigkeitsgesetz. Auch die Landesregierung wird sich sicherlich eingehend mit dem Entwurf beschäftigen. Eine Aufforderung seitens der SPD braucht es an dieser Stelle, glaube ich, nicht, aber wir diskutieren das gerne detailliert und vertieft im Ausschuss und stimmen der Überweisung zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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