Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Eines kann man immer mit Gewissheit sagen: Wenn man etwas über Rechtsnationalismus und über völkische Ideologie lernen will, braucht man nur die Anträge der AfD zu lesen. Ihre Anträge werden übrigens immer schamloser und zunehmend verwerflicher. Aber etwas Gutes hat das Ganze: Niemand kann mehr sagen, er habe nicht gewusst, worum es bei Ihnen geht.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie nie wieder ein 2015 haben wollten. Wissen Sie, woran ich mich aus 2015 erinnere? Ich erinnere mich an eine Nacht, in der ich um 1 Uhr morgens eine Nachricht bekommen habe, dass sich Menschen am Dortmunder Hauptbahnhof zusammengetan hätten, um neu angekommenen Menschen behilflich zu sein und Waren und Güter des täglichen Lebens zu verteilen.
(Sven Werner Tritschler [AfD]: Wo sind die eigentlich jetzt, diese Menschen? Die hat man lange nicht mehr gesehen!)
Ich bin sofort hingefahren, und es war eine großartige Stimmung.
Am vergangenen Sonntag bin ich übrigens samt Koffer und Tasche durch diese Menschenmenge von 11.000 gelaufen, die in Essen gefeiert hat. Ich kann Ihnen sagen, dass diese Menschen sehr schnell erkannt haben, dass ich offensichtlich nicht zu ihnen gehöre. Sie haben kleine Gässchen gebildet, damit ich dort mit meiner Tasche und meinem Koffer durchkommen konnte.
Genug zu Ihrem Antrag, denn am Ende des Tages ist das immer austauschbar, es ist im Grunde immer das Gleiche.
Zur Lage in Syrien will ich aber gerne noch ein paar Worte verlieren: Die HTS ist eine islamistische Miliz. Man ist sich nicht sicher, ob und inwiefern sie dschihadistisch ist.
(Lachen von Enxhi Seli-Zacharias [AfD] und Andreas Keith [AfD])
Sie ist aber aus Al-Qaida entsprungen. Insofern ist es natürlich richtig, da Vorsicht walten zu lassen. Am Ende des Tages ist es nämlich nicht zwingend so, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist. Das bedeutet, dass wir schauen müssen, wie sich die Lage dort entwickelt.
Klar ist allerdings auch, dass aktuell 14 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Insbesondere Kämpfe rund um die kurdischen Autonomiegebiete, angeführt von der Türkei, müssen uns besorgen. Tatsächlich hat die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bei ihrem Besuch der Türkei in dieser Woche leider die Chance versäumt, klare Worte in Richtung Türkei dazu zu finden, die völkerrechtswidrigen Angriffe zu stoppen.
Noch ein paar Worte zum Thema der Syrerinnen und Syrer in Deutschland: 972.000 von ihnen leben gerade hier. Inzwischen sind über 80 % erwerbstätig. Von diesen Erwerbstätigen sind rund 75 % in qualifizierten Jobs tätig. Das bedeutet, dass wir als Land, das in jeder Branche dringend Arbeits- und Fachkräfte braucht, uns selbst den Gefallen tun sollten, möglichst darauf zu achten, dass wir Menschen, die bei uns tätig werden wollen, tätig geworden sind, hier behalten können.
Noch etwas zu der BAMF-Entscheidung – da muss ich meinem CDU-Kollegen leider widersprechen –:
(Heiterkeit von Peter Blumenrath [CDU])
Ich halte diese Entscheidung für falsch. Ich glaube, sie entbehrt jeder Grundlage. Das Auswärtige Amt und die EU sind gerade nicht imstande, einen Lagebericht zu verfassen, weil die Situation so fragil ist, wie sie ist. Ich glaube, es ist keine kluge Idee, mit dem Aussetzen von Entscheidungen Unsicherheiten zu schaffen, weil das auch bedeutet, dass es in dieser Phase keinerlei Zugang zu Sprachkursen oder etwaigen anderen Teilhabeangeboten gibt.
Ihren Antrag werden wir selbstverständlich ablehnen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, Peter Blumenrath [CDU] und Bianca Winkelmann [CDU])