Gönül Eğlence: „Ja, die Situation ist dramatisch“

Zum Antrag der SPD-Fraktion auf eine Aktuelle Stunde zu Lehrkräftemangel

Portrait Gönül Eglence

Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Über den Lehrkräftemangel reden wir in diesem Haus nicht das erste Mal. Ich beginne mit dem Offensichtlichen: Ja, die Situation ist dramatisch, und sie wird in absehbarer Zeit nicht leichter zu bewältigen sein.

Das fortwährende Herbeibeschwören einer Bildungskatastrophe hilft an der Stelle aber nur wenig. Vielmehr wird dies den enormen Leistungen der Lehrkräfte, aber insbesondere auch der Schülerinnen und Schüler nicht nur nicht gerecht, sondern es schmälert ihre Leistungen außerdem. Schüler*innen leisten enorm viel, und das kann man nicht oft genug wiederholen.

Morgen ist der internationale Tag der Menschenrechte. In Art. 26 wird das Recht auf Bildung beschrieben. Dem fühlen wir uns verpflichtet. Deshalb will ich das Thema noch einmal besonders aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler beleuchten. Das kommt mir in Ihrer Begründung zur Aktuellen Stunde und auch sonst in der Debatte deutlich zu kurz.

Was Kinder und Jugendliche aktuell und akut brauchen, geht weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Sie brauchen vor allem Räume zur Entfaltung und Kreativität. Sie brauchen auch Räume, in denen sie Fragen stellen oder sich anvertrauen können.

Die geplanten Investitionen der Landesregierung in den Ausbau von Studienplätzen für Lehrkräfte – genau darum ging es heute – und in der Sozialpädagogik sind daher Schritte, die mittel‑ bis langfristig richtig und wichtig sind. Akut braucht es aber mehr als die bekannten Maßnahmen.

Wir sind bereit, hier auch bisher vermeintlich unorthodoxe Wege zu gehen, um den Schüler*innen bestmögliche Rahmenbedingungen zu geben sowie die Möglichkeit, ihr Recht auf Bildung eingelöst zu bekommen. Die Öffnung von Schule muss jetzt endlich passieren, und das wollen wir tun.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Am kommenden Mittwoch wird Frau Ministerin Feller das Handlungskonzept zur Unterrichtsversorgung im Ausschuss vorstellen. An der Stelle werden wir dann auf der Basis dieses Konzepts gerne gemeinsam darüber diskutieren, was zu tun ist.

Wenn wir die Mangelsituationen an den Schulen in Gänze betrachten wollen, dann müssen wir auch mitdenken, wie wir multiprofessionelle Teams besetzen wollen. Wir müssen engagierten jungen und/oder erfahrenen Menschen die Möglichkeit eröffnen, zum Beispiel als Seiteneinsteiger*innen den Weg in unser Bildungssystem zu finden, temporär oder dauerhaft. Denn es fehlt bekanntlich nicht nur an Lehrkräften, sondern es fehlt auch an Menschen im System, die sich vollumfänglich für Kinder und deren Recht auf Bildung einsetzen und dies einfordern.

Die aktuelle Situation erfordert ein schrittweises Vorgehen, kurz‑ und mittelfristige Maßnahmen sowie eine langfristige nachhaltige Strategie. Der akute Handlungsbedarf darf aber nicht zu Schnellschüssen führen, die dann eher in die Wiederholung von altbekannten und womöglich vermeintlich wirksamen Maßnahmen münden.

Wir müssen der akuten Situation gerecht werden. Wir müssen aber auch nachhaltige und wohlbedachte Maßnahmen treffen. Das wollen wir in der Koalition erreichen und sind offen für gemeinsame Anstrengungen in diese Richtung.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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