Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Heute Morgen hat uns Herr Loose noch vorgeworfen, wir würden Menschen mundtot machen wollen. Gleichzeitig kommt in diesem Antrag genau dieser Vorschlag vor. Aber glücklicherweise leben wir ja in einem Rechtsstaat, in dem Versammlungen nicht genehmigt werden müssen, sondern nach Gefahrenlage und nicht nach Thema, Religion oder Herkunft bewertet werden. Das Versammlungsrecht ist nämlich ein Grundrecht.
Zum Fall in Essen hat der Kollege Blumenrath schon ausgeführt. Ich will nur noch einmal betonen: Die Polizei spricht von einer überwiegend friedlichen Veranstaltung. Es ist ein Vorfall gemeldet worden. Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Wir wissen nicht, ob und in welchem Zusammenhang dieses Ganze mit der Demo steht.
Dann will ich noch ein paar Worte zum Schutzgrund sagen. Ich habe vergangenen Freitag, anders als Sie, 90 Menschen aus der syrischen Community aus den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen hier in den Landtag eingeladen,
(Christian Loose [AfD]: Haben Sie auch beim NesT-Programm mitgemacht?)
und wir haben darüber gesprochen, ob und wie die Sicherheit der Minderheiten und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Syrien gewährleistet ist. Alle Beteiligten – übrigens Ingenieur*innen, Ärzt*innen, Journalist*innen und viele andere Berufsgruppen; anders, als Sie das immer darstellen –
(Christian Loose [AfD]: Wie viele davon haben Sie zu Hause aufgenommen?)
berichten von Menschenrechtsverletzungen, von vergewaltigten Frauen und von Ermordungen.
(Christian Loose [AfD]: Wie viele von Ihnen machen das NesT-Programm mit? – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Unruhe)
Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Meine Damen, meine Herren, hier hat jetzt die Abgeordnetenkollegin Gönül Eğlence das Wort. Daher bitte ich um Ruhe.
Gönül Eğlence (GRÜNE): Die Nachfolgeregierung zeigt keinerlei Interesse daran, das Assad-Regime und dessen Verbrechen aufzuklären. Es gibt bisher keine fairen Verfahren, keine transparenten Verfahren. Insofern geht es also darum, zu sagen: Diese Bevölkerungsgruppen sind mitnichten frei und können mitnichten in ihr Land zurück. – Nein, auch ein Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes ist das nicht möglich.
Dennoch ist der Sturz des Assad-Regimes selbstverständlich ein Grund zum Feiern. Das haben wir alle hier gefeiert. Denn es ist der Sturz eines Diktators. Aber so etwas wünschen Sie sich ja.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Zu III., den Beschlussvorschlägen: Zusammenfassend muss man klar sagen, dass alle Forderungen gegen das Grundgesetz und das Asyl- und Völkerrecht verstoßen.
In Punkt 1 geht es darum, den Widerruf von Schutztiteln für Syrer*innen pauschal zu fordern. Schutzstatus werden in einem Rechtsstaat glücklicherweise nicht politisch entzogen. Dieses Recht gewährt uns das Grundgesetz.
Punkt 2: Stopp der Einbürgerung. Auch hier gilt: Der pauschale Stopp von Einbürgerungen von bestimmten Gruppen verstößt gegen Art. 3 Grundgesetz. Herkunft ist und bleibt kein Ausschlussgrund. Alles andere ist nämlich rassistisch, genauso wie Sie es gerade vorgetragen haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Punkt 3: Rückkehr. Auch wenn Sie von Massendeportationen träumen, wie zuletzt in Potsdam, gibt es keine rechtliche Grundlage für Zwangsrückführungen. Sie sind sogar völkerrechtlich unzulässig. Das nennt man das Non-Refoulement-Prinzip.
Punkt 4: Sie wünschen sich eine Werbekampagne. Rückführprogramme gibt es schon.
Punkt 5: Sie fordern Sie in Ihrem Beschlussvorschlag, die verfolgten Gruppen in Nachbarstaaten abzuschieben. Es gibt keinen rechtlichen Anspruch, den Schutz von Menschen auf Drittstaaten auszulagern. Ganz im Gegenteil: Wir sind dazu verpflichtet, Schutz zu gewähren.
Ihr Antrag ist und bleibt ohne Substanz und ist ausschließlich rassistisch motiviert. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
