Gönül Eğlence: „Ich kann nur davon abraten, anhand von AfD-Anträgen sachliche Debatten zu führen“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur Migrationspolitik

Portrait Gönül Eglence

Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielleicht schicke ich eines kurz vorweg: Ich kann wirklich nur davon abraten, als Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus zu versuchen, anhand von AfD-Anträgen sachliche Debatten zu führen.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN – Andreas Keith [AfD]: Das zeigt Ihr Verständnis von Politik! – Zuruf von Dr. Martin Vincentz [AfD])

Dann gehe ich weiter und begrüße gerne auch die anderen Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen. Ich will gleich zu Beginn klarstellen, dass Abschiebungen und Rückführungen, anders als im Antrag suggeriert, für eine vernünftige Migrations- und Fachkräftepolitik in keiner Weise entscheidend sind. Im Gegensatz zu den Behauptungen im Antrag haben wir in NRW nicht 75.000 vollziehbar Ausreisepflichtige. Ich habe schon im Ausschuss schon versucht, das richtigzustellen, aber Sie hören offenbar nicht zu.

(Widerspruch von der AfD)

Richtig ist, dass bei über 63.000 dieser Abschiebefälle ein Grund für die Nichtvollziehbarkeit vorliegt – oftmals wegen Krankheit oder aus humanitären Gründen.

(Andreas Keith [AfD]: Die Sie selber schaffen!)

Damit könnte und müsste man eigentlich an dieser Stelle schon Schluss machen, denn die sechsseitige Ausgangslagenbeschreibung des Antrags ist mit dieser Erkenntnis bereits als sachlich falsch dargestellt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Frau Eğlence, es liegt eine Wortmeldung vor, eine Zwischenfrage von dem Abgeordneten Herrn Wagner von der AfD vor. Möchten Sie die zu lassen?

Gönül Eğlence (GRÜNE): Nein, die AfD hat heute genug Unsinn verbreitet. Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Für all diejenigen, die sich mit der faktischen Realität auseinandersetzen wollen: Die Landesregierung NRW hat auf der Innenminister*innenkonferenz Ende April den Fokus auf die Bewältigung der tatsächlichen derzeitigen Herausforderungen gelegt. Dazu gehört zum Beispiel die bessere Ausstattung von Integrationskursen – das haben wir als regierungstragende Fraktionen mit einem eigenen Antrag zusätzlich unterstützt –, die Finanzierung der Migrationsberatung, der Schutz besonders vulnerabler Gruppen, wie beispielsweise LGBTIQ*, während des Asylverfahrens und der weiteren Integration sowie die Mehrsprachigkeit in deutschen Behörden. Es ist richtig und wichtig, dass die Landesregierung hier langfristig denkt und darauf setzt, frühzeitig die Teilhabe von Geflüchteten anzulegen.

Abschließend noch ein paar grundsätzliche Worte.

Erstens. Ja, die Aufnahme von geflüchteten Menschen ist eine Herausforderung. Unsere Antwort als Demokrat*innen darauf, dass Verfolgte und Schutzsuchende zu uns kommen, sollte aber niemals dazu führen, ihre Rechte einzuschränken. Nordrhein-Westfalen steht zu seiner humanitären Verantwortung. Dazu gehört es auch, Menschen, die auf der Flucht sind, individuellen Schutz zu bieten, und zwar egal, ob sie aus der Ukraine, Afghanistan oder Syrien kommen.

Zweitens. Was die Europäische Union ausmacht, sind unsere demokratischen Grundwerte. Im Bewusstsein unserer Geschichte sind der Art. 16a, das Grundrecht auf Asyl, sowie die Genfer Flüchtlingskonvention für uns unveränderlich. Zu den Grundwerten gehört auch die Freizügigkeit des Personenverkehrs im gemeinsamen Schengenraum. Sie ist ein hohes Gut und Ausdruck des gegenseitigen Vertrauens. Das wollen wir nicht durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zur Disposition gestellt wissen.

Falls es noch nicht klar geworden ist: Den Antrag lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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