Frank Jablonski: „Sie vergeuden hier die Zeit mit sinnlosen Showveranstaltungen“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der "AfD"-Fraktion zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

Portrait Frank Jablonski

Frank Jablonski (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Frau Stullich, sehr geehrte Frau Blumenthal, vielen Dank für Ihre konstruktiven Beiträge.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein wichtiges und zentrales Instrument der freien und unabhängigen Berichterstattung in Deutschland. Eine unabhängige Berichterstattung ist, wie ein Blick auf Länder wie Russland oder Belarus zeigt, für eine funktionierende Demokratie absolut unverzichtbar.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hinter dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen Mitarbeitende, die eine fantastische Recherchearbeit leisten und die Menschen in Nordrhein-Westfalen mit Herzblut informieren, unterhalten und bilden.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

All das muss natürlich finanziert werden. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist selbstverständlich aktuell von Preissteigerungen und einer hohen Inflation betroffen. In welcher Höhe diese Bezahlung durch die Öffentlichkeit, sprich: die Rundfunkgebühren, zu leisten ist, unterliegt nach dem sogenannten Dreistufentest erst dem KEF-Verfahren, also dem Verfahren der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten.

Wie funktioniert dieses KEF-Verfahren eigentlich genau? Zunächst erfolgt die Anmeldung des Finanzbedarfs durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der KEF. Dann erfolgt die Überprüfung durch die KEF, und erst dann erfolgt die Festsetzung des Beitrags durch die Landesparlamente.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Wir befinden uns zurzeit in der Phase der Bedarfsermittlung der Kosten beim WDR und sind damit noch vor dem ersten Schritt in diesem erprobten und bewährten Verfahren. Hier zeigt sich bereits, dass diese Aktuelle Stunde nichts anderes als eine Showveranstaltung der AfD ist.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Sie leitet sich direkt aus der Rundfunkfreiheit ab, die im Grundgesetz festgelegt ist.

Sehr geehrter Herr Präsident, wenn Sie gestatten, zitiere ich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Daraus leitet sich mittelbar und unmittelbar die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in dem beschriebenen Verfahren ab.

Gut, wir wissen, dass Ihre Fraktion nicht dafür bekannt ist, mit dem Grundgesetz unter dem Kopfkissen schlafen zu gehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dass Sie hier aber en passant mal wieder verfassungsrechtliche Grundsätze infrage stellen oder schlicht nicht verstanden haben, spricht leider Bände.

(Beifall von den GRÜNEN)

Selbstverständlich möchte niemand die Bürgerinnen und Bürger übermäßig und in unzumutbarer Weise belasten.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Ganz besonders nicht die Grünen!)

Die Grünen unterstützen die Reformbemühungen der Rundfunkanstalten und damit verbundene mögliche Einsparungen. Unsere Position ist aber sehr klar, dass wir die drei zentralen Kernaufgaben des ÖRR stärken und keinesfalls schwächen werden. Dazu gehören für die Grünen die Stärkung der Demokratie, ein qualitativ hochwertiges Kinder‑ und Jugendprogramm und selbstverständlich der unverzichtbare Kunst‑ und Kulturbereich.

Zum Schluss möchte ich die Gelegenheit nutzen und den Menschen in Nordrhein-Westfalen einen transparenten Einblick in die Arbeitsweise der sogenannten Alternative bieten. Den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, die sich fachkundig und engagiert für die Menschen in NRW einsetzen, werde ich jetzt nichts Neues sagen.

Als ordentliches Mitglied des WDR-Rundfunkrats habe ich an seiner Sitzung am letzten Dienstag, also vorgestern, teilgenommen. Es gab verschiedene Tagesordnungspunkte, die mittelbar und unmittelbar mit der KEF und den Rundfunkgebühren zu tun hatten. Unter anderem gab es einen Bericht des Intendanten Tom Buhrow, der ausführlich über den Reformprozess berichtet hat und dementsprechend ausführlich auf die Ermittlung des Finanzbedarfs des WDR, wie übrigens auch an anderen Stellen schon, eingegangen ist.

Ihre Beteiligung, Ihre Reaktion, Ihre Wortmeldung, Herr Tritschler, als Vertreter der AfD war nicht existent. Es gab sie nicht. Sie haben nichts gesagt. Sie haben sich nicht beteiligt. In anderen Zusammenhängen würde man schlicht von Arbeitsverweigerung sprechen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Sven Werner Tritschler [AfD]: Was haben Sie denn gesagt?)

Das ist kein Einzelfall, das ist bei Ihnen die Regel. Wie häufig oder wie sich Fraktionen oder Gruppen im Rundfunkrat beteiligen, kann jede und jeder in den öffentlich verfügbaren Protokollen des WDR-Rundfunkrats nachlesen.

(Zurufe von der CDU und Sven Werner Tritschler [AfD])

Sie melden sich zu Wort, wenn Sie mal wieder versuchen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Gänze zu diskreditieren. Sie melden sich zu Wort, wenn es mal wieder darum geht,

(Zurufe von Christian Loose [AfD] und der CDU)

Frauen noch nicht einmal in der Sprache gerecht zu behandeln.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Natürlich melden Sie sich zu Wort, wenn es irgendwie gegen Menschen mit Migrationshintergrund geht.

(Zurufe von Sven Werner Tritschler [AfD], Christian Loose [AfD], der CDU und der SPD)

Sie bringen sich nicht konstruktiv im wichtigsten Gremium des WDR zum Thema „Finanzen“ ein. Stattdessen vergeuden Sie hier die Zeit mit sinnlosen Showveranstaltungen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Weitere Zurufe von der AfD)

Ihre Arbeitsweise ist ausschließlich auf Social-Media-Reichweite ausgerichtet. Sie bewirkt gar nichts, und sie ist schlicht unprofessionell.

Herr Tritschler, Sie dürfen zuhören.

Unter anderem deshalb werden Sie auch hier und heute mit Ihrer populistischen Showveranstaltung niemanden, absolut niemanden hinter die Fichte führen. Dafür sind die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu klug. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

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