Eileen Woestmann: „Wir investieren in die Zukunft – in die Zukunft unserer Kinder“

Portrait Eileen Woestmann

Der Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag „Frühkindliche Bildung hat in Nordrhein-Westfalen Priorität“

Eileen Woestmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir sind uns wohl alle einig:

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Nein!)

Familienzentren sind etablierte und gute Errungenschaften für Nordrhein-Westfalen.

Herr Hafke, wenn man sich die Konzeption anschaut, sieht man, dass sich dort die Idee findet, dass Familienzentren in benachteiligten Gebieten entstehen sollen, die von einer unzureichenden Infrastruktur geprägt sind, und dafür sorgen sollen, dass Familien und Kinder gesellschaftlich teilhaben können und Chancengerechtigkeit gefördert wird. Das steht heute schon in der Konzeption von Familienzentren.

Ein weiterer total wichtiger Aspekt von Familienzentren ist die Vernetzung in den Sozialraum. Es geht nämlich darum, dass nicht nur Familien und Kinder davon profitieren, sondern alle Menschen in der Nachbarschaft der Kita.

Wir wissen, dass es in NRW ein breites Angebot von Familienzentren gibt. 30 % der Einrichtungen sind inzwischen als Familienzentren zertifiziert. Wir stellen jetzt fest, dass die Kontingente von den Kommunen nicht mehr so abgerufen werden wie bisher. Man kann also sagen: Der Bedarf ist gedeckt.

(Andrea Busche [SPD]: Der Bedarf ist gedeckt?)

Es ist nur logisch, wenn wir von dem Grundsatz ausgehen, dass die Familienzentren eben in strukturell benachteiligten Sozialräumen entstehen sollen und diese Sozialräume in NRW nicht immer weiter sprungartig anwachsen. In der Zuweisung wird das auch klar; denn die Verteilung der Familienzentren erfolgt anhand eines Sozialindexes und der Entscheidung der Kommunen, wo es Sinn macht, ein Familienzentrum zu installieren.

Aber was machen Familienzentren eigentlich? Es gibt eine sehr große Vielzahl an Angeboten. Es gibt Krav Maga für Kinder, offene Sprechstunden für Eltern, Keramik- und Malkurse, Yoga, Bastelnachmittage und Nachtwanderungen.

(Zuruf von Dr. Dennis Maelzer [SPD])

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es teilweise Familienzentren gibt, in denen nur ein Aufsteller steht, von dem man sich Info-Broschüren mitnehmen kann, and that’s it. Bei uns sind sehr viele Rückmeldungen aus der Praxis eingegangen, denen zufolge es Familienzentren gibt, die mehr brauchen und wo es nicht reicht, nachmittags einzelne Familienberatungsangebote zu etablieren, oder Yoga im Sozialraum angebracht wäre, sondern die Eltern extrem hohen Bedarf haben und die Kinder eine besondere Förderung benötigen.

Wir wissen, dass gerade die Kita der direkte Ansprechpartner für sehr, sehr vielfältige Probleme ist, wenn es in einem Sozialraum schwierig ist, und das von den Erzieherinnen und Erziehern vor Ort nicht mehr geleistet werden kann – zum Beispiel die Unterstützung bei Briefen von und an Behörden; wir alle wissen, dass solche Briefe extrem kompliziert sein können.

Einer weiteren Rückmeldung, die bei uns angekommen ist, zufolge gibt es verschiedene Förderstränge, die, einzeln für sich betrachtet, gut und richtig sind – gar keine Frage –, aber sehr, sehr viel Bürokratie bedeuten und teilweise nebeneinander existieren, sich aber nicht kombinieren lassen. Ein gutes Beispiel dafür sind Sprach-Kitas, plusKITAs und Familienzentren. Wenn wir sie uns einmal anschauen, sehen wir, dass die Konzeptionen sehr ähnlich sind. Alle werden nach einem gewissen Sozialindex eingesetzt, sollen Eltern stärken und Chancengerechtigkeit fördern sowie Mitarbeiter*innen weiterbilden. Das sind alles gute Ansätze – gar keine Frage –; aber sie existieren eben nebeneinander. Außerdem gibt es eine große Herausforderung bei der Beantragung und Zertifizierung; sie ist aufwendig und bedeutet viel Arbeit.

Herr Hafke und ich sind uns wahrscheinlich einig, dass es eine Verbesserung der Familienzentren bedeutete, wenn man zum Beispiel diese drei Institutionen zusammenfassen würde und damit eine höhere Wirkung entfalten könnte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich begrüße daher den Vorstoß der Landesregierung ausdrücklich, jetzt auf den Qualitätsausbau zu setzen. Das zeigt: Die Rückmeldungen aus der Praxis werden ernst genommen. Die Landesregierung steht nicht auf der Stelle, sondern handelt für die Zukunft und mit Blick nach vorne.

Gerade in Zeiten einer angespannten Haushaltslage ist es auch wichtig, dass wir die finanziellen Mittel noch einmal zielgerichteter einsetzen, als wir das gerade schon tun, nämlich anhand von Verteilmechanismen, die tatsächlich dafür sorgen, dass das Geld bei den Familien ankommt, die erhöhte Unterstützung brauchen, und bei den Kindern landet, die tatsächlich vor besonderen Herausforderungen stehen.

Kommen wir zu den Kita-Investitionsmitteln. Ich finde, es ist eine gute Nachricht, dass der Platzausbau voranschreitet, dass viele Kommunen und Träger bauen und investieren. Das ist gut für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für faire Bildungschancen von Kindern. Die neuen Förderrichtlinien wurden dieses Jahr auf Wunsch von Trägern und Kommunen angepasst. Es ist doch eine gute Nachricht, dass sie angenommen werden.

Erstmalig werden die Investitionsmittel nur aus Landesmitteln finanziert, weil der Bund kein neues Förderprogramm aufgelegt hat. Diese 115 Millionen Euro waren bewilligt. Es wurde an die Landesregierung kommuniziert, dass das Geld nicht mehr ausreiche, und diese hat den Bewilligungsbehörden weitere Mittel zur Verfügung gestellt. Das ist eine gute Nachricht.

Ich verstehe das Drama der Opposition, ehrlich gesagt, nicht; denn es ist ein sehr, sehr logisches Handeln: Es werden Gelder eingestellt. Man weiß vorher nicht genau, wie viel abgerufen wird, und kann es auch nicht vorhersagen,

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Ach so!)

weil es, wenn wir ehrlich sind, neben gestiegenen Baukosten und dem Mangel an Handwerkern übrigens auch noch den Fachkräftemangel gibt. Damit geht die Herausforderung einher, dass Kita-Gruppen leer stehen, weil die Fachkräfte fehlen. Deswegen ist es schwierig, von Anfang an eine genaue Summe einzustellen, die es für das Jahr braucht. Das zu tun, ist eine sehr beachtliche Leistung.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Deswegen wurden Mittel eingestellt, und als festgestellt wurde, dass sie nicht ausreichten, wurden weitere Mittel in die Hand genommen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dank Herrn Moor wissen wir inzwischen, wie sich die Opposition Haushaltspolitik vorstellt: dass man Geldsäcke, die irgendwo im Keller liegen, irgendwie rausholen kann, wenn man sie braucht.

(Zurufe von Kirsten Stich [SPD] und Dr. Dennis Maelzer [SPD])

Es tut mir sehr leid, wenn ich jetzt Illusionen zerstöre. So ist es nämlich nicht, sondern ein Haushalt muss bewirtschaftet werden. Insgesamt stellt …

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Frau Woestmann, darf ich Sie kurz unterbrechen? Es gibt eine Wortmeldung des Abgeordnetenkollegen Herrn Hafke. Möchten Sie die Zwischenfrage gestatten?

Eileen Woestmann (GRÜNE): Klar.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Dann haben Sie jetzt das Wort, Herr Hafke.

Marcel Hafke (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Kollegin. Sie haben über die 85 Millionen Euro zusätzlich gesprochen, die Sie an einem Sonntag per Instagram-Kachelkommunikation eingestellt haben. Da Sie sie jetzt noch irgendwo bei den Selbstbewirtschaftungsmitteln aufgetrieben haben, würde mich interessieren: Warum wollten Sie nicht diese 85 Millionen Euro zusätzlich zu den 100 Millionen Euro Überbrückungshilfe investieren?

Eileen Woestmann (GRÜNE): Ich würde vorschlagen, dass Sie diese Frage Frau Ministerin Paul stellen.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Ach so, der Haushaltsgesetzgeber hat damit einfach nichts zu tun! – Zuruf von Jochen Ott [SPD] – Christian Dahm [SPD]: Können wir ja gleich mal machen!)

Mit insgesamt 200 Millionen Euro nimmt das Land so viele Landesmittel für den Kita-Ausbau in die Hand wie in keinem Jahr zuvor. Ich finde, das zeigt den Trägern und den Kommunen, dass die Landesregierung zu ihrem Wort steht und eine verlässliche Partnerin ist.

Eine wichtige Information ist in dem Untergangsgeheule der Opposition leider zu kurz gekommen, nämlich die Information zur NRW.BANK. Ich finde, es ist eine gute Nachricht, dass die NRW.BANK ihr Förderangebot für die kommunalen und freien Träger angepasst hat und damit darlehensfinanzierte Investitionen zu besonders günstigen Zinssätzen getätigt werden können. Gerade in Zeiten angespannter Haushaltslagen ist das ein wichtiges Signal. Wir investieren in die Zukunft – in die Zukunft unserer Kinder.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der Finanzminister hat gestern Eckpunkte vorgestellt und sehr deutlich gemacht, dass es zu Einschnitten kommen wird, die schmerzen, und wir nicht einfach so weitermachen können wie bisher. Aber in unserem Haushalt wird eine klare Priorität auf Kinder und ihre Bildung gesetzt.

(Silvia Gosewinkel [SPD]: Wo denn?)

Es ist wenig überraschend, dass ich als Kinderpolitikerin das gut finde. Ich bin der Landesregierung für diese klare Prioritätensetzung sehr dankbar. Vor allem bin ich dankbar dafür, dass dies in dieser Klarheit auch von den anderen Ressorts mitgetragen wird.

Wir stimmen unserem Antrag zu und lehnen die Anträge von SPD und FDP ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)