Eileen Woestmann: „Starke Eltern bedeuten starke Kinder“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Kindertagesstätten

Portrait Eileen Woestmann

Eileen Woestmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wie lernen Kinder im Vorschulalter? Ich möchte gerne mit diesem kurzen Exkurs starten. Für Kinder ist Bindung extrem wichtig für Bildung. Warum? Weil Bindung und Bildung so etwas wie eine Wippe bilden.

Was ist eigentlich Bindung? Bindung ist eine enge und andauernde Beziehung zwischen Kindern und ihren engsten Bezugspersonen. Dabei ist Bindung nicht gleich Bindung. Vier verschiedene Bindungstypen werden klassifiziert.

Wegen der begrenzten Zeit breche ich es vereinfacht herunter. Man kann sagen, dass davon eine sehr gut ist, zwei okay sind und eine weniger gut ist. Je nachdem, welche Erfahrungen Kinder mit ihren Bezugspersonen machen, werden diese Bindungsmuster klassifiziert.

Damit ein Kind lernen kann, darf das Bindungsverhalten nicht aktiviert sein, es darf also nicht auf der Suche nach Sicherheit sein und nicht das Gefühl haben, dass da niemand ist, sich unsicher fühlen. Bildung ist erst möglich, wenn Bindung vorhanden ist, wenn sich ein Kind sicher fühlt und eine Bezugsperson da ist. Deswegen gibt es die intensiven Eingewöhnungsphasen in den Kitas. Wenn das Bindungssystem ruhig und Bildung möglich ist, dann lernen Kinder von alleine. Sie sind neugierig, wollen von sich aus die Welt entdecken.

Warum stelle ich diesen Aspekt so in den Vordergrund? Weil wir uns bei dem Antrag der FDP erst mal die grundlegende Frage stellen müssen, wie Bildung im Vorschulbereich aussehen soll und was tatsächlich nötig ist, damit Kinder für die Schule fit gemacht werden können.

Ich bin davon überzeugt, dass es für die Kita lebensspezifische Entwicklungsaufgaben gibt, die für die Schule gut sind, aber eben nicht nur für die Schule, sondern auch für das Leben allgemein. Dazu gehören Ausdrucksfähigkeit, Neugierde wecken, Vertrauen schaffen, Selbstvertrauen stärken, Gemeinschaftsfähigkeit lernen, Konzentrationsfähigkeit entwickeln und eine Form von Eigenverantwortlichkeit. All diese Aspekte sind wichtig, um in der Schule anzukommen.

Explizit nicht aufgeführt sind Dinge wie Zahlen- und Lesenlernen usw., weil Kinder unter sechs Jahren allein entwicklungstechnisch nicht in der Lage sind, das zu begreifen. Erst ab dem sechsten Lebensjahr besteht die kognitive Fähigkeit, strategisch zu lernen. Vorher findet Lernen durch Zufall statt, durch Spielen und Ausprobieren.

Es ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass uns die aktuellen Zahlen der IGLU-Studie Sorgen bereiten müssen. Ich würde auch der Aussage zustimmen, dass Kitas in herausfordernden Stadtteilen eine andere Ausstattung brauchen. Deswegen entwickelt die Landesregierung die Familienzentren weiter, auch um dort mehr Sprachförderung anbieten sowie Eltern ganzheitlich unterstützen zu können, denn starke Eltern bedeuten starke Kinder“. Da kann zum Beispiel Kita-Sozialarbeit unterstützen.

Der Einfluss von Kita auf Schule wird seit Jahren auch international erforscht. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich aus kindergarten heute:

„Ein positiver Einfluss des Kindergartens auf die Sprachentwicklung und die ,Schulfähigkeit‘ bzw. die Schulleistungen lässt sich am ehesten unter der Bedingung nachweisen, dass es eine umfassende, am Kind orientierte Unterstützung und Anregung von Bildungsprozessen gibt, die auf eine gezielte Schulvorbereitung sogar ausdrücklich verzichtet.“

Auch zur Dokumentation will ich noch kurz etwas sagen. Es ist ein Thema, das die FDP zu Recht seit Längerem beschäftigt. Nun wurde unter Herrn Stamp ein Forschungsauftrag vergeben, bei dem genau geschaut werden sollte, wie die Bildungs- und Entwicklungsdokumentation in Nordrhein-Westfalen verbessert, vereinfacht und vergleichbar werden kann. Diese Studie wurde 2020 abgeschlossen, und dann ist leider nichts mehr passiert.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Das ist sehr schade, weil wir jetzt sonst vier Jahre weiter wären.

Wie es der Zufall manchmal will, gibt es genau zu diesem Thema heute noch einen Tagesordnungspunkt.

(Zuruf von Frank Müller [SPD])

Das ist der Cliffhanger. Ich würde sagen: Es bleibt spannend. Bleiben Sie dran. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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