Eileen Woestmann: „Die Spielräume in den Kommunen sind eng, und die Herausforderungen sind groß“

Zum Entwurf der FDP-Fraktion für ein Kinderbildungsgesetz - zweite Lesung

Portrait Eileen Woestmann

Eileen Woestmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Das KiBiz ist unglaublich komplex. Je länger man sich damit beschäftigt und je tiefer man darin einsteigt, desto klarer wird einem, dass alles nicht so einfach ist. Deshalb wundert es mich ehrlich, liebe FDP und SPD, dass Sie uns hier eine vermeintlich einfache Lösung vorschlagen, obwohl Ihnen klar sein sollte, dass es so einfach nicht ist.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ich erkläre aber gerne noch einmal, warum wir die Dynamisierung nicht einfach mal eben vorziehen können.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Bis Sie es kapiert haben, sind die Träger pleite!)

Wir bilden – das ist hier auch schon mehrfach benannt worden – eine Verantwortungsgemeinschaft mit den freien Trägern und den Kommunen. Bei der Kita-Finanzierung spielen gerade die Kommunen eine wichtige Rolle.

(Christian Dahm [SPD]: Stimmt!)

Bei den KiBiz-Mitteln handelt es sich um eine kommunale Pflichtaufgabe. Das heißt, dass die Kommunen die Erhöhung der Kindpauschalen mittragen müssen.

(Sven Wolf [SPD]: Denen steht auch das Wasser bis zum Hals!)

Wir haben bereits heute aus verschiedenen Kommunen die klare Rückmeldung, dass die früh bekannt gegebene Erhöhung der Dynamisierungspauschale von 6 auf fast 10 % zwar gut ist, sie aber auch vor Herausforderungen stellt. Eine Aussage der Kommunen wie „Wir schaffen eine vorgezogene Dynamisierung nicht“ müssen wir ernst nehmen. Die kommunalen Haushalte sind zum großen Teil in NRW schon aufgestellt.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Aber die Träger können das leisten?)

Die Spielräume in den Kommunen sind eng, und die Herausforderungen sind groß.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das Vorziehen der Dynamisierung von August auf Januar ist daher etwas, was wir zwingend mit den anderen Partner*innen der Verantwortungsgemeinschaft besprechen müssen. Dazu gehören die Kommunen.

Wenn wir hier und heute diesen Gesetzentwurf der FDP für das KiBiz beschließen, können wir nicht mehr von einem Miteinander sprechen. Dann übergehen wir die Kommunen. Das entspricht nicht unserem Anspruch und unserem Vorgehen als regierungstragende Fraktion.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Landesregierung und wir als Haushaltsgesetzgeber übernehmen durch die Überbrückungshilfe für die freien Träger unseren Anteil der Verantwortung in dieser Verantwortungsgemeinschaft. Das ist übrigens kein Einzelfall; denn die Verantwortung haben wir auch schon vor ungefähr einem Jahr übernommen, als es um die extremen Steigerungen der Energiekosten ging.

Kinder und Familien haben eine klare Priorität in unserem Haushalt 2024. Das Verstetigen der Alltagshelfer*innen und die Sprach-Kitas wurden möglich, weil andere Ministerien sich dazu bekannt haben, dass Bildung und damit verbunden auch die frühkindliche Bildung wichtig sind.

Nun kann man immer kritisieren, dass es zu wenig ist. Aber es muss uns allen klar sein, dass die Alternative nicht mehr Geld gewesen wäre, sondern weniger. Natürlich kann man jetzt auch anfangen, den einen Bereich gegen den anderen auszuspielen, was ich aber nicht für zielführend halte. Anderes müssen wir trotzdem machen.

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 6. September 2023 den Kollegen Lürbke von der FDP:

Während man in das Familien- und Bildungsressort weiter investieren würde, lasse man die Polizei im Landeshaushalt im Regen stehen.

Deutlicher kann man die Position der FDP eigentlich nicht machen.

Ehrlicherweise muss man auch sagen: Mit der FDP hätten wir wahrscheinlich keine Sprach-Kitas, keine Kita-Helfer*innen und auch keine Verstetigung. Wir hätten weniger Geld für Kitas in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Fakt ist, dass es Handlungsbedarf im KiBiz gibt, was die Finanzierungssystematik anbelangt. Und das wissen wir. In der letzten KiBiz-Reform ist es nicht gelungen, das KiBiz krisenfest zu machen.

Ich befinde mich in ständigem Austausch mit Akteur*innen der frühkindlichen Bildung. Es geht darum, eine echte Veränderung zu erzielen. Und dieser Prozess braucht Zeit.

Natürlich werden dabei auch die Ergebnisse der KiBiz-Evaluation eine Rolle spielen, die wichtige Hinweise auf die Finanzierungssystematik aufzeigen werden. Ich glaube, man muss keine Hellseherin sein, um ahnen zu können, dass diese Ergebnisse nicht besagen werden, dass alles super ist.

Einen Punkt möchte ich aber noch festhalten. Meine Darstellung hier zu dem Gesetzentwurf ist in keinerlei Weise eine Abwertung oder eine Missachtung der wichtigen Arbeit der Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen. Meine Haltung ist hier sehr klar: Die in den Kitas geleistete Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit ist unverzichtbar. Sie ist wertzuschätzen und gesellschaftlich anzuerkennen.

Wir hören die Rufe aus der Praxis, wir sehen die Protestaktionen und die Demonstrationen,

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

und wir sind unermüdlich in Gesprächen mit den Menschen aus der Praxis.

Zu einer ehrlichen Auseinandersetzung gehört aber auch, das große Ganze zu betrachten und eine vermeintlich einfache Lösung auf die Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Wir werden deswegen den Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Klaus Voussem [CDU])

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