Eileen Woestmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Vor einigen Monaten konnte ich eine Sprach-Kita bei mir im Wahlkreis besuchen. Schon am Eingang wurde deutlich: Hier steht das Ins-Gespräch-Kommen mit den Kindern im Vordergrund.
Überall in der Kita gibt es auf Kinderaugenhöhe kleine Bilder – Tiere, Obst, Gemüse, kleine Piraten, also all die Dinge, die Kinder entdecken können und sie dazu animieren, zu sprechen. Denn Sprache ist nichts, was man durch das klassische Lernen lernt. Man lernt Sprache durch das Wiederholen und vor allem das Machen.
Liebe FDP, die von Ihnen zitierten Zahlen geben tatsächlich allen Grund zur Sorge. Genau deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute über das Thema „Sprachförderung“ sprechen.
Dass in NRW zu diesem Thema noch nichts passiert, ist aber schlicht nicht richtig. Das zeigt auch mein Besuch in dieser Sprach-Kita. Seit diesem Jahr hat das Land NRW die Förderung vom Bund übernommen. Diese und die plusKITAs sind genau die Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, in denen die besondere Förderung von Kindern gerade mit Blick auf Sprache im Fokus steht.
Fest steht aber eben auch, dass es für Kinder umso schwieriger ist, ins Sprechen zu kommen, wenn mit ihnen in ihren Elternhäusern nicht gesprochen wird, das Erlernen von Sprache nicht gefördert oder kindgerecht vermittelt wird.
Spannenderweise wird der Aspekt der Mehrsprachigkeit von Kindern von Ihrer Seite gar nicht aufgegriffen. Denn eigentlich haben Kinder große Vorteile, wenn sie mit mehr als einer Sprache aufwachsen dürfen.
(Franziska Müller-Rech [FDP]: Das sehen wir auch so!)
Wenn es dabei um Englisch, Spanisch oder Französisch geht, dann finden wir alle das auch ganz wunderbar. Aber anders gestaltet sich das Ganze, wenn es um Sprachen wie Türkisch oder Arabisch geht; dann wird das Ganze schnell kritisch gesehen.
(Franziska Müller-Rech [FDP]: Von wem denn?)
Dabei können Kinder erwiesenermaßen mehrere Sprachen gleichzeitig sicher erlernen. Wichtig ist aber, dass es Räume gibt, in denen diese Sprachen auch gesprochen werden. Das ist für viele Kinder die Kita oder es sind die Tageseltern.
Gerade in jungen Jahren werden wichtige Grundsteine für die weitere Entwicklung gelegt. Dazu gehört selbstredend auch die Entwicklung der Sprache und natürlich auch das Verständnis von Worten. Genau deshalb ist es wichtig, dass es Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung in NRW gibt.
(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])
Dennoch dürfen auch die Familie und das sonstige Umfeld des Kindes nicht aus dem Blick verloren werden. Familie ist da, wo das Kind aufwächst. Eltern zu empowern, dass sie niederschwellige Angebote annehmen – all das passiert in den vielen Familienzentren im Land.
(Franziska Müller-Rech [FDP]: Und was macht die Landesregierung?)
Am Ende geht es dann doch darum, einen ganzheitlichen Blick auf Kinder und ihre Familien zu werfen.
Es gibt auch weitere Akteur*innen in den Kitas, die mit dazu beitragen, dass Kinder spielerisch sprechen lernen. Ich möchte dabei das Programm „Kita und Musikschule“ nennen. Dabei können Musikschulen eine Kooperation mit einer Kindertagesstätte eingehen. Es kommen ausgebildete Musikpädagoginnen in die Einrichtungen und bieten verschiedene Module an, um den Kindern und auch den Fachkräften Musik näher zu bringen, denn auch durch Musik wird Sprache gefördert.
Es gibt also schon sehr viele Angebote im frühkindlichen Bereich, die Kinder abholen und sprachliche Fähigkeiten stärken. Schwierig wird es allerdings, wenn Kinder keine Einrichtung der frühkindlichen Bildung besuchen und so mögliche Defizite nicht wahrgenommen werden. Genau deshalb ist es wichtig, dass Kinderärzte, Frühförderzentren, Logopäd*innen usw. Hand in Hand arbeiten, denn eigentlich dürfen Sprachdefizite nicht erst bei der Schuleingangsuntersuchung oder nach der Einschulung festgestellt werden.
(Franziska Müller-Rech [FDP]: Richtig! – Marcel Hafke [FDP]: Warum sagt Frau Feller das dann? Darauf haben Sie keine Antwort!)
Bei den regelmäßigen U-Untersuchungen ist – insbesondere ab der U7 – die sprachliche Entwicklung immer wieder Thema.
(Marcel Hafke [FDP]: Hat man nicht aufgeschrieben!)
Am Ende geht es auch hier nur gemeinsam und nicht gegeneinander.
Unserer Landesregierung vorzuwerfen, dass das Schulministerium und das Familienministerium nicht zusammenarbeiteten, ist ausgesprochen spannend. Man hört aus der Landschaft doch immer wieder, dass es bemerkenswert sei, wie eng Schul- und Familienministerium aktuell zusammenarbeiteten. Das sei in der vergangenen Legislatur nicht der Fall gewesen, dabei waren damals beide Ministerien in FDP-Hand, oder nicht?
Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, wenn ich Sie an dieser Stelle unterbrechen darf: Es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage von der Kollegin Gosewinkel. Würden Sie die zulassen?
Eileen Woestmann (GRÜNE): Ja.
Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte.
Silvia Gosewinkel (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Woestmann, ich habe eine Zwischenfrage. Sie sagten gerade, es müssten alle Hand in Hand arbeiten und Sie hätten sich das auch in einer Sprach-Kita vor Ort angeschaut. Haben Sie auch den Eindruck gehabt, dass es Hand in Hand funktioniert oder das von den Erziehern rückgemeldet bekommen?
Die Zusammenarbeit mit den Kinderärzten, zum Beispiel die U7a, bei der bereits der Sprachentwicklungsstand eines Zweijährigen überprüft wird … Was haben Ihnen die Erzieherinnen zurückgemeldet dazu, wie schnell ein Kind sprachlich dann weiter gefördert wird oder auch in eine logopädische Therapie überwiesen wird?
Eileen Woestmann (GRÜNE): Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass im Land sehr große Unterschiede bestehen. Es gibt Kinderärzte und Kinderärztinnen, die sehr eng mit Kitas zusammenarbeiten und natürlich auch das Gegenbeispiel.
(Marcel Hafke [FDP]: Dürfen sie teilweise gar nicht wegen Datenschutz!)
Es ist wohl bekannt, dass es zu wenige Logopädie-Plätze gibt und dass auch da noch ein Entwicklungsbedarf vorliegt. Aber ich glaube, wenn sozialräumlich gedacht wird und auch Kinderärzt*innen mit in den sozialräumlichen Aspekt aufgenommen werden, dass dann tatsächlich eine gute Zusammenarbeit stattfindet. Zumindest habe ich das in meiner pädagogischen Arbeit so erfahren – nicht immer, aber immer wieder.
Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung im Fachausschuss. – Herzlichen Dank.