Dr. Volkhard Wille: „Zu informieren und die Imker zu beraten, ist Aufgabe der Landwirtschaftskammer“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Asiatischen Hornisse

Portrait Dr. Volkhard Wille

Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion mit dem Thema „Für Bienen und Biodiversität – dringende Maßnahmen zum Umgang mit der Asiatischen Hornisse ergreifen“ möchte ich zuerst in einen größeren Zusammenhang einordnen. Er greift ein Thema auf, das mir sowohl in meiner Funktion als naturschutzpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion als auch persönlich als Freilandbiologe am Herzen liegt.

Nicht nur die Asiatische Hornisse, auch die Tigermücke, verschiedene Zeckenarten, Wasserorganismen wie Flussmuscheln, aber auch Säugetiere wie der Marderhund und der Goldschakal verändern ihr Verbreitungsgebiet, erobern neue Lebensräume und stellen Ökosysteme zunehmend vor große Herausforderungen, da für die heimische Artengemeinschaft oft nicht genügend Zeit besteht, sich auf diese invasiven Arten einzustellen.

Neben der fortschreitenden Klimakrise sind auch die globalen Warenströme ein Motor für das Einschleppen von sogenannten invasiven Arten. Das gab es auch schon im Mittelalter zum Beispiel durch Handelskarawanen, hat sich aber durch die globale Mobilität extrem beschleunigt.

Umso wichtiger ist es, einerseits unsere wenigen noch intakten Lebensräume bestmöglich zu schützen und andererseits bereits geschädigte Ökosysteme wie etwa unsere Fluss- und Auensysteme, Moore, Wälder und Wiesen wieder in einen besseren Zustand zu bringen.

Denn bei allen Unsicherheiten und noch großem Forschungsbedarf ist eines in den Augen der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft klar: Intakte Ökosysteme sind widerstandsfähiger. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass einmal etablierte Neozoen bzw. Neophyten nicht mehr auszurotten sind. Nur in seltenen Fällen und in einem sehr frühen Stadium der Verbreitung lassen sich neue Arten vollständig eliminieren.

Daher wird es in Zukunft regelmäßig um die vorbeugende Anpassung an diese neuen Arten gehen, indem man sich durch Aufklärung auf die neuen Risiken einstellt, auch auf die der Asiatischen Hornisse.

Nun konkret zu dieser Art: Die Asiatische Hornisse wurde 2004 aus Ostchina nach Südfrankreich eingeschleppt. In Deutschland ist sie seit 2014 vor allem im Westen und Süden verbreitet, insbesondere in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Sie breitet sich aber mit hoher Geschwindigkeit aus, und in Nordrhein-Westfalen steht sie kurz vor einer flächendeckenden Verbreitung.

Wie die heimische Europäische Hornisse stellt auch die Asiatische Hornisse eine potenzielle Bedrohung für heimische Insektenarten und die Honigbiene dar. Als opportunistischer Allesfresser kann sie an Bienenstöcken punktuell zu einem großen Problem werden.

In den Ländern, in denen sich die Asiatische Hornisse bereits etabliert hat, ist jedoch kein Rückgang von Imkereibetrieben im Zusammenhang mit der Asiatischen Hornisse erkennbar. Zunehmend entwickeln Imkereibetriebe erfolgreiche Abwehrmaßnahmen gegen die Asiatische Hornisse, indem zum Beispiel Bienenstöcke durch engmaschige Gitter geschützt werden, durch die nur die Bienen und nicht die Hornissen kommen. Darüber zu informieren und die Imker zu beraten, ist Aufgabe der Landwirtschaftskammer. Hilfe zur Selbsthilfe ist der entscheidende Ansatz.

Die Asiatische Hornisse ist schwer zu bekämpfen, da sie sich in unterschiedlichen Lebensräumen ansiedelt und ihre Nester dort schwer bis praktisch gar nicht zu finden sind. Besonders die Sekundärnester liegen oft hoch in den Baumkronen und werden daher meistens erst sichtbar, wenn im Herbst das Laub fällt.

In NRW und anderen Bundesländern haben Kreise und kreisfreie Städte teils aufwendige Bekämpfungen durchgeführt, um die Hornissennester per Hubsteiger zu entfernen und mit sogenannten Lanzen chemisch zu bekämpfen. Das konnte aber die weitere Verbreitung nicht stoppen, wie in allen anderen Ländern auch.

(Zuruf von Julia Kahle-Hausmann [SPD])

Vorschläge, die den Einsatz von immer mehr und spezifischen Insektiziden fordern, greifen in der Regel zu kurz, da sie nicht die Ursache erkennen und bekämpfen, sondern nur an Symptomen laborieren und so unter Umständen neue Probleme geschaffen werden.

(Beifall von Dr. Gregor Kaiser [GRÜNE])

Stattdessen brauchen wir Fachwissen und einen aktuellen Überblick über die Verbreitung unserer Arten. Um möglichst frühzeitig das Einwanderungsgeschehen von Arten überhaupt erkennen zu können, braucht es ein gutes Biomonitoring und Fachwissen, um Arten zu erkennen und ihre Lebensweise zu verstehen. Daher wird eine Verstärkung der bestehenden wissenschaftlichen Einrichtungen wie des Museums Koenig in Bonn, des Entomologischen Vereins Krefeld und des LANUV unumgänglich sein.

Ähnlich wie die Europäische Hornisse wird die Asiatische Hornisse künftig dort bekämpft, wo es zu Konflikten kommt. Für die streng geschützte Europäische Hornisse ist dafür eine Ausnahmegenehmigung erforderlich, für die Asiatische Hornisse nicht. Die Bekämpfung erfolgt dann jeweils durch die Betroffenen vor Ort.

Die Fraktion der SPD verfolgt mit dem Antrag das Ziel, die Asiatische Hornisse in Nordrhein-Westfalen weiterhin aufwendig zu bekämpfen und diese Bekämpfung vorrangig durch die öffentliche Hand zu finanzieren. Das halte ich für ein aussichtsloses Unterfangen und damit den falschen Weg.

(Zuruf von Julia Kahle-Hausmann [SPD])

Ich freue mich aber über die fachliche Diskussion im Ausschuss. Wir stimmen der Überweisung dorthin selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

Mehr zum Thema

Naturschutz