Dr. Volkhard Wille: „Zentrale Herausforderung für die Zukunft ist die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft im Bausektor“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Rohstoffabgabe

Portrait Dr. Volkhard Wille

Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir am 16. Juni dieses Jahres einen sehr ähnlichen Antrag der FDP behandelt und nachfolgend auch im Rahmen einer Expertenanhörung diskutiert haben, erstaunt der erneute, inhaltlich weitgehend gleiche FDP-Antrag ohne neue Sachlage.

Zentrale Herausforderung für die Zukunft ist die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Die Klima- und Nachhaltigkeitsziele können nur so erreicht werden. Andere Länder wie zum Beispiel Großbritannien und die Niederlande sind da schon weiter. Wenn NRW nicht schnell die richtigen Weichenstellungen vornimmt, werden innovative Recyclingunternehmen und Baufirmen, die mit Rezyklaten bauen, an anderer Stelle entstehen.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Bei der Anhörung im Sommer haben vier von sechs Experten die geplante Rohstoffabgabe begrüßt. Sie sei ein Innovationsmotor, der die Rahmenbedingungen für die eben genannten innovativen Unternehmen verbessere.

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2021 laut IT.NRW rund 58 Millionen Tonnen Kies, Sand und Ton gefördert. Diese Zahl hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht geändert.

Gleichzeitig wurden aber neue Methoden des Recyclings entwickelt. Man könnte die Aufarbeitung von mineralischen Abfällen zu hochwertigen Baustoffen stark erhöhen. Der Bedarf an Primärrohstoffen würde dann deutlich sinken.

Man könnte! Aber bisher werden diese Potenziale nicht genutzt, wie man am gleichbleibend hohen Verbrauch von Kies und Sand erkennt. Dies zeigt, dass der Markt eben nicht alles allein regelt, sondern dass es manchmal auch ordnungspolitischer Maßnahmen oder Preissignale bedarf.

Mit Förderung des Landes NRW wurden von innovativen Unternehmen in den vergangenen Jahren neue technische Verfahren wie das Nassrecycling entwickelt, das einen wesentlich höheren Prozentsatz des anfallenden Bauschutts zu hochwertigen Baustoffen aufarbeiten kann. Europas größte Bauschuttrecyclinganlage, die dieses Jahr den Regelbetrieb aufgenommen hat, steht mitten in NRW, in Hünxe. Was für eine Riesenchance!

Nun zum FDP-Antrag: Ohne nähere Informationen zur Ausgestaltung der geplanten Rohstoffabgabe zu haben, wurde dieser Antrag offenkundig aufgrund von Vermutungen geschrieben. Das Schreckgespenst, dass durch eine Rohstoffabgabe auf Sand und Kies das Bauen verteuert würde, ist schlicht unzutreffend und falsch. Sie segeln hier unter falscher Flagge.

(Beifall von den GRÜNEN und Thomas Okos [CDU])

Ich möchte das auch noch näher benennen. Die derzeitigen Probleme im Bausektor haben nämlich andere Ursachen – logisch; denn die Abgabe gibt es noch gar nicht.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Der Kostenanteil von Sand und Kies zum Beispiel an den Kosten eines Einfamilienhauses beläuft sich auf wenige Hundert Euro.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Das ist ein so kleiner Anteil der Gesamtkosten, dass das nicht für die Probleme im Bausektor verantwortlich sein kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Allerwichtigste ist aber: Nahezu jeder Bauherr hat die Möglichkeit, durch die Verwendung von Rezyklaten sogar günstiger zu bauen als bei der Verwendung von Primärrohstoff.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das sollten Sie mal in den Landesbetrieb einbinden!)

Warum soll es nicht möglich sein, Rezyklate zu verwenden und nicht Sand und Kies, wenn man ein Kellerfundament gießt?

(Dietmar Brockes [FDP]: Sagen Sie das dem BLB doch mal! – Weitere Zurufe)

Natürlich kann auch in Zukunft noch mit den Primärrohstoffen Sand und Kies gebaut werden – die Angebote sind ja da –, aber dann hoffentlich nur noch für den absolut notwendigen Anteil, der nicht durch Rezyklate gedeckt werden kann, und mit Kostenwahrheit dahin gehend, dass der Produktpreis die wahren Kosten für Mensch und Umwelt abbildet.

Klar ist, dass die Anpassung einiger technischer und formaler Vorschriften notwendig ist, um dem Einsatz von Rezyklaten auf breiter Front zum Durchbruch zu verhelfen. Dies ist teilweise schon erfolgt. Wir werden das konsequent fortsetzen. Weiteres wie zum Beispiel die Definition des Endes der Abfalleigenschaft im Bundesrecht – der Kollege hat vorhin darauf Bezug genommen – ist in Vorbereitung.

Die bisherigen Rahmenbedingungen haben nicht ausgereicht, den Switch zum zirkulären Bauen zu erreichen. Mit dem marktwirtschaftlichen Instrument dieser Umweltlenkungsabgabe folgen wir den Forderungen aus Wissenschaft und Gesellschaft und ergänzen das Instrumentarium von Ordnungsrecht und Förderprogrammen.

Erst der kluge Mix dieser Instrumente führt zum Erfolg. So verleihen wir dem aus der Sicht des Gemeinwohls dringend notwendigen Ressourcenschutz stärkeres Gewicht und ermöglichen dem NRW-Bausektor einen innovativen Sprung, der sich in vielerlei Hinsicht auswirken wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dies kann zum Beispiel im Sinne der Förderung von Pilotprojekten auch aus den Einnahmen dieser Abgabe erfolgen.

Ihr Antrag wirkt dagegen gedankenlos. Zu dem im Titel erwähnten smarten Rohstoffmanagement findet sich im Antrag nichts Konkretes. Da war der erste Antrag von Juni schon besser. Das ist unverantwortlich gegenüber den folgenden Generationen. Wir werden den Antrag daher ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mehr zum Thema

Naturschutz