Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst vielleicht einige grundsätzliche Anmerkungen zum Thema „Kreislaufwirtschaft“. Eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft muss den Prinzipien der Nachhaltigkeit entsprechen. Nachhaltigkeit zielt darauf ab, die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden. Das umfasst ökologische, ökonomische und soziale Dimensionen und erfordert einen verantwortungsvollen Umgang mit den endlichen Ressourcen der Erde.
Deshalb ist die Kreislaufwirtschaft zentral, um Ressourcen effizienter zu nutzen, Emissionen zu reduzieren und Abfälle zu minimieren. All unsere Klima- und Nachhaltigkeitsziele lassen sich nur erreichen, wenn der Umbau zur Kreislaufwirtschaft gelingt. Deshalb ist es wichtig, dass der Staat hier langfristig angelegte Politik betreibt und allen Akteuren damit Planungssicherheit gibt.
Auch sind Kreislaufwirtschaft und Rohstoffeffizienz Teil einer Branche mit erheblichem Wachstumspotenzial. Die GreenTech-Branche hat laut einer Studie des Consulting-Unternehmens Roland Berger 2020 weltweit erstmals die Marke von 4 Billionen Euro Umsatz überschritten, und bis 2030 wird mit einem Wachstum auf rund 9,4 Billionen Euro gerechnet.
Laut Umweltwirtschaftsbericht NRW werden 2030 rund 800.000 Personen in NRW in der Umweltwirtschaft beschäftigt sein. Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft haben daran einen wichtigen Anteil. Die Chance, an einem so großen Wachstumsmarkt teilzuhaben, innovative Produkte in NRW zu entwickeln und damit Arbeitsplätze zu sichern, parallel Umweltzerstörung und den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren und langfristig sogar ganz zu verhindern, muss genutzt werden.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Insbesondere der Bausektor hat enorme Potenziale, die gehoben werden können. Einerseits sind große Mengen an Rohstoffen in Gebäuden verbaut, die beim Abbruch aufbereitet und erneut genutzt werden müssen. Gleichzeitig steckt in Bauwerken sogenannte graue Energie, die bei der Herstellung von Baumaterialien und beim Bau verbraucht wurde. Diese gilt es zu erhalten.
Darum muss eine Nachhaltigkeitsstrategie im Bausektor auch an der Herausforderung arbeiten, wie der Lebenszyklus von bereits bestehenden Gebäuden verlängert werden kann. Der Ansatz lautet: alten Gebäuden neues Leben einhauchen. Dazu ist eine umfassende Strategie erforderlich. Solch eine Strategie sehe ich aber nicht im vorliegenden Antrag. Eine reine Fokussierung auf die Kommunen ist zu kurz gedacht, denn wir müssen alle staatlichen Ebenen zusammen mit Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen.
Die Europäische Union will bis 2050 eine kreislauforientierte und klimaneutrale Wirtschaft aufbauen. Um dies zu erreichen, hat die EU in den letzten Jahren viele neue Maßnahmen eingeführt, um Abfall zu reduzieren und Produkte nachhaltiger zu machen. Neue oder aktualisierte Rechtsvorschriften betreffen Ökodesign, Verpackungen, das Recht auf Reparatur, Abfallbewirtschaftung und andere wichtige Bereiche.
Ein erster Entwurf der Kreislaufwirtschaftsstrategie des Bundes liegt seit diesem Sommer vor. Auf dieser Grundlage mit den notwendigen landesspezifischen Anpassungen müssen wir hier auf Landesebene weiterarbeiten. So können wir, abgestimmt mit dem Bund, die notwendigen gesetzlichen Änderungen vornehmen, möglicherweise auch Anpassungen in Förderprogrammen, um die strategisch umwelttechnisch und klimatisch wichtigsten Vorhaben gezielt zu fördern und so die Entwicklung zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft auch im Bausektor zu beschleunigen. Es lohnt sich, in eine sorgfältig abgestimmte Strategie zu investieren, um einen breiten und nachhaltigen Konsens zu schaffen.
Konkret für NRW: Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie zielt in vielen Bereichen auf die Unterstützung von innovativen Geschäftsmodellen, entlang vor Wertschöpfungsketten und damit auf eine zentrale Stärke der NRW-Industrie, insbesondere im Kontext der Kooperation mit Belgien und den Niederlanden.
Nordrhein-Westfalen fördert die Kreislaufwirtschaft durch sieben innovative Projekte mit insgesamt 16 Millionen Euro von Land und EU. Diese Projekte zielen darauf ab, Produkte und Materialien länger zu nutzen, Abfall zu reduzieren und ressourcenschonende Geschäftsmodelle zu entwickeln. Darauf können wir aufbauen. Außerdem wurde durch zahlreiche Erlasse der Einsatz von Recyclaten erleichtert, zum Beispiel durch Neufassung von Ausschreibungsregelungen. Kollegin Peill hat eben darauf hingewiesen. Weitere Instrumente wie zum Beispiel die Rohstoffabgabe auf Sand und Kies und die Frage von Deponiegebühren sind weiter in der Diskussion.
Der SPD-Antrag fordert im Wesentlichen ein Maßnahmen- und Förderprogramm zur Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsprinzips auf kommunaler Ebene, wirft aber verschiedene Ebenen, Zeitabläufe und Zielsetzungen bunt durcheinander.
Die Landesregierung wird kritisiert, weil die Landeskreislaufwirtschaftsstrategie noch nicht da ist, die für Ende 2024 angekündigt ist. Es war aber auch immer klar, dass sie erst erarbeitet werden kann, wenn die Kreislaufwirtschaftsstrategie des Bundes fertig ist. Die liegt im Moment leider noch nicht vor. Daher geht die Kritik daran, dass wir auf Landesebene noch nicht so weit sind, aus meiner Sicht ein bisschen fehl.
(René Schneider [SPD]: Aber Anfang 2025 kommt sie dann oder wie?)
Gerade für Unternehmen ist es nämlich wichtig, dass das bei EU, Bund und Land Hand in Hand geht und nicht unterschiedliche Regelungen alles wieder sehr erschweren. Daher ist der Antrag eine gute Grundlage, um im Fachausschuss weiter zu diskutieren. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)