Dr. Ruth Seidl: „Wir wollen das Prinzip „Grundgehalt, feste Funktionsleistungsbezüge und variable Leistungsanteile“ nicht aufweichen.“

Antrag der Piraten zur Bezahlung von Hochschulrektoren

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die öffentliche Diskussion über Managergehälter in der Wirtschaft wird in dieser Gesellschaft sehr intensiv geführt. Es ist in der Tat ein Problem, wenn Führungskräfte von Organisationen oder Unternehmen extrem hohe Gehälter oder Sonderzahlungen erhalten, die jeden realistischen Bezug vermissen lassen.
Nun sind unsere Präsidentinnen und Präsidenten sowie auch die Kanzlerinnen und Kanzler an den Hochschulen keine Unternehmensvorsitzenden. Anders als in der freien Wirtschaft können die Hochschulen nicht unendlich tief in die Tasche greifen – und sie dürfen es auch nicht. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff „Selbstbedienungsladen Hochschule“, Herr Paul, in Ihrem Antrag nicht nur, wie ich finde, despektierlich, sondern auch vollkommen deplatziert.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Der Kollege Schultheis hat es eben ausgeführt: Die Bezüge der hauptberuflichen Hochschulleitungen bestehen zum einen aus dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe W3; das waren in 2012 rund 5.280 €. Dazu kommen feste Funktionsleistungsbezüge, deren Höhe zwischen 12 und 52 % des Grundgehaltes der Besoldungsgruppe W3 liegt. Diese richten sich nach der Größe der jeweiligen Hochschule und nach den damit zu erfüllenden Aufgaben. Diese festen Leistungszulagen sind aber auch in der Hochschulleistungsbezügeverordnung geregelt, also auch transparent abrufbar.
Wenn wir Grundgehalt und feste Leistungsbezüge zusammenrechnen, sprechen wir – nur um noch einmal die Größenordnung deutlich zu machen – über Gesamtbezüge von unter 100.000 € im Jahr.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Weniger als ein Abgeordneter!)
Dazu muss man wissen: Mit Einführung der W-Besoldung im Jahr 2005 sind die Grundgehälter der Präsidentinnen und Präsidenten sowie auch der Kanzlerinnen und Kanzler deutlich gesunken. Was jetzt mit zwölf bis 52 % an Zulagen nach viel klingt, ist eigentlich nichts anderes als ein Ausgleich des gekürzten Grundgehaltes. Die Kanzlerinnen und Kanzler haben 2012 gegenüber der alten Regelung im Durchschnitt sogar 2.000 € im Jahr weniger erhalten.
Genau vor diesem Hintergrund müssen wir die von Ihnen thematisierten, jetzt variablen Funktionsleistungsbezüge einordnen. Diese können für die Anwerbung von Präsidiumsmitgliedern aus anderen Bundesländern – also für die Akquirierung von Hochschulleitungen – sowie für die sogenannten Bleibeverhandlungen zusätzlich gezahlt werden. Außerdem können sie von der Erreichung vereinbarter Ziele oder von der Wiederwahl abhängig gemacht werden. Es ist klar: Wenn jemand neu kommt, wird auch wieder neu verhandelt.
Tatsächlich sind diese variablen Funktionsleistungsbezüge in den Jahren 2005 bis 2012 deutlich gestiegen, bei den Rektorinnen an den Universitäten im Durchschnitt jährlich um 37.500 € und an den Fachhochschulen um rund 14.600 €. Verglichen mit der B-Besoldung entspricht dies durchweg einer Steigerung um vier bis fünf Besoldungsgruppen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es richtig, dass das Ministerium derzeit die Verhältnismäßigkeit der Gehaltsentwicklung auch mit Blick auf die vergleichbaren Positionen im öffentlichen Dienst prüft.
Im Übrigen wissen Sie: Wir diskutieren – im Rahmen des neuen Gesetzes – auch darüber, ob das Wissenschaftsministerium künftig wieder oberste Dienstbehörde und Dienstvorgesetzter der hauptberuflichen Präsidiumsmitglieder werden soll. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Hamburgischen Hochschulgesetz ist dies unter Umständen sogar zwingend notwendig. Das bedeutet dann, dass die Bemessung und die Gewährung der Funktionsleistungszulagen der Präsidentinnen und Präsidenten zukünftig wieder durch das Land erfolgen, womit dann auch wieder ein ganzes Stück weit mehr Transparenz gegeben wäre.
Insofern sehe ich die Forderung in Ihrem Antrag, liebe Piratenfraktion, heute als obsolet an. Ich möchte aber gerne noch einmal daran erinnern, dass mit Einführung der W-Besoldung die Grundgehälter der Professorinnen und Professoren an unseren Hochschulen deutlich gesunken sind und wir uns in allen Ländern – auch in Nordrhein-Westfalen – klar für eine leistungsorientierte Besoldung ausgesprochen haben.
Wir wollen das Prinzip „Grundgehalt, feste Funktionsleistungsbezüge und variable Leistungsanteile“ nicht aufweichen. Dies würde der bestehenden Vielfalt und auch den Zielsetzungen der unterschiedlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen nicht gerecht. Vor diesem Hintergrund lehnen wir Ihren Antrag schon einmal ab, stimmen aber der Überweisung und der Diskussion im Wissenschaftsausschuss zu. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)