Dr. Ruth Seidl: „Nordrhein-Westfalen ist ein begehrtes Studienziel für junge Menschen aus allen Bundesländern und zahlreichen Staaten der Welt“

Landeshaushalt 2017 - Wissenschaft und Forschung

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Freimuth, auch ich möchte heute Abend noch einige Zahlen nennen; Sie haben schon einige angeführt.
Erstens. Mit 70 Hochschulen, 59 außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, sechs Universitätskliniken, zwölf Studierendenwerken, mit über 763.000 Studierenden und 136.000 Beschäftigten verfügt NRW über eine große und vielfältige Wissenschaftslandschaft. Diese finanziell angemessen auszustatten, ist in der Tat eine riesige Herausforderung.
Wenn wir uns aber die aktuellen Zahlen ansehen, dann zeigt sich, dass es uns gelungen ist, den Wissenschaftsetat innerhalb von sechs Jahren fast zu verdoppeln. Im kommenden Jahr erreicht der Wissenschaftshaushalt einen Rekordwert von 8,4 Milliarden €, und – Herr Berger hat es schon in der letzten Debatte gesagt – an diesen Zahlen kommt man wohl nicht vorbei. Denn Zahlen lügen nicht; das habe ich noch im Ohr.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Genau! Zahlen lügen nicht!)
Frau Freimuth – auch das möchte ich Ihnen heute noch mal mitgeben –, 8,4 Milliarden € entsprechen fast einer Verdoppelung des Wissenschaftshaushaltes innerhalb von sechs Jahren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Davon sind mit den Hochschulmitteln 1,6 Milliarden € Landesmittel, die wir hier in dieser Zeit investiert haben. NRW hat in diesem Zusammenhang auch gut verhandelt; denn sonst hätten wir eine solche Summe nicht erreicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zweitens. Neben der geplanten Steigerung um 174 Millionen € konnten die Koalitionsfraktionen noch einmal 5,6 Millionen € zusätzlich einspeisen, um besondere Schwerpunkte zu realisieren. Dazu gehört die institutionelle Förderung der drei Wasserinstitute der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft, dazu gehört auch das Centrum für Ersatzmethoden zum Tierversuch, CERST NRW, das wir weiter ausbauen wollen.
(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])
Wir machen ein neues Studienangebot an der Uni Köln möglich, wo ab dem Wintersemester 2017/18 ein Studiengang Gebärdensprachdolmetscher eingerichtet werden soll.
(Beifall von Dietmar Bell [SPD])
Wir treiben den Ausbau des Studienorts Gütersloh mit einem Schwerpunkt im Bereich Digitalisierung voran, und nicht zuletzt soll das Programm „Mittelstand innovativ“ um 1 Million € aufgestockt werden. Damit werden nämlich kleine und mittlere Unternehmen in Nordrhein-Westfalen in die Lage versetzt, mit wissenschaftlichen Einrichtungen in Forschung und Entwicklung zusammenzuarbeiten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn Sie nun hingehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, und versuchen, über die Betreuungsquote die Erfolge unserer Hochschulpolitik kleinzureden, dann möchte ich Sie noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: Im Wintersemester 2016/17 sind 27,5 % aller Studierenden in Deutschland in Nordrhein-Westfalen eingeschrieben. Mit anderen Worten: Das Land Nordrhein-Westfalen ist ein begehrtes Studienziel für junge Menschen aus allen Bundesländern und zahlreichen Staaten der Welt,
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So ist das!)                                                 
worüber wir uns im Übrigen auch sehr freuen. Denn je mehr Akademikerinnen und Akademiker wir hier bei uns ausbilden, desto positiver sind auch die Effekte für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Klar ist aber auch – Sie haben schließlich das Verhältnis angesprochen –, dass wir im Verhältnis zu den anderen Bundesländern überproportional viele Studierende aufnehmen. Des-halb, Herr Berger und Frau Freimuth, hinken die Vergleiche, die Sie hinsichtlich der Betreuungsquote aufmachen, eben auch ganz gewaltig.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Wo hinken die denn?)
Noch ein Punkt: Sie sollten sich lieber an die eigene Nase packen. Während in unserer Regierungszeit die Hochschulen ihre Verpflichtungen für die Einrichtung zusätzlicher Studien-plätze sogar übererfüllen, sah das unter Schwarz-Gelb noch ganz anders aus. Da musste das Land 18 Millionen € für nicht eingerichtete Studienplätze an den Bund zurückzahlen, weil sich Minister Pinkwart bei den Planungen schlichtweg verzockt hatte.
(Norbert Meesters [SPD]: Genau!)
Das heißt, er hat mit den Hochschulen abgesprochen, wie viele Studienplätze sie einrichten sollen. Das ist aber in der kurzen Zeit nicht gelungen. Das zumindest zu Herrn Pinkwart und Ihrer Regierungszeit. Es gehört zur ganzen Wahrheit dazu, die Sie lieber an der einen oder anderen Stelle wieder einmal ausblenden.
Derzeit fließen über den Hochschulpakt jährlich gut 1 Milliarde € zusätzlich an die Hochschulen für die Einrichtung weiterer Studienplätze. Mit den Rektorinnen und Rektoren ist verabredet, dass die Hälfte davon in Personal investiert wird. Mit dem kommenden Haushalt werden darüber hinaus 50 Millionen € vom Landesanteil aus dem Hochschulpakt in die Grundfinanzierung verstetigt. Wenn Sie es nicht verstanden haben – das soll ja in den kommenden Jahren auch so sein –, Frau Freimuth: Diese Verstetigung bedeutet, dass es eine dauerhafte Finanzierung ist, es sei denn, unter einer anderen Konstellation werden diese Zahlen aus den Globalbudgets wieder zurückgefahren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber werfen wir doch auch einmal einen Blick auf die Hochschuletats der anderen Bundes-länder! Dann muss doch auch spätestens Ihnen klar werden, Herr Berger, dass kein anderes Land so viel in Forschung und Wissenschaft investiert wie Nordrhein-Westfalen, auch relativ gesehen. So zeigt das Statistische Bundesamt auf, dass bereits 2014 der Anteil der Grundfinanzierung für die Hochschulen am öffentlichen Haushalt des Landes in Nordrhein-Westfalen von allen Ländern am höchsten war. Mit 14,3 % lag das Land um 3,5 % bzw. 5 % vor Baden-Württemberg und Bayern und ganze 9,9 % vor dem letzten Platz.
Noch eine wichtige Kennzahl für die wissenschaftliche Leistung in einem Bundesland möchte ich Ihnen nennen. Das ist die Anzahl der abgeschlossenen Promotionen in den letzten zehn Jahren. Auch hier ist Nordrhein-Westfalen Spitzenreiter. Die Zahl der abgeschlossenen Promotionen lag 2015 um 14 % höher als in den Jahren 2006 bis 2010. NRW liegt hier mit 19,28 % vor Bayern und Baden-Württemberg deutlich an der Spitze. Das heißt, wir bilden nicht nur viele junge Menschen aus, sondern wir stehen hier in NRW auch für Qualität – für Qualität, für Exzellenz und Innovation in Wissenschaft und Forschung.
Um das noch einmal zu bekräftigen, möchte ich Ihnen auch nicht die Erfolgsgeschichte der Sonderforschungsbereiche in NRW vorenthalten, wo wir seit Jahren mit aktuell 54 Sonderforschungsbereichen bei den Auszeichnungen der DFG für die universitäre Forschung an der Spitze stehen. Die Ministerin hat die Zahl in der vergangenen Ausschusssitzung vorgestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit 8,4 Milliarden € ist noch nie so viel Geld in die Hochschulen geflossen wie heute. Gleichzeitig ist die Grundfinanzierung der Hochschulen um 74 Millionen € weiter gestiegen. Auf dieser Grundlage erhalten die Hochschulen Planungssicherheit für die kommenden fünf Jahre und darüber hinaus.
Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Zahlen sprechen für sich. Bildung, Wissenschaft und Forschung sind ein Schwerpunkt der nordrhein-westfälischen Landespolitik. Denn sie bilden die Grundlagen für die Zukunftsfähigkeit und die Wirtschaftskraft unseres Landes. Vor diesem Hintergrund kann ich alle hier in diesem Parlament vertretenen Fraktionen nur auffordern: Unterstützen Sie unsere Hochschulen, unterstützen Sie unsere Forschungseinrichtungen, und stimmen Sie dem Einzelplan 06 für den Wissenschaftshaushalt zu! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)