Dr. Ruth Seidl: „Hochschulen, die sich in einem Wettbewerb untereinander befinden, sind immer weniger in der Lage, sich untereinander abzustimmen“

Antrag des Wissenschaftsministeriums zum Landeshochschulentwicklungsplan

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Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Berger, zu Ihrem Beitrag kann man einfach nur sagen: besser ein Plan statt planlos.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie mich lieber Herrn Prof. Marquardt, den Vorstandsvorsitzenden des Forschungszentrums Jülich, zitieren, der die Diskussion über den Landeshochschulentwicklungsplan und den damit verbundenen Dialogprozess in der Anhörung sehr präzise auf den Punkt gebracht hat:
„Dann, wenn man sozusagen Leitplanken setzt, miteinander in die Diskussion geht, Autonomie und Verantwortung zusammenbringt, wird es gelingen, was für uns so wichtig ist, nämlich Kooperation zu erreichen, eine Ausdifferenzierung des Hochschulsystems, der Hochschullandschaft, sowohl was die Ausprägung der Typen angeht, aber auch die Arbeitsschwerpunkte.“
Das ist genau der Weg, den wir in Nordrhein-Westfalen in dieser Landesregierung gerade gehen. Insofern fehlt mir, ehrlich gesagt, jedes Verständnis für Ihre völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen, Herr Dr. Berger.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Die rechtliche Verselbstständigung der Hochschulen im Jahre 2006 hat das Defizit einer wirksamen hochschulübergreifenden Landesplanung doch erst deutlich gemacht.
Hochschulen, die sich in einem Wettbewerb untereinander befinden, sind immer weniger in der Lage, die landesweite Gesamtentwicklung im Blick zu haben und sich entsprechend untereinander abzustimmen. Der Landeshochschulentwicklungsplan ist vor diesem Hintergrund ein neues Steuerungsinstrument, das vor allem auch dem Parlament Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Hochschulpolitik eröffnet, indem er die grundsätzlichen strukturellen Leitlinien für die Weiterentwicklung des Gesamtprofils der 37 öffentlichen nordrhein-westfälischen Hochschulen definiert.
Er greift also keineswegs in die Detailplanungen einzelner Hochschulen ein, sondern beschränkt sich auf die Prioritäten des Landes. Dazu gehören zum Beispiel ein überregional abgestimmtes und regional ausgewogenes Leistungsangebot, eine ausgewogene Fächervielfalt, die Studiennachfrage, die Auslastung der Kapazitäten sowie Fragen der Forschung.
Grundlage sind die heute vom Landtag zu belegenden Planungsgrundsätze. Sie geben dem Landeshochschulentwicklungsplan das inhaltliche Grundgerüst. Die Erarbeitung des Landeshochschulentwicklungsplans soll bis Anfang 2016 erfolgen. Der Beschluss als Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Landtag ist für Mitte 2016 vorgesehen. So sieht es der Zeitplan vor.
Insofern macht es Sinn, parallel zur Erarbeitung des Landeshochschulentwicklungsplanes die Verhandlungen für eine neue Hochschulvereinbarung aufzunehmen. Diese soll die finanzielle Planungssicherheit unserer Hochschulen nahtlos gewährleisten und mit der Laufzeit und den Anforderungen des Landeshochschulentwicklungsplanes synchronisiert werden. Hochschulvereinbarungen und Entwicklungsplan können dann gleichzeitig in Kraft treten und umgesetzt werden.
Herr Berger, wir sind im Übrigen stolz darauf, dass wir die Mittel für die Hochschulen trotz der schwierigen Haushaltslage in den letzten Jahren kontinuierlich und erheblich steigern konnten – übrigens im Gegensatz zu den Kürzungen der Hochschuletats in verschiedenen anderen Bundesländern. Das Land investiert in diesem Jahr 7,8 Milliarden € in Lehre und Forschung. Das sind – ich sage das ganz deutlich – ein Drittel mehr Mittel als 2010, also zu einem Zeitpunkt, als Sie von Schwarz-Gelb noch in Regierungsverantwortung waren, Herr Dr. Berger.
Mit der Hochschulvereinbarung NRW 2016 wird der gemeinsame Rahmen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen des Landes bis zum Jahr 2016 fortgeschrieben. Damit werden die seit über einem Jahrzehnt aufgrund des Qualitätspaktes und des Zukunftspaktes verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen für ein weiteres Jahr gesichert. Dies versetzt die Hochschulen im Land in die Lage, ihre erfolgreiche Arbeit fortzusetzen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vor diesem Hintergrund scheint mir die Fokussierung auf die Finanzierung des Umlagefonds eher ein Nebenschauplatz zu sein. Das wird wahrscheinlich gleich noch einmal vonseiten der FDP-Fraktion noch einmal eingebracht werden. Dabei geht es um 1,2 % der Mittel – wir hatten die Diskussion im Ausschuss – aus dem laufenden Betrieb, die wieder zurück an die Hochschulen fließen. Fiskalisch gesehen scheint das, wie gesagt, doch eher ein Nebenschauplatz zu sein.
Da kann ich – Frau Freimuth, ich spreche Sie schon einmal an – nur sagen: Wer wie die FDP-Fraktion hochschulpolitisch keine eigenen Ideen anzubieten hat, zieht sich eben gerne auf Nebenschauplätze zurück.
Tatsache ist doch, dass die laufenden Zuschüsse an die Hochschulen bis einschließlich 2016 von haushaltswirtschaftlichen Eingriffen – insbesondere von globalen Minderausgaben und Ausgabensperren – ausgenommen bleiben. Das ist ein Privileg, das anderen Ressorts vorenthalten bleibt.
Ich kann deshalb nur an Sie appellieren: Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu, unterstützen Sie mit uns zusammen die Hochschulen, damit wir die unter Rot-Grün begonnene Planungssicherheit in der Tradition von Qualitätspakt, Zukunftspakt und Hochschulvereinbarung für eine verlässliche Hochschulfinanzierung in den kommenden Jahren weiter fortführen können! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)