Dr. Robin Korte: „Wir verschaffen den Kommunen Luft zum Atmen“

Zum Entwurf der Landesregierung für das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz - zweite Lesung

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass hinter dem sperrigen Titel dieses Gesetzes zentrale Änderungen für die Haushaltsführung in unseren Kommunen stecken, ist in der breiten Öffentlichkeit wahrscheinlich weniger bekannt als zum Beispiel die eben beschlossene Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Es ist ein Gesetz für Expertinnen und Experten, und doch betrifft es am Ende alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, in besonderem Maße diejenigen, die auf eine verlässliche staatliche Daseinsvorsorge angewiesen sind. Denn wir alle leben in Kommunen, und unser Alltag, unsere Entfaltungsmöglichkeiten vor Ort werden von dem bestimmt, was unsere Kommune leisten kann oder vielleicht in Zukunft nicht mehr leisten kann.

Damit sind wir auch schon bei dem Knackpunkt, der uns zu diesem Gesetz führt. Für viele Kommunen wird es immer schwieriger, nicht nur die schönen, sondern auch die notwendigen Dinge zu finanzieren. Es ist längst in der breiten Öffentlichkeit angekommen, dass sich unsere Kommunen in einer historisch schlechten finanziellen Lage befinden. Das treibt auch uns als regierungstragende Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen um. Man kann es nicht oft genug sagen: Die Kommunen sind für diese Situation ganz überwiegend nicht selbst verantwortlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Genauso wenig sind sie aber in der Lage, sich aus diesem Belastungsstrudel von gesunkenen Steuereinnahmen, Inflation und Kostenwachstum in fast allen Bereichen selbst zu befreien. Ich stelle das bewusst vorweg, um festzustellen: Wir alle – damit schließe ich auch die demokratische Opposition ein – müssen als Landespolitiker*innen für eine bessere gesamtstaatliche Lasten- und Finanzverteilung eintreten. Hierbei muss natürlich der Bund in die Pflicht genommen werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Landesregierung tut das nicht zuletzt mit mannigfaltigen Initiativen im Bundesrat. Ein Stichwort ist hier die Eingliederungshilfe. Die Finanzierung der Unterbringungskosten für Geflüchtete ist ein anderes.

Wir werden daher mit dem Dritten NKF-Weiterentwicklungsgesetz nicht die Ursachen der derzeit kranken Kommunalfinanzen bekämpfen. Den Anspruch kann dieses Gesetz auch nicht haben. Es kann die Finanznot der Kommunen nicht mit zusätzlichem Geld reparieren, weil wir dieses Geld auf der Landesebene derzeit genauso wenig zur Verfügung haben.

Aber wir können die Finanznot handhabbar machen und den Kommunen den Umgang damit erleichtern. Das ist nicht zu unterschätzen, denn es geht heute um nicht weniger als um das Funktionieren von Kommunen als der zentralen staatlichen Ebene, die einen Großteil, einen Löwenanteil der Daseinsvorsorge leistet.

Mit diesem Gesetz stellen wir uns der aktuellen Krisenlage. Wir sichern die kommunale Selbstverwaltung, erhalten Spielräume, schaffen Flexibilität und verhindern ein flächendeckendes und völlig sinnloses Abrutschen vieler Kommunen in die Haushaltssicherung.

(Christian Dahm [SPD]: Das ist auch der einzige Grund!)

Das tun wir mit finanzpolitisch durchdachten Instrumenten, einem flexibilisierten globalen Minderaufwand, einer Stärkung der Ausgleichsrücklage, einem verantwortlich angelegten Verlustvortrag, also mit Instrumenten, die in der Sachverständigenanhörung durchweg eine breite Unterstützung gefunden haben. Sie sind erheblich transparenter und nachhaltiger angelegt als die Ukraine- bzw. Coronaisolierungen der letzten Jahre, die wir richtigerweise nicht fortsetzen.

Dass wir es uns als regierungstragende Fraktionen mit dem Gesetzentwurf keineswegs bequem gemacht, sondern die vielen neuen Mechanismen dieses Gesetzes vor dem Hintergrund der Sachverständigenanhörung sorgsam abgewogen haben, zeigt unser umfangreicher Änderungsantrag. Ich will nur drei Aspekte noch einmal herausgreifen:

Zum einen verzichten wir auf die Einführung eines Zukunftskonzepts, das von den Kommunen weitgehend als überflüssig, zu bürokratisch und so eher als belastend statt entlastend wahrgenommen wird.

Zum Zweiten korrigieren wir das kleine, aber wichtige Wörtchen „aller“ in Bezug auf die Nutzung von Spar- und Ertragsmöglichkeiten, weil es als Vorbehalt für die Nutzung der neuen haushaltsrechtlichen Instrumente zu restriktiv angelegt war.

Zu guter Letzt schaffen wir eine ganze Menge an bürokratischen Erleichterungen für Kommunen und für kommunale Unternehmen, die die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf klugerweise vorgeschlagen hatte, erhalten aber durch einen vollständig dargestellten Jahresabschluss die Transparenz für unsere Räte.

Zum Abschluss will ich mich herzlich bei allen bedanken, die an diesem Gesetzgebungsprozess in den vergangenen Monaten intensiv und konstruktiv mitgearbeitet haben, zunächst vor allem bei der Landesregierung, dann bei dem Koalitionspartner für die vielen wichtigen konstruktiven Gespräche, bei den Sachverständigen aus den Kommunen, mit denen wir in, vor und nach der Anhörung viele wichtige Gespräche zu diesem Gesetz geführt haben, und auch – das will ich ausdrücklich sagen – bei der demokratischen Opposition für die zumindest überwiegend, wie ich finde, sehr konstruktive Debatte zu den Mechanismen dieses Gesetzes.

Allerdings kann ich Ihnen, Herr Moor und Herr Wedel, jetzt nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass Ihre Kritik an der 36-Monatsgrenze für Liquiditätskredite, die einzig und allein die Erfüllung einer Forderung von Bundesfinanzminister Lindner darstellt, mit Verlaub,

(Justus Moor [SPD]: Nein! – Simon Rock [GRÜNE]: Doch!)

vor allem vonseiten der FDP doch etwas verlogen ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich komme zum Schluss. Ich denke, dass man heute guten Gewissens sagen kann: Wir haben in schwierigen Zeiten ein gutes Gesetz vorgelegt und verschaffen damit den Kommunen Luft zum Atmen. Das äußerst herausfordernde Umfeld bleibt den Kommunalfinanzen aber trotzdem erhalten, und es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung von uns allen in den Kommunen, im Land und im Bund, in der Regierung und in der Opposition hier im Landtag, um daran endlich etwas zu ändern.

Lassen Sie uns als demokratische Kräfte also heute dieses Gesetz gemeinsam anpacken, und danach geht die Arbeit erst richtig los. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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