Dr. Robin Korte: „Wer die Interessen einzelner Wirtschaftszweige über alles andere stellt, sollte die Finger von der Landesplanung lassen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum Landesentwicklungsplan

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine heitere Debatte geworden. Auch wir als grüne Fraktion waren bei der Lektüre des Antrags ein Stück weit erheitert. Man könnte auch sagen: Wir waren überrascht, dass ausgerechnet die FDP sich traut, Herr Brockes, zum LEP einen so meinungsstarken und wortgewaltigen Antrag vorzulegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich zitiere gern mal drei Phrasen aus Ihrem Antrag: „ideologisch motivierte, planwirtschaftliche Detailsteuerung“, „wirtschaftsschädliche Verknappungskonzepte“, und Sie schreiben von Sabotage am wirtschaftlichen Aufschwung.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Alles richtig!)

Ich glaube, größer geht es gar nicht. Wenn aber eine Fraktion in Sachen „Landesplanung“ einmal nicht die größten, sondern doch eher kleine Brötchen backen sollte, dann ist das doch die FDP, Herr Brockes.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Es war in der letzten Legislaturperiode dieses Landes unter Ihrer Führung – nicht von Ihnen persönlich, aber von Ihrem Parteikollegen im Wirtschaftsministerium –, als unter dem Schlagwort „Entfesselung“ eine wirklich historische Bruchlandung im LEP auf den Weg gebracht worden ist, nämlich mit der Änderung von 2019. Das hatte Ihr Minister zu verantworten, und die Änderung ist in mehreren Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht fast in Gänze wieder abgeräumt worden.

Das Ergebnis war – Herr Röls-Leitmann hat es schon vorgetragen –, dass Kommunen, Unternehmen und Bürger*innen in eine immense Planungsunsicherheit gestürzt sind und dass

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

wir uns seit Monaten in jeder Sitzung des Wirtschaftsausschusses mit Zielabweichungsverfahren beschäftigen müssen, um die Folgen Ihres Regierungshandelns zu reparieren.

(Unruhe)

Genau das passiert auch durch die Änderung dieses Landesentwicklungsplans, über die eine Vielzahl von Reparaturen vorgenommen wird. Wir führen Planungsoptionen für die Kommunen ein, die Sie mit diesem Antrag wieder stoppen wollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Warum haben wir diese Misere? Weil die Entfesselungen von damals rein politisch motiviert und begründet waren. Ich verzichte hier aus Gründen des Respekts – anders als Sie in Ihrem Antrag, Herr Brockes – auf den wirklich hohlen Begriff der Ideologie.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben sich nicht die Bohne um eine sachliche Begründung und Abwägung Ihrer Planänderung bemüht. Genau davon strotzt Ihr Antrag, der nur auf Buzzwords setzt, Partikularinteressen über alles stellt und keine Spur von sauberem Arbeiten, gründlicher Recherche, gründlicher Abwägung in Verantwortung für zukünftige Generationen zeigt. Diesen Stil bestätigen Sie mit diesem Antrag in Reinform.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aufgabe der Landesplanung ist die Abwägung aller Belange. Es geht darum, alle berechtigten Nutzungsansprüche an unsere begrenzte Fläche abzuwägen und so gut wie möglich in Einklang zu bringen. Dazu zählen selbstverständlich auch der Naturschutz und der Klimaschutz, die wichtige Interessen darstellen und ein starkes Gewicht in der Abwägung haben müssen.

Schon unsere Verfassung sagt, dass der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen hat. Denn wir können vor der Biodiversitätskrise und der Klimakrise genauso wenig die Augen verschließen wie vor dem immer weiter fortschreitenden Verlust landwirtschaftlicher Fläche. Vielmehr müssen wir unsere Lebensgrundlagen, unsere zukünftige Versorgung mit Lebensmitteln – und dafür braucht es verbleibende landwirtschaftliche Fläche – zwingend in den Abwägungsprozess einbeziehen. Je dramatischer sich die ökologischen Krisen zuspitzen, desto stärker gilt das und desto enger wird in Zukunft der Spielraum anderer Interessen sein.

Der Entwurf zum Landesentwicklungsplan zeigt, wie eine solche Abwägung gelingen kann. Der Entwurf zeigt auch, dass diese Koalition die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte erkannt hat sowie Entwicklungsnotwendigkeiten und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang miteinander bringt.

Einer der maßgeblichen Punkte dafür ist die Neufassung des 5-Hektar-Grundsatzes, den es im Übrigen seit dem besagten OVG-Urteil vom März 2024, als Ihr LEP, lieber Herr Brockes, vor Gericht in sich zusammengestürzt ist, längst wieder gibt. Es würde für Ihr Ansinnen an der Stelle nichts bringen, den LEP-Entwurf zurückzuziehen, wie Sie das im Antrag fordern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Noch mal in der Sache. In der vergangenen Hitzewoche haben wir alle gemerkt, wie sich Straßen und Häuser in versiegelten Gebieten aufheizen. Das ist neben dem Biodiversitätsschutz, dem Schutz vor Hochwasser, dem Erhalt landwirtschaftlicher Flächen, der Notwendigkeit für Natur und Orte der Naherholung und vieler weiterer Gründe nur ein Grund, warum der noch verbleibende Freiraum so wertvoll und so schützenswert ist, denn ist eine Fläche erst einmal versiegelt, braucht es einen langen und kostspieligen Prozess, sie wieder zu entsiegeln und zu renaturieren, was de facto nur selten passiert. Deshalb ist es so wichtig, den Flächenverbrauch wirksam und dauerhaft zu reduzieren. Der 5-Hektar-Grundsatz kann und wird dazu beitragen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Noch kurz zur Kritik am Degressionspfad für Rohstoffe; aus Rücksicht auf die Zeit nur zwei Punkte.

Erstens. Degressionspfad bedeutet kontinuierliche Reduzierung. Das heißt, dass der Anteil der Baustoffe aus konventionellem Rohstoffabbau schrittweise reduziert und natürlich nicht von heute auf morgen auf null gefahren wird.

Zweitens. Der Degressionspfad hat nicht das Ziel einer Verknappung, sondern einer Verschiebung hin zu mehr Recyclingbaustoffen, einer ressourcenschonenderen Bauweise. Dafür sind ökonomische Anreize, politische Zielsetzungen wichtig. Der im LEP-Entwurf angelegte Degressionsfaktor ist dafür ein sehr gutes Instrument.

Ich bitte also darum, Schreckensszenarien nicht weiter an die Wand zu malen, in denen in Nordrhein-Westfalen keine Investitionen mehr möglich wären. Das Gegenteil ist der Fall. Wer aber, wie Sie in der FDP, nicht sauber arbeiten kann, wer die Interessen einzelner Wirtschaftszweige über alles andere stellt, der sollte, der muss die Finger von der Landesplanung lassen.

Den Antrag lehnen wir deshalb selbstverständlich ab.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Christian Untrieser [CDU])

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