Dr. Robin Korte: „Selbstverständlich müssen die Kommunen den Hauptteil dieses Geldes erhalten“

Zum Antrag der SPD-Fraktion auf eine Kommunalquote aus dem Bundes-Sondervermögen

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ist es gut, dass wir heute so viel über Kommunalfinanzen reden und sich diese Debatte gleich an die Debatte zum Gemeindefinanzierungsgesetz anschließen kann, denn im Kern geht es um die gleiche Frage: Wie viel Geld bekommen die Kommunen – allerdings hier aus ganz verschiedenen Töpfen?

Dieses Sondervermögen ist zustande gekommen, weil der neue Bundeskanzler nach der Wahl endlich eingestanden hat, was andere schon lange gesagt haben: dass wir, um dieses Land am Laufen zu halten, investieren und auch neue Schulden aufnehmen müssen. Eine Reform der Schuldenbremse bleibt weiterhin unumgänglich, denn mit dem Mantra der schwarzen Null verschleißen wir unsere Infrastruktur, und wir werden den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft nicht gerecht.

Deshalb war es richtig, dass sich die grüne Bundestagsfraktion – anders als andere dies in der letzten Legislatur in der Opposition getan haben – nicht für die Fundamentalopposition entschieden hat, sondern dass sie in starken Verhandlungen das Beste für dieses Sondervermögen herausgeholt hat. Ohne die grüne Bundestagsfraktion hätte es keine zusätzlichen Investitionen und auch keine Investitionen in den Klimaschutz gegeben.

Umso dreister sind die Versuche der Bundesregierung zu bewerten – maßgeblich von Finanzminister Klingbeil –, das Sondervermögen jetzt bereits zweckentfremden und daraus Subventionen für Gas oder Strafzahlungen für nicht erreichte Klimaziele bezahlen zu wollen. Dem Vernehmen nach soll zumindest letztere Option inzwischen wieder vom Tisch sein. Hoffen wir, dass es stimmt.

Bei allem Positiven, was es zum Sondervermögen im Grundsatz aber zu sagen gibt, bleibt aus meiner Sicht ein großer Wermutstropfen: der Anteil für Länder und Kommunen. Dass sich alle Länder und Kommunen gemeinsam 100 Milliarden Euro – ein Fünftel – teilen müssen, ist schlicht nicht angemessen. Allein die Kommunen tragen etwa ein Viertel der staatlichen Aufgaben in Deutschland, darunter sehr viele Aufgaben mit hohen Investitionsbedarfen wie beispielsweise der Bau von Schulen oder Kindertagesstätten.

Selbst wenn der Anteil nur für die Kommunen wäre, wäre er deutlich zu gering. Nun sollen sich aber Länder und Kommunen das Geld teilen. Selbstverständlich müssen die Kommunen den Hauptteil dieses Geldes erhalten, und ich bin unserem Ministerpräsidenten dankbar, dass er das auf seine verlässliche Art unzweifelhaft klargestellt hat.

Aber in der Debatte und vor allem mit dem Framing, wie die SPD es in dieser Debatte mit ihrem Antrag setzt – das Land würde sich quasi die eigenen Taschen vollmachen –, geht manchmal unter, dass auch die Länder dringende Investitionen zu tätigen und Investitionsstau aufzuholen haben; Investitionen, bei denen es für die Menschen im Alltag nicht darauf ankommt, ob sie vom Land oder von der Kommune bezahlt werden. Es geht darum, dass die Dinge funktionieren. Ich denke zum Beispiel an unsere Hochschulen, an die Sanierung maroder Straßen und den öffentlichen Personennahverkehr.

Deswegen macht es Sinn, sich für die Entscheidung, wie man das Geld aufteilt, zumindest etwas Zeit und Hirnschmalz zu nehmen und nicht schneller sein zu wollen als der Bundestag, der das Gesetz noch längst nicht beschlossen hat. Wenn das Gesetz im Bund durch ist, dann muss das Geld – da bin ich mit Ihnen einer Meinung, Herr Dahm – den Kommunen so unkompliziert und schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Deshalb ist es richtig, sich Gedanken über den Verteilschlüssel zu machen, und ich bin mir sehr sicher, dass die Landesregierung das auch tut.

Mir und uns als Grünen ist wichtig, dass wir genau hinschauen, wo der Investitionsstau am gravierendsten ist, und dass wir dementsprechend die Verteilung anpassen. Dass finanzschwache Kommunen besonders berücksichtigt werden müssen, ist klar. Das versteht sich hoffentlich von selbst, und das sagt überdies auch der Bundesgesetzentwurf aus.

Eine Orientierung am GFG kann für eine bedarfsorientierte Verteilung zumindest in Teilen durchaus ein geeigneter Maßstab sein. Aber ausschließlich auf die aktuelle GFG-Zuweisung zu schauen, wie es der Antrag der SPD zumindest interpretieren lässt – zumindest sind Sie dazu nicht ganz klar –, wäre aus meiner Sicht zu kurz gesprungen, weil die Berechnung der Schlüsselzuweisungen die Finanzkraft immer nur bezogen auf ein Jahr misst. Es muss also mindestens der Mittelwert gebildet werden. Wenn wir uns da einig sind, dann ist das fein.

(Zuruf von Justus Moor [SPD])

Zu beachten ist außerdem, dass auch Gemeinden, die nach dem GFG derzeit als abundant gelten, natürlich auch Investitionsbedarfe haben können, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität als ein zentrales Ziel des Sondervermögens.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, geschätzte Kollegen und Kolleginnen der SPD: Was noch zu klären ist, ist in vielen Punkten dann doch etwas komplexer, als Sie mit Ihrem Antrag suggerieren und hier zum Beschluss vorlegen. Wir lehnen Ihren Antrag daher ab, wenngleich wir mit Ihnen und auch mit unserem Ministerpräsidenten einer Meinung sind, dass bei uns in Nordrhein-Westfalen insbesondere die Kommunen selbstverständlich vom Sondervermögen profitieren müssen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)