Dr. Robin Korte: „Seit Langem ist die Entlastung unserer Kommunen von den historisch entstandenen Altschulden notwendig“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu kommunalen Altschulden

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD-Fraktion, mehr als ein Jahr nach der Einbringung führen wir heute im Plenum endlich die Debatte über euren Antrag. Dieser Antrag ist nicht nur angesichts der Beschreibung der Ausgangslage, sondern auch angesichts der zentralen Forderungen – das will ich klar sagen – vom Grundsatz her erst einmal gut und richtig.

Seit Langem ist die Entlastung unserer Kommunen von den historisch entstandenen Altschulden notwendig, die bis heute schwer auf der kommunalen Handlungsfähigkeit lasten. Diese Notwendigkeit ist in den vergangenen drei Jahren, also seit Beginn der Aneinanderreihung von Multikrisen, noch einmal deutlich dringlicher geworden.

Drastisch gestiegene Zinsen sowie drastisch gestiegene Kosten insbesondere für Personal, Energie und Investitionen bei gleichzeitig stagnierenden Steuereinnahmen – das ist das haushaltspolitische Umfeld, in dem Kommunen sich derzeit behaupten müssen und in dem wir handeln müssen. Zu diesem Handeln zählt zentral natürlich die Entlastung von den kommunalen Altschulden.

Dass es dazu allerdings dieses mehr als ein Jahr alten Antrags nicht mehr bedarf, hat die Sachverständigenanhörung trotz aller dort geäußerten, auch konstruktiven Kritik dennoch eindrucksvoll unterstrichen. Keiner der Sachverständigen musste sich im vergangenen September, als wir die Anhörung durchgeführt haben, noch inhaltlich mit dem heute hier diskutierten Antrag beschäftigen. Denn bereits seit dem Sommer ist klar: Das Land Nordrhein-Westfalen wird seinen Kommunen die Hälfte ihrer Liquiditätskredite abnehmen und somit für einen echten und weitgehenden Schuldenschnitt sorgen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Damit geht Nordrhein-Westfalen – das bitte ich anzuerkennen – einen Schritt, auf den zum Beispiel die Kommunen in Hessen, auf das so gerne verwiesen wird, bis heute warten. Die oft zitierte Hessenkasse hat die kommunalen Kredite nämlich nicht in die Landesschuld überführt.

Gerade diese echte Schuldenübernahme ist aber wichtig. Denn sie wird dafür sorgen, dass die Eigenkapitaldecke unserer Kommunen um fast 10 Milliarden Euro zunehmen wird. Diese 10 Milliarden Euro werden als Kapitaldecke in den kommenden Jahren sehr dringend benötigt und geben insbesondere den seit Jahrzehnten überschuldeten Kommunen von Oberhausen bis Windeck die finanzielle Handlungsfähigkeit zurück.

Handlungsfähigkeit und finanzielle Spielräume brauchen die Kommunen dringend. Denn eine tatsächliche Lösung der kommunalen Haushaltskrise ist weiterhin nicht in Sicht. Ihr stehen die gleichen Widerstände entgegen – auch darüber müssen wir reden –, die einer vollständigen Altschuldenlösung entgegenstehen, nämlich eine fehlende finanzpolitische Verständigung und keine Klarheit zwischen den demokratischen Parteien auf der Bundesebene.

Es braucht eine Verständigung darauf, dass eine zumindest hälftige Altschuldenübernahme durch den Bund notwendig ist. Verständigt werden muss sich auch auf die Verantwortung des Bundes für die auskömmliche Finanzierung von Ländern und Kommunen über den vertikalen Finanzausgleich und darauf, dass die Schuldenbremse ein Zukunftsupdate benötigt.

Es ist doch absurd, dass Bund und Länder sich durch die Schuldenbremse derart enge Spielräume auferlegen, die Kommunen als unterste staatliche Ebene mit den kleinsten Haushaltsspielräumen, den höchsten Zinssätzen und gleichzeitig der geringsten Möglichkeit, konjunkturbezogene Finanz- oder Wirtschaftspolitik zu betreiben, aber auf einmal die gesamte Finanzierungslast ausbaden sollen, die weiter oben nicht mehr getragen werden kann oder getragen werden soll.

(Beifall von den GRÜNEN und Justus Moor [SPD])

Deshalb bin ich ausgesprochen froh darüber, dass nicht nur zwischen den Ampelparteien in der Bundesregierung, in der es durchaus unterschiedliche Ansichten gibt, über eine Reform der Schuldenbremse diskutiert wird, sondern dass sich darüber hinaus auch eine Reihe von Ministerpräsidenten von CDU, SPD und Grünen für eine solche Reform ausgesprochen haben.

Das ist gut, weil es in dieser uns auch noch in den nächsten Jahren beschäftigenden Debatte darum gehen wird, dass nicht die schrillen oder dogmatischen Töne das politische Orchester bestimmen, sondern es pragmatische und wirklichkeitskompatible Antworten darauf gibt, wie wir die öffentlichen Finanzen in Bund, Ländern und Kommunen in den nächsten Jahren zukunftsfähig und verantwortlich aufstellen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Darum wird es natürlich weiterhin einen vertrauensvollen Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden darüber geben, wie eine Altschuldenlösung in Nordrhein-Westfalen auch in finanziell herausfordernden Zeiten gelingen kann.

Anders als von der Opposition immer wieder dargestellt, haben die Spitzenverbände ja ausdrücklich anerkannt, dass die vom Land garantierte Aufstockung des Anteils an der Grunderwerbsteuer auf 460 Millionen Euro pro Jahr ein echter Landesbeitrag ist, erst recht angesichts der deutlich geschrumpften Erträge aus der Grunderwerbsteuer.

So wie die Spitzenverbände hat sich auch das Land bei einer entscheidenden Frage bewegt und die Zusage gemacht, dass wir trotz der eigenen Finanznot weiter nach Wegen suchen werden, den Landesanteil an der Altschuldenlösung über die derzeitige Garantie hinaus weiter zu erhöhen.

Damit kann auch der letzte Punkt in Ihrem Antrag als erledigt bzw. in Bearbeitung befindlich betrachtet werden.

Daher lehnen wir den Antrag heute als zeitlich überholt und im Wesentlichen erfüllt ab.

Die Arbeit geht selbstverständlich weiter. Diesbezüglich gilt weiterhin unsere Einladung an alle Demokratinnen und Demokraten hier im Hause, sich konstruktiv einzubringen und vor allem jeden Kanal nach Berlin, in die Bundesregierung, zu nutzen, damit unsere Kommunen das bekommen, was sie derzeit am dringendsten brauchen, nämlich mehr Geld, um den Herausforderungen dieser Zeit zu begegnen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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