Dr. Robin Korte: „Eine ehrliche und belastbare Zusage“

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Kommunalabgaben-Änderungsgesetz Nordrhein-Westfalen – KAG-ÄG NRW – zweite Lesung

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dahm, ich will mich Ihrer flammenden Rede für überparteiliche Zusammenarbeit gerne anschließen und ausdrücklich die Einladung aussprechen: Schließen Sie sich uns doch an und schaffen Sie mit uns gemeinsam den letzten Schritt,

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

den Schritt, den am Ende tatsächlich mehrere Regierungen unterschiedlicher Farbenlehre vor uns – Rot-Grün und Schwarz-Gelb – trotz langer Debatten nicht geschafft haben.

Wir beenden hier heute mit den Straßenausbaubeiträgen eine jahrzehntelange Geschichte von Streitigkeiten nicht nur in diesem Parlament, sondern auch Streitigkeiten, die nicht nur die Kommunalverwaltungen und die betroffenen Anlieger*innen, sondern insbesondere auch die Gerichte in unserem Land und die ehrenamtliche Kommunalpolitik massiv beschäftigt und belastet haben.

Nicht zuletzt geben wir mit diesem Beschluss die Sicherheit, dass Menschen für ein lange bewohntes oder auch ein frisch erworbenes Grundstück künftig nicht mehr unerwartet und unbeeinflussbar zu fünfstelligen Beitragssummen herangezogen werden, was vielerorts existenzielle Sorgen ausgelöst hat. Damit ist zukünftig Schluss.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Doch auch, wenn es unkompliziert erscheinen mag, einem solchen Beitragserhebungsverbot heute, wo es fertig ausgearbeitet und finanziert ist, zuzustimmen, war der Weg dahin – wie fast immer in der Politik – komplexer, als es zunächst scheint. Es ist eben nicht damit getan, nur einen Paragrafen aus dem Kommunalabgabengesetz zu streichen, sondern es gilt, die Voraussetzungen und Folgen zu beachten.

Dabei waren für uns Grüne immer insbesondere zwei Aspekte sehr zentral, nämlich dass sich für die Kommunen keine finanziellen Nachteile ergeben dürfen und dass es eine merkbare Entlastung in der staatlichen Bürokratie gegenüber dem Status quo, also dem in seiner Konstruktion doch eher unreifen Förderprogramm, gibt. Beide Anliegen kann man anhand des vorliegenden Gesetzentwurfs mit „ja“ beantworten.

Mit dem gewählten Erstattungsverfahren müssen sich die Kommunen keine Sorgen über Einnahmeausfälle machen. Mit unserem Änderungsantrag machen wir gerade diesen Punkt noch einmal deutlicher, damit klar ist, dass alle entfallenden Beiträge vollständig ersetzt werden.

Wer die Begründung zum Gesetzentwurf ausführlich gelesen und den Ausführungen der Ministerin vergangene Woche im Ausschuss gelauscht hat, für den deutet sich an, dass wir zu diesem Gesetz eine Umsetzungsverordnung erwarten dürfen, die den Kommunen dank auskömmlicher Erstattungssätze eine hohe Sicherheit gibt, dass sie nicht auf Kosten sitzen bleiben, und die zugleich kluge und unbürokratische Verrechnungen zum Beispiel für den Abzug gemeindeeigener Grundstücke über den Frontmetermaßstab enthalten wird.

Zu guter Letzt will ich trotzdem noch zu einem Punkt kommen, der uns in der Debatte bis zuletzt immer wieder beschäftigt hat, nämlich der Frage, ab welchem Stichtag das Land die Kosten für Straßenausbaumaßnahmen erstattet. Oder umgekehrt gefragt: Bis zu welchem Stichtag müssen Anlieger*innen noch selbst zahlen? Eigentlich ist die Sache klar. In der vergangenen Wahlperiode wurde das Förderprogramm von Schwarz-Gelb auf Maßnahmen begrenzt, die vor dem 1. Januar 2018 beschlossen wurden. Mit unserem Koalitionsvertrag haben wir zugesagt, dass wir die Beiträge endlich gesetzlich abschaffen und beim Stichtag an die Vorgängerregierung anknüpfen. Folgerichtig sieht es der Gesetzentwurf vor, und nur so ist es auch finanziell hinterlegt.

Dennoch möchte ich sagen: Natürlich nehmen wir uns all die Zuschriften zu Herzen, und natürlich nehmen wir diejenigen Stimmen ernst, die sich für einen anderen, früheren Stichtag aussprechen, weil sie persönlich betroffen sind. Es ist keine Sturheit, dass wir bei dem 1. Januar 2018 bleiben, sondern es sind die Sachargumente, die uns in der Abwägung überzeugen, dass es keine bessere und gerechtere Option gibt, die für das Land in seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lage finanzierbar und verlässlich darstellbar ist.

Für uns überwiegen am Ende Verlässlichkeit und Rechtsklarheit und dass wir den Kommunen sowie den Menschen in Nordrhein-Westfalen mit diesem Gesetz heute eine ehrliche und belastbare Zusage geben können. Sie ist vor allem auch im Vergleich zum Änderungsantrag von SPD und FDP belastbar, den sie uns gestern, mehr als fünf Monate nach Veröffentlichung dieses Gesetzentwurfs und 24 Stunden vor der entscheidenden Debatte heute im Plenum noch auf den Tisch geknallt haben.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Enthalten sind zwei Forderungspunkte, die Sie nicht mit den Kommunen abgestimmt haben und die im Landeshaushalt nicht seriös hinterlegt sind.

(Christian Dahm [SPD]: Natürlich sind die hinterlegt! Die Selbstbewirtschaftungsmittel sind doch hinterlegt!)

Sie wissen selbst genau, dass Ihr Antrag dieses Gesetz sprengen und am Ende an der Konnexität scheitern lassen würde. Weil Sie genau das wissen, haben Sie in der vergangenen Woche die Debatte im Fachausschuss gescheut und sich nicht getraut,

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

diesen Antrag dort in Anwesenheit der Fachverwaltung und mit ausreichend Zeit für Debatte und Erörterung in der Öffentlichkeit vorzulegen. Deshalb schließen wir uns diesem Antrag auch nicht an, sondern bleiben bei unserem Gesetzentwurf, mit dem wir das Kapitel der Straßenausbaubeiträge heute ein und für alle Mal schließen.

Liebe SPD, liebe FDP, diese Chance kommt nur einmal. Geben Sie sich einen Ruck und lassen Sie das Genörgel sein. Ziehen Sie diesen unsauberen Änderungsantrag zurück und machen Sie mit! Es ist ein gutes Gesetz, meine Damen und Herren. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN – Christian Dahm [SPD]: Oh! Sag das mal den Initiativen!)

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