Dr. Robin Korte: „Ein Schlussstrich unter eine lange Debatte“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Kommunalabgaben-Gesetz - erste Lesung

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wichtigste und beste Botschaft der heutigen Debatte ist erst mal diese: Die Landesregierung von CDU und Grünen schafft in der seit Jahrzehnten hitzig diskutierten Frage der Straßenausbaubeiträge Rechtssicherheit und Klarheit und zieht einen Schlussstrich unter eine lange Debatte.

Für alle Immobilien- und Grundstückseigentümer in Nordrhein-Westfalen wird am Ende dieses Gesetzgebungsprozesses keine Frage mehr offen sein. In Nordrhein-Westfalen dürfen für neue Straßenausbaumaßnahmen zukünftig keine Anliegerbeiträge mehr erhoben werden – Punkt.

Damit hält die Landesregierung einmal mehr Wort, und zwar in einer Frage, die alle Vorgängerregierungen seit 1969 – Sie haben es selbst gesagt, Herr Dahm – mal mehr und mal weniger beschäftigt hat, die sie aber trotzdem nicht gelöst haben. Auch wenn die FDP schon das Märchen herumerzählt, dieses Gesetz sei ihr ureigener Erfolg: Dieses Problem lösen am Ende nicht Sie, dieses Problem lösen wir.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Darum freue ich mich, dass der Landtag heute dieses Gesetz zur Abschaffung der Beiträge für den Ausbau kommunaler Straßen in Nordrhein-Westfalen auf den Weg bringt. Wenn ich an die bisherigen Debatten in der noch recht jungen Legislaturperiode zurückdenke, dann gehe ich eigentlich davon aus, dass diese Freude im gesamten Hohen Haus geteilt werden müsste. Ich glaube, die Ministerin hat sich eben über keinen Applaus mehr gefreut als über das vorsichtige Klatschen von Ihnen, Herr Dahm. Zu Ihrer unseriösen Anspielung auf das Vorziehen des Stichtags sage ich hier und heute nichts, das werden wir im Ausschuss noch weitererörtern.

(Christian Dahm [SPD]: Ich finde nicht, dass das unseriös ist! Das erklären Sie mal den Anliegern!)

Der vorliegende Gesetzentwurf erfüllt die wesentlichen Bedingungen, die hier fraktionsübergreifend immer wieder formuliert wurden, erstens das Gebot, dass für alle Eigentümerinnen und Eigentümer damit absolute Rechtssicherheit und Transparenz herrscht. Die derzeitige Praxis, dass die Kommunen 0-Euro-Bescheide verschicken, die Kommunen aber genauso wie die Eigentümer*innen darauf angewiesen sind, dass es ein entsprechendes Förderprogramm gibt, die Kommune dieses in Anspruch nimmt, die Kriterien erfüllt und noch Geld im Fördertopf ist, hat zwar für die allermeisten Betroffenen bereits zu einer vollständigen Entlastung geführt, Sicherheit und Klarheit sehen aber anders aus und werden mit diesem Gesetz jetzt endlich geschaffen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

In Zukunft wird deshalb gelten: Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer müssen für ihr Grundstück, für ihr Haus oder für ihre Eigentumswohnung noch genau einmal Anliegerbeiträge entrichten, nämlich die sogenannten Erschließungsbeiträge für die erstmalige Erschließung. Danach kommt der Staat für alle weiteren Straßen- und Wegebaukosten auf.

Zweitens schafft dieser Gesetzentwurf auch für die Kommunen endgültige Klarheit. Noch wichtiger ist: Er schafft eine verlässliche Kompensation der ausfallenden Beiträge, und dies nicht mehr auf Bitten, sondern als klar geregelten Rechtsanspruch. Auch das ist in Zeiten der kommunalen Finanznot ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung unserer Städte und Gemeinden. Das gilt umso mehr, als mit diesem Gesetz auch ein beträchtlicher Bürokratieabbau einhergeht. Das ist ein weiteres Schlagwort, das quer durch diesen Saal gerne bemüht wird.

Lassen Sie mich abschließend noch ein paar wenige Worte dazu verlieren, warum ich mich auf die Beratungen in den Fachausschüssen freue und warum wir Grüne zwar in den beschriebenen zentralen Punkten festgelegt, für Verbesserungen im Verfahren aber durchaus noch offen sind. Denn wir alle wissen: Kaum eine Rechtsmaterie ist so komplex wie das Beitragsrecht. Deshalb bin ich tatsächlich gespannt darauf, welche Vorschläge noch vonseiten der Sachverständigen kommen werden.

Uns als Grüne beschäftigen dabei insbesondere zwei Fragen:

Zum einen lohnt es sich sicherlich, noch einmal über die Art des Konnexitätsausgleichs nachzudenken – das Einvernehmen mit der kommunalen Familie immer vorausgesetzt –, denn andere Bundesländer wie Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern haben diesen Ausgleich durchaus anders geregelt. Es gibt Beispiele in die eine oder andere Richtung. Bayern und MV haben dies über eine pauschale Entschädigung der Kommunen geregelt. Wir sollten darüber diskutieren, ob man dadurch nicht vielleicht sogar noch mehr Bürokratie einsparen kann.

(Christian Dahm [SPD]: Sehr gut! Das könnte mir gefallen!)

Zum anderen müssen wir aufpassen, dass wir mit diesem Gesetz und der darauf aufbauenden Verordnung keine Fehlanreize setzen. Das ist wahrscheinlich die kniffligere Aufgabe, aber auch der müssen wir uns stellen.

Wir müssen insbesondere aufpassen, wie wir die wirtschaftlichen Anreize für Kommunen klug setzen zwischen einer grundhaften Instandsetzung bzw. Erweiterung von kommunalen Straßen einerseits und der laufenden Unterhaltung andererseits. Um es auf den Punkt zu bringen: Es darf am Ende für den kommunalen Haushalt nicht günstiger sein, eine Straße erst vollständig kaputtgehen zu lassen, weil das Land dann vielleicht die grundhafte Instandsetzung zu großen Anteilen bezahlen würde, als sie dauerhaft in gutem Zustand zu halten. Wenn das am Ende so wäre – das müssen wir prüfen –, dann würden wir nicht nur den Anliegerinnen und Anliegern an der Straße einen Bärendienst erweisen, sondern auch den Steuerzahler*innen und dem kommunalen Vermögen.

Damit das nicht passiert – dafür werden wir sicherlich eine Lösung finden –, muss klar sein, dass die Kostenabgrenzung im avisierten Erstattungsverfahren klug gewählt wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss und die Sachverständigenanhörung, stimmen der Überweisung gerne zu, begrüßen aber jetzt schon ausdrücklich, dass die Landesregierung diese gut ausgearbeitete Gesetzesinitiative vorgelegt hat. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

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