Dr. Robin Korte (GRÜNE): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD, habe ich ein Déjà-vu, oder sind Ihre Anträge zu diesem Thema ziemlich redundant?
(Zuruf von der SPD)
Der sogenannte Brandbrief der Kommunen, die pauschale Forderung zur Finanzierung der Vorhaltekosten und der Ausbau der Plätze in den Landeseinrichtungen – etwas Neues enthält Ihr Antrag nicht.
(Zuruf von der SPD)
Vielleicht sagen Sie jetzt: Ja, aber wichtige Forderungen muss man eben wiederholen, auch wenn sie genau so eins zu eins in der letzten Pressemitteilung des Städte- und Gemeindebundes gestanden haben und man sie einfach nur abgeschrieben und ein bisschen umformuliert hat – um Ihren Antrag einmal zusammenzufassen. Das mit der Wiederholung der wichtigen Forderung mag grundsätzlich auch so sein. Aber man sollte schon darauf achten, ob man den Geschehnissen nur hinterherläuft und Dinge fordert, die längst auf dem Weg sind.
(Christian Dahm [SPD]: Oh! – Weitere Zurufe von der SPD)
– Ja, ich führe dazu gerne aus.
Sie schreiben ja, die Landesregierung solle die Unterbringungsplätze in den Landeseinrichtungen deutlich und zügig ausbauen. Genau das tut sie längst und nicht erst seit gestern. Sie wissen das. Im letzten Sachstandsbericht zur April-Sitzung des Integrationsausschusses berichtete die Landesregierung bereits vom Ausbau der Kapazitäten in Landesunterkünften auf über 34.000 Plätze. Das ist ein Erfolg.
(Zuruf von der FDP)
Diese Zahl wurde Ende März 2024 erreicht, und das weitere Ziel der Landesregierung ist es, die Anzahl der Plätze bis Ende des Jahrs auf 41.000 zu erhöhen, und sie ist dabei auf einem gutem Weg. Das brauchen Sie uns nicht ins Stammbuch zu schreiben.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Hinzu kommt, dass Sie sich bei Ihrer mantraartigen Forderung – hier immer wieder vorgetragen – nach immer noch mehr Plätzen in Landeseinrichtungen schon einmal die Frage gefallen lassen müssen, ob Sie die Menschen eigentlich dauerhaft dort parken möchten. Es geht bei den Landesunterkünften um eine geregelte Erstankunft im Sinne eines strukturierten Prozesses und eines guten Ankommens für die Menschen. Es geht ausdrücklich nicht um einen längerfristigen Aufenthalt. Dafür ist es wichtig, dass geflüchtete Menschen in die Kommunen kommen, damit sie eine Perspektive haben, sich dort einen eigenen Alltag, ein Leben aufzubauen, dass sie die kommunalen Integrationsangebote nutzen, damit sie wirklich ankommen können.
Die Kommunen dabei bestmöglich zu unterstützen, ist doch unsere Aufgabe als Landespolitik, und das ist auch im Sinne der Menschen.
(Justus Moor [SPD]: Das machen Sie ja nicht!)
Die Landesregierung arbeitet bei der Frage nach der Finanzierung der Unterbringung geflüchteter Menschen eng mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammen – das wissen Sie, und darauf können wir uns auch verlassen. Natürlich ist allen Akteuren daran gelegen, dass die Kommunen eine auskömmliche Finanzierung erhalten. Die Aufnahme Geflüchteter darf für unsere finanziell auch jetzt schon stark beanspruchten Kommunen nicht zu einer weiteren Belastungsprobe werden.
Gleichzeitig müssen wir aber auch realistische Anforderungen an den Landeshaushalt stellen. Auch Sie, liebe SPD, wissen ganz genau, dass die aktuelle konjunkturelle Lage und die Rigidität der Schuldenbremse auch uns im Land vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Nicht nur beim FlüAG, auch im Hinblick auf die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung von Flüchtlingskosten ist längst Bewegung im Thema. Der Bund hat erst vor Kurzem einen Entwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vorgelegt. Damit wird die Flüchtlingsfinanzierung grundlegend umgestellt auf ein atmendes System, das die Länder – auch Nordrhein-Westfalen –lange gefordert hatten.
Die Pro-Kopf-Pauschale von darin vorgesehenen 7.500 Euro wird ganz sicher Gegenstand künftiger Diskussionen sein müssen. Auch die Kommunen fordern bereits jetzt eine Erhöhung vom Bund.
Auch die Debatten über die Übernahme von Vorhaltekosten und die Beteiligung an Kosten der Gesundheitsversorgung sind in Gang und werden zwischen Landesregierung und Kommunen geführt. Das unterstützt und befürwortet unsere Fraktion ausdrücklich.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, als kommunalpolitischer Sprecher meiner Fraktion freue ich mich immer, wenn hier jemand im Sinne der Kommunen auftritt, denn natürlich treffen Sie einen Punkt, wenn Sie sagen, dass die Kommunen viele Aufgaben und dafür gleichzeitig wenig Geld haben. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass viele Kommunen bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten auch heute schon Herausragendes leisten und dabei natürlich irgendwann an ihre Grenzen stoßen werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam über alle Ebenen hinweg für die Interessen der Kommunen einsetzen, wie es beispielsweise bei der Neuaufteilung der Flüchtlingskosten im letzten Jahr in einigen Punkten – Stichwort: atmendes System, Beteiligung des Bundes – gelungen ist.
Bei anderen Punkten müssen wir gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg noch stärker an einem Strang ziehen, etwa in Bezug auf die Bundesmittel in anderen wichtigen Feldern der Sozialpolitik wie zum Beispiel der Eingliederungshilfe.
Liebe SPD, gehen Sie bitte noch mal in sich, ob es nicht ein bisschen zu einfach ist, mit Ihrem Antrag die Forderung des Städte- und Gemeindebundes einfach nur eins zu eins abzuschreiben. Sie haben sie kaum mehr als ein wenig umformuliert. Wollen Sie nicht lieber aus einem landespolitischen Anspruch heraus und im Interesse der Menschen eigene Positionen entwickeln?
(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])
Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage, dass unsere Fraktion diesen überflüssigen Antrag ablehnen wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)