Dr. Julia Höller: „Wir werden in NRW keine Löschflugzeuge anschaffen, die wir in NRW nicht befüllen können“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Löschflugzeugen

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

Es ist mir eine große Freude, hier im Hohen Haus meine erste Rede zum Katastrophenschutz halten zu dürfen – eine Freude auch deshalb, weil Sie die Notwendigkeit von Verbesserungen im Katastrophenschutz in Ihrem Antrag sehr treffend dargestellt haben.

Die Klimakrise führt dazu, dass Extremereignisse in Zukunft immer weiter zunehmen werden. Wir müssen uns auf verschiedene Szenarien noch besser vorbereiten, um die Menschen in NRW zu schützen. Das, was wir vor wenigen Wochen erlebt haben, wird in Zukunft normal sein: wochenlang ausbleibender Regen, unter Trockenheit leidende Pflanzen und Tiere und eben brennende Wälder.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Landesregierung im Sommer ihr Waldbrandkonzept vorgestellt hat und dieses jetzt in die Fläche bringt. Das Konzept beruht, wie Sie wissen, auf einem gemeinsamen Entschließungsantrag aller demokratischen Fraktionen aus dem vergangenen Jahr. Es geht darin um die Verhinderung von Waldbränden, um die Verminderung von Schäden und um die richtigen Mittel, um Waldbrände zu bekämpfen.

Damit kommen wir zum Kern Ihres Antrags, liebe Kollegen der FDP: den Löschflugzeugen. Hier ist es mit meiner zu Beginn beschriebenen Freude dann schnell vorbei. Denn Ihr sehr lauter Ruf nach Löschflugzeugen ist sicherlich gut für eine schnelle Schlagzeile; das war es dann aber auch. Bei denen, die sich auskennen, die Waldbrände operativ bekämpfen, die für unsere Sicherheit einstehen, erzeugt das eher Verwunderung. Denn Löschflugzeuge sind eben nicht das beste Mittel zur Waldbrandbekämpfung in NRW.

So kommt auch die länderoffene Arbeitsgruppe Nationaler Waldbrandschutz zu der Einschätzung, dass Löschflugzeuge für Deutschland nicht sachgerecht seien, da nicht ausreichend geeignete Seen zur Wasseraufnahme per Flugbetankung zur Verfügung stehen. Hubschrauber seien deutlich flexibler, wirksamer und effizienter. Das gilt für den Bund, und das gilt auch für uns in NRW. Auch in NRW – das haben wir gerade schon gehört – ist die Aufnahme von Löschwasser im Flug schlicht und einfach nicht flächendeckend möglich.

Trotzdem zitieren Sie zu Beginn Ihres Antrags die Fachempfehlung des European Forest Institute und schreiben, dass diese die Notwendigkeit der Beschaffung von Löschflugzeugen in Deutschland aufzeige. Ich habe diese Fachempfehlung weitergelesen und zitiere daraus:

„Insofern wäre eine alternativ taugliche Variante die, dass die Landespolizei(en) mit leistungsstärkeren Hubschraubern ausgestattet wird, welche auch Außenlastbehälter tragen können. So könnten die Hubschrauber neben den polizeilichen Aufgaben auch bei der Waldbrandbekämpfung zum Einsatz kommen. Der Doppelnutzen der Hubschrauber würde ferner eine mit hohen Kosten verbundene Vorhaltung von Löschflugzeugen ersparen. NRW praktiziert dies seit einigen Jahren.“

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Genau das, was von den Expertinnen und Experten empfohlen wird, machen wir also hier in NRW. Fachgerecht ausgestattete Hubschrauber sind mobiler, schneller und kostengünstiger und für unsere Einsatzszenarien in NRW besser geeignet. Damit ist der Verzicht auf Löschflugzeuge Ausdruck eines fachlich fundierten Katastrophenschutzes.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir haben in NRW bereits geeignete Werkzeuge für erfolgreiche Waldbrandbekämpfung in unserem Werkzeugkoffer und ziehen es vor, ein Schraubenproblem nicht mit einem Hammer zu lösen.

(Beifall von den GRÜNEN – Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Verena Schäffer [GRÜNE])

Wir beteiligen uns natürlich, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, am Katastrophenschutzverfahren der EU – denn das ist unsere Verantwortung –, zum Beispiel mit dem Waldbrandmodul, wie zuletzt in Bordeaux. Um im Bild zu bleiben: Wir stellen also gerne unseren Schraubenzieher für Schraubenprobleme zur Verfügung.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU – Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Verena Schäffer [GRÜNE])

Wir werden in NRW aber keine Löschflugzeuge anschaffen, die wir in NRW nicht befüllen können, nur um unsere „Katastrophenschutz-Aircraft-Infrastruktur“ aufzubauen, wie es in Ihrem Antrag heißt.

Dazu sei mir noch eine letzte Anmerkung gestattet. Ihren Begriff der „Katastrophenschutz-Aircraft-Infrastruktur“ musste ich, trotz meiner zehn Jahre im Bevölkerungsschutz, googeln. Nachdem ich keine Einträge dazu finden konnte, habe ich einige Expertinnen und Experten gefragt. Man weiß ja nie; vielleicht ist mir etwas entgangen. Aber: Fehlanzeige. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben einen neuen Begriff geschaffen, der für eine Anschaffung steht, die wir in NRW nicht brauchen.

(Beifall von den GRÜNEN – Heiterkeit von Verena Schäffer [GRÜNE])

Wir als Koalition hingegen nehmen den Katastrophenschutz wirklich ernst. Wir machen ihn zu einem Schwerpunkt unserer Innenpolitik. Im Nachtragshaushalt wurden die ersten Mittel bereitgestellt. Ich kann Ihnen versichern, dass wir weitere Verbesserungen auf den Weg bringen werden. Ich hoffe, dass wir diesen Weg dann gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen gehen werden, und freue mich auf die Zusammenarbeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mehr zum Thema

Innenpolitik