Dr. Julia Höller: „Wir stärken den Schutz derer, die ihn am dringendsten brauchen“

Zum Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Polizeigesetzes - erste Lesung

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Das Polizeigesetz ist eines der sensibelsten Gesetze, die wir im Landtag beschließen.

Das Gewaltmonopol des Staates wird darin in Befugnisse und in Kontrolle gegossen. Es geht um sehr extreme Eingriffe in unsere Grundrechte und zugleich um den nicht weniger wichtigen Schutz von Menschen. Das in einer guten Balance zu halten, ist eine unfassbare Herausforderung.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns dafür – die Kolleginnen und Kollegen haben das benannt – Ende letzten Jahres klare Leitplanken gegeben. Es hat entschieden, dass die bisherigen Regelungen zu längerfristigen Observationen und zu verdeckten Bild- und Tonaufnahmen in Teilen verfassungswidrig sind. Diese Entscheidung setzen wir mit diesem Gesetzentwurf konsequent um.

Wir heben die Eingriffsschwellen dementsprechend deutlich an. Observationen und verdeckte Maßnahmen sind künftig nur noch zum Schutz bestimmter Rechtsgüter und bei konkreter oder terroristischer Gefahr zulässig. Das schafft für die Polizei, für die Gerichte und für die Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit.

Wir schaffen außerdem bei der Frage, was eigentlich Straftaten von erheblicher Bedeutung sind, Klarheit. Statt langer Listen gibt es jetzt ein einfaches, nachvollziehbares Kriterium: Straftaten mit einer Höchststrafe von über drei Jahren gelten als erheblich, solche mit einer von über fünf Jahren als besonders schwer. Das ist transparent und verständlich – auch für Menschen, die keine Juristinnen oder Juristen sind.

Ein zentrales Anliegen ist der Schutz der Privatsphäre. Eingriffe in den Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung, also in das, was für uns zutiefst privat ist, sind weiterhin ausgeschlossen. Bei intimer Kommunikation oder bei Berufsgeheimnissen darf der Staat nicht so einfach mithören. Wenn Maßnahmen trotzdem fortgesetzt werden müssen, etwa um Leib und Leben zu schützen, dann ist das künftig strenger zu kontrollieren und zu dokumentieren. Das ist bei gleichzeitig besten Möglichkeiten, Gefahren abzuwehren und Verbrechen aufzuklären, ein sensibler Umgang mit Grundrechten in der Sicherheitsgesetzgebung.

Außerdem haben wir die Regelungen zu Künstlicher Intelligenz konkretisiert. Wir öffnen der modernen Polizeiarbeit damit – das halte ich für extrem wichtig – die Tür, aber eben mit klaren Leitplanken: kein Profiling, keine automatisierten Einzelentscheidungen, keine diskriminierenden Algorithmen. Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind in so krass sensiblen Bereichen Pflicht. Am Ende entscheiden Menschen und nicht Maschinen.

Wir gehen auch ein Thema an, das uns alle bewegt und über das wir hier im Parlament schon oft gesprochen haben. Ich glaube, beim Thema „häusliche Gewalt“ herrscht zwischen den demokratischen Fraktionen große Einigkeit. Gewalt im eigenen Zuhause ist eine der häufigsten und gefährlichsten Formen von Gewalt, und diese trifft eben vor allem Frauen.

Mit diesem Gesetz schaffen wir ganz konkret mehr Schutz. Wohnungsverweisungen und Rückkehrverbote können künftig bis zu 14 Tage andauern und bei Bedarf um weitere 14 Tage verlängert werden. Damit gewinnen Betroffene wertvolle Zeit, um aus einer akuten Gewaltspirale herauszukommen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen und Unterstützung zu finden. Vielleicht gibt es in diesem Polizeigesetz sogar noch mehr Möglichkeiten, um den Schutz der Opfer noch besser zu ermöglichen. Darüber sollten wir in den nächsten Wochen weiter diskutieren.

Dieses Gesetz ist ein notwendiger Schritt. Wir setzen die Vorgaben des Verfassungsgerichts um. Wir schaffen mehr Rechtsklarheit und stärken zugleich den Schutz derer, die ihn am dringendsten brauchen. Innere Sicherheit heißt eben nicht, immer nur Straftaten zu verhindern, sondern innere Sicherheit heißt auch, Vertrauen zu schaffen – Vertrauen in einen Staat, der die Freiheit schützt, während er sie gleichzeitig sichert. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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