Dr. Julia Höller: „Wir müssen uns im Katastrophenschutz noch besser aufstellen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum Brandschutz

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Herr Dr. Pfeil, ich schätze Ihr persönliches Engagement in Sachen Katastrophenschutz wirklich sehr. Wir wissen alle: Je weiter katastrophale Ereignisse wie das schreckliche Hochwasser im Sommer 2021 entfernt sind, desto weniger echte Mitstreiterinnen und Mitstreiter gibt es für dieses Thema. Umso mehr freue ich mich, dass hier ein echtes Engagement auch außerhalb der medienwirksamen Katastrophenphase besteht. Dafür herzlichen Dank.

Es ist keine Neuigkeit, aber es ist richtig: Wir müssen uns im Katastrophenschutz noch besser aufstellen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Landesregierung, wir als Koalition, wir als Politik haben das fraktionsübergreifend erkannt und bereits viele wichtige Dinge auf den Weg gebracht. Es stimmt einfach nicht, dass hier nichts getan wurde.

Sie haben eben den Schutz kritischer Infrastrukturen angesprochen. Wir haben im Sondervermögen ein riesiges Paket für die kritischen Infrastrukturen auf den Weg gebracht. Gegen dieses Paket klagen Sie jetzt. Deshalb ist das hier, ehrlich gesagt, eine sonderbare Argumentation.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Mir ist auch nicht ganz klar, was dieser Antrag bezwecken soll. Wenn es darum geht, Aufmerksamkeit auf das Thema „Katastrophenschutz“ zu lenken – Sie kennen mich nach einem Jahr –, bin ich immer dabei. Lassen Sie uns also gerne noch einmal darüber sprechen.

Ich weiß nicht, warum Ihnen entgangen ist, dass im Innenministerium längst mit dem Aufbau der zentralen Landesstelle begonnen wurde. Wir haben Personal und Geld bereitgestellt und damit nicht nur lautstark etwas gefordert, sondern es einfach gemacht.

Das BHKG, das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz – also das Gesetz, über das wir hier reden –, ist nicht ganz simpel. Da fügen sich viele kleine Stellschrauben zu einem großen Ganzen zusammen.

(Christian Dahm [SPD]: Das ist doch kein Hexenwerk!)

Da wird zum Beispiel geregelt, wer im Katastrophenfall verantwortlich ist, wie sich Kommunen auf Katastrophen vorbereiten müssen oder wie ehrenamtliche Helfer*innen in das bestehende System integriert werden müssen.

Das BHKG muss als Schablone auf all die verschiedenen Szenarien passen. Auch Sie haben sie aufgezeigt. Es muss zu den unterschiedlichen Strukturen in kreisfreien Städten, Kreisen und Grenzregionen passen und zu den zahlreichen Hilfsorganisationen, die wiederum unterschiedlich strukturiert sind, und das auch noch in Abstimmung mit den Strukturen des Bundes.

Diese vielen Rädchen müssen perfekt ineinander passen, um als großes Ganzes zu wirken. Diese Rädchen werden am besten gemeinsam gedreht. Deshalb funktionieren diese Veränderungen nur unter enger Einbeziehung der Akteure im Brand- und Katastrophenschutz, also der Feuerwehren, der Hilfsorganisationen, aber auch der Kommunen.

Dieser Antrag kommt zu einem sonderbaren Zeitpunkt, weil landauf, landab mit diesen Akteuren gesprochen wird. Die sind übrigens nicht der Meinung, dass das zu langsam geht.

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Doch!)

Die sind der Meinung, dass es genau richtig ist, dass wir uns die Zeit nehmen, sie anzuhören und all ihre Argumente aufzunehmen. Ich möchte gerne wissen, wer das zu Ihnen gesagt hat, weil wir komplett andere Meinungen gehört haben. Die Akteure sind der Meinung, dass wir hier einen sehr guten, richtigen Weg gehen, weil wir uns diese Zeit nehmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Bleiben wir im Bild: Die einzelnen Rädchen, also die inhaltlichen Punkte in Ihrem Antrag, sind richtig gut. Das ist auch kein Wunder, und sie stehen genau so bei uns im Koalitionsvertrag:

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

mehr Kompetenzen für das Land im Katastrophenfall, verpflichtende Einführung von Katastrophenschutzbedarfsstellen, eine zentrale Landesstelle, Selbsthilfe der Bevölkerung und verbindliche Regelungen für den Katastrophenschutz. Das muss jetzt in einen Gesetzestext gegossen werden.

Ganz grundsätzlich geht es darum, Verbindlichkeit zu schaffen, und diese Verbindlichkeit wird sich durch diese Reform des BHKG ziehen. Eines meiner Herzensanliegen ist dabei zum Beispiel die Ausbildung der Krisenstabsleiter in den Kreisen und Kommunen.

Natürlich brauchen wir diese Reform des BHKG – das ist allen klar –, aber wir brauchen dafür keinen Erinnerungsantrag. Wir nehmen ihn aber natürlich gerne mit.

Wir müssen uns diese Zeit nehmen, denn wir dürfen uns hier kein Trial and Error erlauben. Es geht darum, dass Vorsorge und Vorbereitung auf den verschiedenen Ebenen funktionieren. Es geht darum, dass alle handelnden Personen und Organisationen Rechtsicherheit haben. Es geht darum, dass wir die Menschen in NRW bestmöglich vor Katastrophen schützen.

Ich verstehe Ihren Antrag aber auch nicht als Mittel für eine schnelle Schlagzeile, sondern als Statement für die kommenden Diskussionen im Innenausschuss; als Statement dafür, dass Sie unser Kapitel zum Katastrophenschutz im Koalitionsvertrag schon irgendwie gut finden.

(Heiterkeit von Dr. Werner Pfeil [FDP])

Lassen Sie uns gerne gemeinsam daran arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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