Dr. Julia Höller: „Sicherheit bleibt Kernaufgabe dieser Koalition“

Zum Haushaltsgesetzentwurf 2026 - zweite Lesung - Innen

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt ist mehr als Zahlenwerk. Er ist mehr als dieses dicke, blaue Buch, das wir alle ständig in der Hand halten. Ich glaube, es ist ein Versprechen – ein Versprechen an die Menschen, die in diesem Land leben, und auch an diejenigen, die jeden Tag für die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen im Einsatz sind. Dieses Versprechen lautet: Der Staat funktioniert, wir machen NRW sicherer.

Wir verabschieden einen Rekordhaushalt im Innenbereich. Es sind fast 8 Milliarden Euro. Das ist unglaublich viel Geld. Noch nie hat dieses Land so viel Geld in die innere Sicherheit investiert. Das ist auch kein Zufall, sondern Ausdruck einer klaren Priorität: Sicherheit bleibt Kernaufgabe dieser Koalition.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Es gilt natürlich weiterhin, sorgsam mit den Mitteln umzugehen. Aber eines ist für uns klar: Wir sparen nicht bei den Menschen in Uniform. – Unser Auftrag ist, die Funktionsfähigkeit unserer Sicherheitsbehörden zu gewährleisten. Genau das bildet dieser Haushalt ab.

Damit komme ich zu dem, was das Herzstück der inneren Sicherheit ist. Das sind nämlich die Menschen. Sicherheit hat viele Gesichter: das der Polizistin im Streifendienst, das des Feuerwehrmanns, der nachts die eigene Haustür hinter sich zuschlägt, weil der Melder piept, das der Ehrenamtlichen im Katastrophenschutz, die in schweren Lagen das Rückgrat unserer Gefahrenabwehr bilden. Für all diese Menschen treffen wir heute mit diesem Haushalt, mit diesen Zahlen Entscheidungen.

Ich versuche, ein paar Schlagpunkte in diesem dicken, blauen Buch mit vielen Zahlen zu setzen. Ich glaube, einer der wichtigsten Punkte ist, dass wir weiterhin jährlich 3.000 Stellen für Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter schaffen. Das ist neben dieser Zahl ein ganz starkes Signal für Präsenz, für Ansprechbarkeit, für eine Polizei, die sichtbar ist.

Doch klar ist auch: Personal allein reicht nicht. Denn gute Arbeit braucht auch gute Ausstattung. Deshalb müssen wir sehr genau dahin gucken, wo wir für Dienst- und Schutzkleidung noch zusätzlich Geld investieren können, damit Polizistinnen und Polizisten das erhalten, was sie wirklich benötigen – und das nicht nach dem Motto: „Alle sollen alles kriegen, Hauptsache, jeder hat den kompletten Schrank voll“. – Vielmehr sollen sie das bekommen, was dafür erforderlich ist, den Job zu machen und den Dienst sicher und professionell ausführen zu können.

Ein weiterer Baustein ist die Einsatzfähigkeit von Fahrzeugen. Da müssen wir hingucken, damit die Streifenwagen zuverlässig fahren. Das ist kein Komfort, sondern eine Voraussetzung. Es ist gerade eine Voraussetzung für diejenigen, die auf der Straße sind, die im Bezirksdienst unterwegs sind – egal, ob es das Fahrrad oder das Auto ist. Da müssen wir schauen, dass wir nicht weiter in einen Investitionsstau hineinfahren.

Wertschätzung zeigt sich aber nicht nur über die Ausstattung, sondern auch über die Unterbringung. Ich weiß, dass das ein superschweres Thema ist. Jeder, der einmal in einer Polizeiwache war, weiß, dass es einige gibt, die neu sind. Es gibt aber auch welche, bei denen man sich denkt: Na ja, stellen wir hier mal einen Eimer hin. – Dabei ist der Vergleich mit dem Eimer und dem undichten Plenarsaaldach vielleicht auch nicht der beste.

Ich denke, es ist einfach superwichtig, dass wir mit diesem Haushalt und den großen Verpflichtungsermächtigungen, die darin enthalten sind, einen langfristigen Weg anlegen, um genau diesen Investitionsstau zu beseitigen. Das geht nicht von heute auf morgen in allen Bereichen; das wissen wir alle. Aber klar ist – und das legen wir mit diesem Haushalt fest –, dass moderne Sicherheitsbehörden eine moderne Infrastruktur brauchen.

Sie wissen, dass wir diese 3.000 Einstellungen sehr klar mit der Bedingung verknüpfen, dass wir bei diesen 3.000 Einstellungen nicht an der Ausbildung und an der Fortbildung sparen. Klar ist auch, dass wir in unserem Polizeidienst nicht irgendwen, sondern die Besten haben wollen. Professionelles Handeln in komplexen Lagen ist nichts, was man einmal lernt. Es ist ein fortlaufender Prozess. Deshalb ist es wichtig, dass wir große Investitionen in die Aus- und in die Fortbildung tätigen. Denn das sind Investitionen in Qualität, in Professionalität. Das sind Investitionen in eine Polizei, die nah bei den Menschen bleibt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ein weiterer Schwerpunkt unseres Handelns, wie man auch anhand des Polizeigesetzes merkt, ist der Schutz vor häuslicher Gewalt. Da stellt sich immer die Frage: Na ja, wo kann man im Polizeihaushalt dafür die Stellschrauben drehen? – Es geht darum, dass wir für das spanische Modell der Fußfessel neue technische Mittel anschaffen müssen, wie beispielsweise die Sender. Da müssen wir auch gesetzlich festlegen, wie wir uns technisch ausstatten, um Opfer besser zu schützen.

Wir haben in den Landtagsdebatten der letzten Wochen sehr ausführlich über die Fähigkeit unseres Sicherheitssystems gesprochen, auf neue Bedrohungen reagieren zu können. Dazu zählt auch die Drohnenabwehr. Wir haben das ausführlich diskutiert, und jetzt müssen wir ins Handeln kommen. Ich denke, wir hätten das gut auf einer gesetzlichen Ebene machen können. Jetzt geht es darum, auch technisch auf die Höhe der Zeit zu kommen und da noch weitere Investitionen zu tätigen, um unsere Systeme und die die kritischen Infrastrukturen zu schützen.

Der Schutz kritischer Infrastrukturen ist vielleicht das beste Beispiel dafür, dass unsere Sicherheitsbehörden eng zusammenarbeiten und kooperieren müssen: Drohnenabwehr durch die Polizei und die Bundeswehr, Schutz vor zivilen Gefährdungen durch den Katastrophenschutz, Schutz vor Wirtschaftsspionage durch den Verfassungsschutz. Wir investieren genau in die Bereiche, die gemeinsam diesen Schutz kritischer Infrastrukturen vornehmen. Wir verbessern ihn, indem wir eben die Zusammenarbeit fördern.

Beim Katastrophenschutz beginnen wir bei den Jüngsten und sichern die Förderung der Kinderfeuerwehren, denn 85 % unserer Feuerwehrleute sind ehrenamtlich. Die Nachwuchsarbeit entscheidet über die Zukunft der Gefahrenabwehr. Auch wenn die Beträge klein wirken, ist das ein großer Schritt dahin, Ehrenamt starkzumachen.

Wir investieren in moderne Ausrüstung im Katastrophenschutz – ob es Anhänger für Fließwasserrettung, neue Boote, Fahrzeuge für Sanitäts- und Betreuungsdienst, Tanklöschfahrzeuge für Vegetationsbrände sind. In der Summe sprechen wir über weit über 150 Millionen Euro für krisenfeste Infrastruktur. Das macht Nordrhein-Westfalen resilienter gegen Hochwasser, Hitze, Waldbrände und große Schadenslagen.

Leider kann man im Moment nicht mehr über innere Sicherheit sprechen, ohne das Thema „Zivilschutz“ zu benennen, auch wenn wir alle wissen, dass es eigentlich Aufgabe des Bundes ist, denn so steht es im Grundgesetz. Die konkreten Aufgaben müssen aber in den Kommunen ausgeführt werden. Im Ernstfall entscheiden Minuten über Leben. Wir schaffen Stellen bei den Bezirksregierungen, um Objekterfassung, Alarmkalender und Koordinierung professionell bearbeiten zu können. Das klingt erst mal nerdig nach irgendwelchen Leuten, die an irgendwelchen Schreibtischen sitzen. Das ist aber genau das, was im Hintergrund passiert, um auf neue Bedrohungslagen zu reagieren und Sicherheit zu ermöglichen.

Der Satz „Jeder Euro, den wir in Prävention investieren, holen wir vielfach wieder raus“ mag alt und abgedroschen sein, aber er ist nach wie vor total richtig. Wenn jemand sagt: „Wie könnt ihr denn mehr in Prävention stecken? Wir wissen doch gar nicht, ob das wirklich hilft“, dem sei noch mal das Präventionsparadoxon vor Augen geführt. Genau weil diese Prävention wirkt, investieren wir in Programme wie „Wegweiser NRW“ und „Kurve kriegen“ – Programme, die häufig nicht im Vordergrund stehen, aber leise und wirksam im Hintergrund arbeiten. Deswegen gibt es hier eben keine Einsparungen. Sie werden stabil finanziert.

1 Euro Prävention spart 3 bis 10 Euro Folgekosten. Das ist verantwortliche Haushaltspolitik, weil wir eben nicht nur auf heute gucken, sondern auf die nächsten Jahre und auch über diese Legislatur hinaus. Diese langfristige Perspektive muss in Haushaltsdebatten generell mehr berücksichtigt werden.

Der Verfassungsschutz ist das Frühwarnsystem unserer Demokratie. Mit dem Sicherheitspaket der Landesregierung haben wir hierfür viele wichtige Investitionen vorgenommen. Das verstetigen wir jetzt, sodass der Verfassungsschutz seine Aufgabe grundlegend machen kann.

Zum Schluss möchte ich noch einmal zu meinem zentralen Punkt zurückkommen, nämlich dass unser Haushalt, den wir hier heute für den Innenbereich festlegen, ein Versprechen ist – ein Versprechen, dass dieser Staat funktionsfähig bleibt, dass er seine Sicherheitsbehörden stärkt, dass er den bestmöglichen Schutz vor Kriminalität, vor Terrorismus, vor Katastrophen und vor Gewalt bietet. Wir geben Sicherheit im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Was wir heute beschließen, wirkt morgen auf der Straße, in der Leitstelle, auf der Wache, im Katastrophenschutzzug, in den Schulungen und in der Präventionsarbeit. Es wirkt dort, wo Menschen für dieses Land und unsere Sicherheit einstehen. Dieses Versprechen halten wir ein. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)