Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon ganz oft gehört: Es reicht nicht. – Jeder Wortbeitrag der Opposition zu jedem Einzelplan enthielt irgendwie: Es reicht nicht. – Wissen Sie was? Ich fühle das, ehrlich gesagt, auch; denn mehr wäre wirklich besser. Ich würde wahnsinnig gerne mehr Geld in die Polizei investieren. Ich würde wahnsinnig gerne mehr Geld für den Katastrophenschutz ausgeben.
Aber dieses „Es reicht nicht“-Empören gehört zur Oppositionsarbeit.
(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Da habt ihr ja Erfahrung!)
Das ist okay. Ich habe nur wirklich ein Problem damit, wenn auch jetzt wieder hier alles schlechtgeredet wird, wenn hier ständig suggeriert wird, wir lebten in einem unsicheren Land, wenn hier ständig suggeriert wird, wir sparten an innerer Sicherheit. Meine Damen und Herren, das ist einfach nicht richtig.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
NRW ist sicher. Die Menschen in NRW vertrauen der Polizei und dem Staat. Es ist jede Menge Geld im System; in diesem Bereich sind es 7,49 Milliarden Euro. Das ist eine Zahl mit neun Nullen.
Logischerweise ist mehr immer wünschenswert, aber zwischen „mehr geht immer“ und „Kahlschlag“ liegt ganz schön viel Graubereich. Dazwischen liegen einige Milliarden Euro, und dazwischen liegt, ehrlich gesagt, auch die Redlichkeit der Opposition.
(Beifall von den GRÜNEN und Christina Schulze Föcking [CDU])
Lassen Sie uns gemeinsam in den Einzelplan 03 schauen. Ich spreche dazu fünf Punkte an.
Erster Punkt. Wir investieren in die Menschen, die für unsere Sicherheit sorgen. Das können wir im Polizeikapitel sehen.
Vor den Inhalten eine kleine Nettigkeit; das ist absolut mein Humor: Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber das Polizeikapitel ist charmanterweise das Kapitel 03 110. Bei aller Trockenheit der Haushaltszahlen: Wer sich das ausgedacht hat – das finde ich toll. Vielen Dank dafür. Wir lächeln, wenn wir dieses Kapitel aufschlagen.
(Beifall von den GRÜNEN, Gregor Golland [CDU] und Christina Schulze Föcking [CDU])
Nun aber zum Inhalt. Wir investieren mit 3.000 Einstellungsermächtigungen in die Anzahl der Personen, die für unsere Sicherheit sorgen. Das erhöht die Sicherheit der Menschen ganz unmittelbar.
Wir investieren in die Qualität, also in die Aus- und Fortbildung dieser Personen, weil wir die bestausgebildete Polizei haben möchten. Außerdem investieren wir in die Ausstattung der Polizei, weil wir die am besten ausgestatteten Polizistinnen und Polizisten haben möchten. Hierfür investieren wir insgesamt 30 Millionen Euro. Sie können noch so oft rufen: Sie sparen an der Sicherheitsausstattung der Polizei. – Das ist völliger Quatsch.
Aber der Anorak! – Das ist ein kleiner Insider aus dem Innenbereich, den Sie vielleicht heute schon mitbekommen haben. Es ist nicht uninteressant. Was ist denn mit diesem Anorak überhaupt? Der Anorak wird eingespart. Wer das nicht wöchentlich im Innenausschuss mitverfolgt: Der Anorak wird nicht mehr flächendeckend allen Polizistinnen und Polizisten zur Verfügung gestellt, weil er unpraktisch ist und nicht genutzt wird. Deshalb weg damit! Die Dinger müssen doch nicht in jedem Spind herumfliegen. Warum sollten sie? Dieser Einsparungsvorschlag kommt aus der Polizei. Das ist ziemlich klug, und genau so gehen wir vor.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Wir investieren in die Gebäude der Polizei. Es gibt viele renovierungsbedürftige Gebäude, und wenn ich vor Ort bin, dann denke ich auch häufig: Huch, vielleicht reicht das alles nicht. – Genau deshalb ist es so wichtig, dass wir es über eine VE von 100 Millionen Euro im Haushalt 2025 endlich wieder ermöglichen, Sanierungen und Modernisierungen anzugehen.
Wir schaffen gute Arbeitsbedingungen für unsere Polizistinnen und Polizisten, die – da bin ich mir sicher – sich nicht nur durch Gebäude oder die neuen Streifenwagenmodelle ergeben, sondern aus einem Gesamtpaket entstehen, das unsere Polizei in NRW ausmacht. Mit Blick auf die Menschen liegen wir gar nicht so verkehrt. Auch die Rekordzahlen bei den Bewerbungen sprechen dafür.
Zweiter Punkt. Wir reagieren mit diesem Haushalt und mit der Ergänzungsvorlage auf eine neue Bedrohungslage. Nicht erst seit dem schrecklichen Terroranschlag in Solingen wissen wir, dass sich die islamistische Bedrohung und die islamistische Radikalisierung verändern. Wir gehen das an.
Eine zentrale Rolle spielt der Verfassungsschutz. Deshalb geben wir hierfür mehr Geld in das System. Es wird natürlich auch darüber gesprochen, ob der Verfassungsschutz mit neuen Befugnissen ausgestattet wird. Das können wir unter drei Bedingungen tun.
Die Befugnisse müssen erstens wirken. Es hilft nichts, wenn sie nur ein Feigenblatt sind, und dann zu sagen, wir hätten etwas getan. Wenn diese Befugnisse tatsächlich wirken und hierdurch unsere Sicherheit erhöht wird, dann sind wir dabei.
Es handelt sich zweitens nicht um unverhältnismäßige Eingriffe in unsere Grundrechte. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Befugnisse so grundrechtssensibel wie möglich eingesetzt werden.
Mit diesen Befugnissen gehen drittens mehr Transparenz und eine stärkere Kontrolle einher. Das gilt für virtuelle Ermittler, virtuelle Agenten und auch für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Es geht darum, die Arbeit der Sicherheitsbehörden an die neuen Bedrohungen anzupassen. Das tun wir mit diesem Haushalt.
Dazu gehört, dass wir den Sicherheitsbehörden ermöglichen, auch in den dunkelsten Ecken des Internets zu ermitteln, und dass wir KI einsetzen, um die Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler zu erleichtern. KI kann riesige Bildmengen nach verfassungsfeindlichen Symbolen durchsuchen oder Sprachaufnahmen automatisch in Text umwandeln. Natürlich ist es unser Job, darauf zu achten, dass datenschutzrechtliche und ethische Standards eingehalten werden.
(Beifall von den GRÜNEN und Thomas Schnelle [CDU])
Dritter Punkt. Wir investieren in den Katastrophenschutz und in die Feuerwehr. Nein, das Kapitel heißt noch nicht 03 112, aber das wäre eine schöne Idee.
(Heiterkeit von Verena Schäffer [GRÜNE])
Ich weiß, dass der Katastrophenschutz im Moment ein bisschen hinten runterfällt. Das Thema boomt gerade nicht so richtig. Das ist aber gut, denn das bedeutet, dass dieses Jahr ziemlich viel glatt gelaufen ist, dass unsere Investitionen in Vorsorge gewirkt haben und dass wir auf einem guten Weg sind.
Genau deshalb treiben wir den Aufbau der Landesstelle Katastrophenschutz weiter voran. Wir brauchen zum Beispiel digitale Lagebilder und die Vorbereitung für eine verbindliche Katastrophenschutzbedarfsplanung, um von der nächsten Krise nicht überrascht zu werden. Darum ist „üben, üben, üben“ so wichtig; das ist für alle Fachleute ein No-Brainer.
Wir verdoppeln die Gelder für Übungen, damit Großverbände im Krisenfall tatsächlich einsatzfähig sind. Das zeigt, dass wir mit diesem Haushalt nicht nur auf die Spotlights oder auf die lauten Forderungen schauen, sondern dass wir auch dann in den Katastrophenschutz investieren, wenn die Lobby etwas kleiner und der Beifall etwas leiser ist.
(Beifall von den GRÜNEN und Gregor Golland [CDU])
Vierter Punkt. Das Thema „Prävention“ zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Haushalt. Kluge Innenpolitik beginnt, bevor Straftaten geschehen. Mit zusätzlichen 2,5 Millionen Euro in der Ergänzungsvorlage stärken wir Präventionsprogramme, um zum Beispiel eine Radikalisierung frühzeitig zu verhindern.
Jetzt mögen Sie wieder rufen: Das reicht nicht; Sie sparen doch. – Ja, das stimmt. Wir sparen aber vor allem an der Öffentlichkeitsarbeit. Das ist schade, aber es ist weniger skandalös, als Sie es darstellen.
Es stimmt, dass es nie genug Prävention gibt. Jeder im Innenhaushalt für Kinder und Jugendliche ausgegebene Euro rentiert sich mehrfach. Das ist keine kurzfristige, auf Sicht fahrende Politik, sondern eine Politik, die Vorsorge für zukünftige Generationen ernst nimmt.
Fünfter Punkt. Vielleicht haben Sie es in den Änderungsanträgen gesehen, vielleicht aber auch nicht, dann erzähle ich es Ihnen gerne: Wir nehmen die Stärkung der Kriminalpolizei ernst und unterlegen das, was wir in den letzten Plenarwochen dargestellt haben, mit Geld und mit Funktionsstellen.
(Marc Lürbke [FDP]: Aus vorhandenen Mitteln! 15 Stellen!)
Wir finanzieren einen Piloten zu Kriminalassistenten. Diejenigen, deren Job es ist, zu ermitteln und Verbrecher zu jagen, sollen genau das tun. Sie werden von der Büroarbeit entlastet.
Lassen Sie uns in NRW Vorreiterin werden, indem wir unsere Kriminalpolizei effektiver machen. Es ist grandios, dass wir das in diesem Haushalt verankern können.
(Marc Lürbke [FDP]: 15 ist grandios!)
Wie wir mit unserer Kriminalpolizei umgehen, trägt unmittelbar zur Sicherheit der Menschen in NRW bei.
(Beifall von den GRÜNEN)
Schauen wir noch einmal von oben auf diesen Haushalt. Es ist ein bisschen schwierig zu erklären, denn insgesamt handelt es sich um einen Rekordhaushalt; noch nie war in einem Landeshaushalt oder auch in diesem Einzelplan 03 so viel Geld. Gleichzeitig müssten aufgrund von Inflation und Tarifsteigerungen diese Erhöhungen noch viel größer ausfallen.
Da, wo nicht erhöht wurde, fühlt es sich fast an wie eine Kürzung.
Ich kann jede Person in dem System verstehen, die sagt: Hier fehlt es an etwas; hier braucht es etwas mehr. – Ich möchte heute versprechen, dass wir zuhören. Wir checken, wenn jemand sagt: „Wir brauchen etwas mehr; da wurde an der falschen Stelle etwas weggenommen“, und dafür gute Begründungen nennt. Dann hören wir zu und checken, was wir als Fraktion dazu beitragen können, um Abhilfe zu schaffen.
Denn unser Ziel als schwarz-grüne Koalition ist die Sicherheit der Menschen in NRW. Mit diesem Haushalt hinterlegen wir das mit Zahlen, und zwar nicht immer mit dem Fokus auf denjenigen, die am lautesten schreien, nicht immer da, wo die Lobby am größten und die Rufe am lautesten sind, sondern da, wo die natürlich begrenzten Ressourcen „Geld“ und „Personal“, wirklich wirken können. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)