Dr. Julia Höller: „Es sind die kleinen Stellschrauben, die die Kripo stärken“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag zu Kriminalassistent*innen

Portrait Dr. Julia Höller

Der Antrag „Implementierung eines Pilot-Projektes für den Einsatz von Kriminalassistentinnen und -assistenten“

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Innenpolitisch wird es hier im Landtag meistens spannend, wenn es möglichst laut knallt oder auch wenn Blut im Spiel ist. Wir erinnern uns alle an die Blutspur durch NRW, die die SPD im letzten Jahr aufgetan haben will.

Aufmerksamkeit für Innenpolitik gibt es dann, wenn es irgendwo kracht und blinkt, mindestens organisiertes Verbrechen beteiligt ist oder eine nicht näher bestimmte Anzahl Tatverdächtiger mit nichtdeutschem Pass.

Wir als regierungstragende Fraktion stehen aber für eine Innenpolitik, die sich auch den leisen Tönen widmet, im Gegensatz zu anderen. Denn wie oft kann man kontextlos „Taser“ rufen, liebe FDP?

(Marc Lürbke [FDP]: Wie oft kann man kontextlos „Vorratsdatenspeicherung“ rufen?)

Das war eben nicht konstruktiv in der Haushaltsdebatte. Wir hingegen nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Wir stärken konkret die Sicherheit der Menschen in NRW, indem wir eine gut ausgestattete, bestens ausgebildete und arbeitsfähige Kriminalpolizei weiterentwickeln.

(Beifall von den GRÜNEN)

In den letzten Monaten haben wir eine Qualitäts- und Attraktivitätsoffensive für die Kripo anhand von drei Initiativen auf den Weg gebracht. Wir stärken die Kriminalpolizei durch bessere Qualifizierung und mehr Attraktivität. Wir stärken die Kriminalpolizei durch bessere Digitalisierung. Und jetzt stärken wir die Kriminalpolizei durch mehr Entlastung, und zwar konkrete Entlastung durch die Einführung von Kriminalassistenzen.

Ja, Bürokratieentlastung, Vorgangsbearbeitung, Tarifbeschäftigte, Aktenberge: Das klingt erst einmal nicht ganz so aufregend. Aber nein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Gegenteil: Ich möchte jetzt fünf Punkte nennen, warum Kriminalassistenzen wirklich und ernsthaft eine richtig gute Weiterentwicklung der Kripo sind.

Erstens. Kriminalität hat sich verändert. Kriminalitätsbekämpfung hat sich verändert, und Kriminalpolizei muss sich deshalb weiter verändern. Die Anforderungen an die Ermittlerinnen und Ermittler werden immer höher. Cybercrime, digitale Verbrechensbekämpfung, Komplexität von Strukturermittlungen, das kann kein Schimanski mehr allein.

Zweitens. Man hört immer wieder von diesem Papierkram. Ja, Kriminalassistentinnen und -assistenten nehmen den Ermittlern Schreibarbeit, Aktenarbeit oder die Pflege von Datenbanken ab. Das ist Sinn der Sache. Ich mag das Wort „Papierkram“ gar nicht. Wir sollten Papier gegenüber nicht so despektierlich sein. Denn nicht selten sind es genau diese Details auf Papier, die saubere Aktenführung, das im Detail aufbereitete digitale Asservat, das zu einer Überführung der Täter führt. Ohne diesen Papierkram geht das einfach nicht.

Drittens. Kriminalassistenzen sollen sich auch um einfache Ermittlungsvorgänge kümmern, sodass sich die Ermittler auf komplexere Delikte konzentrieren können. Das ist deshalb so wichtig, weil alle Umfragen immer wieder zeigen, dass Alltagskriminalität einen so enormen Einfluss auf unser Sicherheitsgefühl hat. Der Taschendiebstahl, den wir lapidar als Kleinkriminalität abtun, ist für meine Oma vielleicht entscheidend für ihre Lebensqualität, weil sie sich seitdem nicht mehr aus dem Haus traut. Deshalb brauchen wir hier höhere Aufklärungsquoten. Kriminalassistenzen sind ein Schritt in diese richtige und wichtige Richtung.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Viertens. Ich nehme die Sorgen enorm ernst, wenn gesagt wird: Aber bitte übertragt denen keine hoheitlichen Aufgaben! Ja, natürlich, Sie wissen, wir Grüne haben um diese Kriminalassistenzen hart gerungen. Genauso stehen wir dafür, dass hoheitliche Aufgaben wie Verhaftung selbstverständlich bei Polizeivollzugsbeamten bleiben. Alles andere wäre krass gegen unsere grünen Grundsätze.

Fünftens. Wir machen die Kriminalpolizei attraktiver für Bewerberinnen und Bewerber. Wir wollen die besten Menschen haben, die für uns auf Verbrecherjagd gehen, die für uns Finanzkriminalität und Organisierte Kriminalität ermitteln und die den Fahrraddiebstahl und den Enkeltrick wirklich ernst nehmen.

Das Ganze, was wir aufgesetzt haben, ist ein Pilot. Wir testen das mit 15 Stellen in drei Behörden. Da testen wir, was gut funktioniert und was weniger gut funktioniert. Wir loten Möglichkeiten und Grenzen aus. Dann überlegen wir, ob und wie wir das Ganze klug ausrollen können. Das ist also ein Projekt für die Sicherheit der Menschen in NRW, ein Projekt, das wirkt, möglicherweise im Hintergrund, möglicherweise auch unbemerkt von der Öffentlichkeit und ziemlich sicher, ohne dass es blinkt und knallt.

Es sind eben die kleinen Stellschrauben, die die Kripo stärken, die den Beruf des Kriminalbeamten attraktiver machen, weil sich die Ermittlerin auf die komplexe Strukturermittlung fokussieren kann und der Aktenberg nicht im Nacken sitzt, sondern von den Kriminalassistenten abgearbeitet wird: ein Projekt für die Sicherheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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