Dr. Julia Höller: „Das ist der sogenannte kooperative Ansatz: gemeinsam, kooperativ, in Eigenverantwortung“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zur Kritischen Infrastruktur

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wenn ich in den vergangenen zehn Jahren über kritische Infrastrukturen gesprochen habe, wusste häufig kaum jemand, worum es geht. „Kritische was?“ wurde dann oft gefragt.

Seit Beginn der Pandemie wissen wir alle, wie wichtig die Versorgung mit kritischen Gütern und Dienstleistungen für unsere Gesellschaft ist. KRITIS ist in den Fokus gerückt. Deshalb ist es so wichtig, dass sich auch die Politik dieses Themas annimmt und dass dieses Parlament ein Signal an die Betreiber, die Unternehmen und Behörden sendet, dass der Schutz kritischer Infrastrukturen ganz oben auf der sicherheitspolitischen Agenda steht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Noch wichtiger, als ein Zeichen zu setzen, ist es, zu machen: Schutzmaßnahmen erhöhen, investieren und Regeln schaffen. Wir konzentrieren uns in unserem Antrag auf die sich überlagernden Krisen: Coronapandemie und Energiemangellage. Aber natürlich sind für den Schutz kritischer Infrastrukturen viel mehr Szenarien relevant. Selbstverständlich gilt es, zusätzlich zu diesen zwei ernsten Krisen – und das macht es ja so brisant – auch die verschärfte Lage bezüglich der Sabotagen zu managen.

Das macht die Lage in den anderen beiden Krisen nicht weniger bedrohlich, ganz im Gegenteil. Mir wurde gesagt: Ihr beschäftigt euch weiter mit der Pandemie? Das ist doch nicht mehr aktuell. – Tja, vielleicht ist es nicht mehr ganz oben auf der politischen Agenda, aber für die Unternehmen ist es weiterhin relevant und möglicherweise existenzbedrohend. Denn Personal ist die Grundbedingung für eine funktionierende Versorgung: ohne Leitstellenmitarbeitende keine Eingriffe in das Energiesystem, ohne Technikerinnen und Techniker keine Reparaturen an Leitungen, ohne Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas keine Betreuung für Kinder von Pflegekräften. Die Personalausfälle in der kommenden Infektionswelle sollen den KRITIS-Betrieben nicht wieder den Boden unter den Füßen wegreißen.

Der Schutz kritischer Infrastrukturen ist die gemeinsame Aufgabe von Staat und Betreibern. Das ist der sogenannte kooperative Ansatz: gemeinsam, kooperativ, in Eigenverantwortung. Dagegen kann man erst einmal nichts haben.

In der aktuellen Situation wird aber von vielen Seiten der Ruf nach Regulierung laut. Das ist auch wirklich plausibel. Denn immerhin haben wir beim Schutz kritischer Infrastrukturen viele Regelungslücken, die der Bund durch ein KRITIS-Dachgesetz endlich schließen muss.

Jenseits der Informationssicherheit und der BSI-Kritisverordnung ist gar nicht so richtig klar, wer zur kritischen Infrastruktur zählt. Vor der Pandemie wollte es niemand sein. Dann müsste man ja zusätzliche Regeln befolgen. In der Pandemie wollten es, in der Hoffnung auf Bevorrechtigung, viele sein.

Alle, die jetzt laut nach dem Staat rufen, müssen sich klar darüber sein, dass Regulierungen auch Verpflichtungen für die Unternehmen und für die Behörden bedeuten und dass das erst recht nicht umsonst ist.

Viele KRITIS-Betreiber haben in den letzten Jahren in der Pandemie hochwertige Notfallpläne entwickelt und das Krisenmanagement professionalisiert, sich immer wieder auf neue Situationen eingestellt und dabei unsere Gesellschaft am Laufen gehalten. Dafür müssen wir ihnen großen Dank aussprechen; ich glaube, hier ist der richtige Ort dafür.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und Marc Lürbke [FDP])

Es fällt uns immer nur auf, wenn etwas fehlt, und nicht, wenn etwas nicht fehlt. Oder haben Sie in der vergangenen Woche im Supermarkt gedacht: „Was die Papierindustrie alles schafft; toll, dass es Toilettenpapier gibt“?

Mit den Maßnahmen, die wir in unserem Antrag benennen, bleiben wir auf dem Pfad eines kooperativen Ansatzes. Die Landesregierung unterstützt die Unternehmen bei ihren Notfallplanungen. Die Landesregierung, selbst kritische Infrastruktur, ist dabei gut aufgestellt.

Es gilt aber auch, nachzuschärfen und sich noch besser auf die sich überlagernden Krisen „Pandemie“, „Energiemangellage“ und „Sabotagebedrohung“ einzustellen, um die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen zu gewährleisten.

Diese Maßnahmen sind unabhängig vom Szenario. Sie folgen dem Gefahrenansatz. Wir brauchen keinen weiteren Antrag, der die Bedrohungslage irgendwie noch mal aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Nein, die Landesregierung kann morgen loslegen und weitermachen.

Den Schutz kritischer Infrastrukturen finden mittlerweile alle wichtig. Das ist auch gut so. Wir haben jetzt lange genug darüber geredet, auch wenn die SPD heute Nachmittag noch einmal darüber reden will. Der Winter steht vor der Tür, und wir halten den Laden nicht auf.

Die Landesregierung ist auf dem richtigen Weg.

(Marc Lürbke [FDP]: Sie sind doch gar nicht die Landesregierung!)

Die Unternehmen sind es ebenfalls. Wir verstärken den Schutz. Die Zeiten sind ernst. Legen wir und legen Sie also bitte los.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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