Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Erneut beschäftigen wir uns heute hier im Plenum mit dem Thema „Bezahlkarte“. Ganz konkret geht es um den Gesetzentwurf der Landesregierung. Dieser trägt den etwas sperrigen Titel „Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“. Kollege Baran hat es gerade schon gesagt: Im Kern geht es um die Bezahlkarte.
Basierend auf dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz aus dem November 2023, der gemeinsamen Ausschreibung von 14 Bundesländern aus dem Januar 2024 und dem Beschluss des Deutschen Bundestages sowie Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz aus dem Juni 2024 schlägt die Landesregierung nun vor, einige wenige Paragrafen in dem genannten Gesetz zu ändern. Denn während andere Bundesländer die Bezahlkarte durch eine Rechtsverordnung einführen können, ist in NRW diese Rechtsänderung notwendig. Anschließend kann die Landesregierung per Rechtsverordnung die Details regeln.
Uns ist wichtig, dass die Ausgestaltung der Rechtsverordnung zu einer Verwaltungsvereinfachung führt und den Menschen Teilhabe und Integration ermöglicht.
Viele Städte wie beispielsweise Münster sind sehr erfolgreich damit, dass kommunal zugewiesene Asylbewerber und Asylbewerberinnen in der Regel über ein Bankkonto verfügen. Denn das ist nicht nur der bürokratieärmste Weg – und das ist ja eigentlich das, was wir wollen –, sondern auch diskriminierungsfrei und eine ganz zentrale Voraussetzung für Integration in den Arbeitsmarkt. Somit ist es gut, dass bereits der Gesetzentwurf, den wir heute hier diskutieren, eine Opt-out-Regelung für die Kommunen ermöglicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wissen darüber hinaus alle, dass in Deutschland bargeldlose Zahlung bei Weitem nicht überall möglich ist und es unzählige Geschäfte gibt, in denen man nach wie vor nur in bar bezahlen kann. Auch Flohmärkte und Second-Hand-Märkte sind vielfach ohne Bargeld nicht zu nutzen. Daher ist es uns enorm wichtig, Kinder bei zur Verfügung stehendem Bargeld genauso zu behandeln wie Erwachsene. Denn Kinderkleidung oder auch Spielwaren werden vielfach nur auf Flohmärkten oder in Second-Hand-Märkten gekauft.
Alle Beteiligten, die sich für die Einführung einer Bezahlkarte aussprechen, sind, um den Geflüchteten eine diskriminierungsfreie Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen, gut beraten, sich auch die Argumente der christlichen Organisationen wie Diakonie und Caritas anzuhören und sie zu berücksichtigen. Denn diese haben sich, wie viele andere auch, sehr kritisch mit der Bezahlkarte auseinandergesetzt bzw. sich gegen restriktive Karten ausgesprochen.
(Christian Dahm [SPD]: Das sind doch die, denen ihr die Mittel streicht, wo ihr die Beratung kürzt!)
– Darf ich eben weiterreden, bitte? – Ein weiterer Absatz des Gesetzesvorschlags beschäftigt sich mit Fragen des Datenschutzes. Denn zur Umsetzung der Bezahlkarte soll sich zusammen mit 13 anderen Bundesländern eines Dienstleisters bedient werden. Gerade ist schon angeklungen, dass die Ausschreibung beendet und dieser Dienstleister gefunden ist. Diesem müssen dann personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt werden, damit er seine Aufgaben erfüllen kann.
Die Bezahlkarte soll Verwaltungsvereinfachungen bringen. Es bleibt aus meiner Sicht zu hoffen, dass das so ist, aber fraglich und abzuwarten, ob diese Erwartung der Ministerpräsidenten Wirklichkeit werden wird.
Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Abgeordneter, es gibt eine Wortmeldung zu einer Zwischenfrage des Abgeordnetenkollegen Baran. Möchten Sie sie gestatten?
Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Ja.
Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Dann haben Sie das Wort.
Volkan Baran (SPD): Vielen Dank. Frau Präsidentin. – Vielen Dank, dass du die Zwischenfrage zulässt.
Du hast gerade darüber berichtet, dass in Münster die Geflüchteten eine ganz normale EC-Karte haben. Würden wir darüber sprechen, wäre die Grundlage eine ganz andere. Wir reden bei der Bezahlkarte aber nicht über eine EC-Karte, sondern über eine Karte, die eine Person eindeutig als Geflüchteten identifiziert. Siehst du das ähnlich wie ich? Eine EC-Karte, eine ganz normale Sparkassenkarte, ist mit Sicherheit weniger diskriminierend als eine Bezahlkarte, die hier ausgestellt werden soll.
Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Die EC-Karte kann an die Geflüchteten in den Kommunen ausgegeben werden. In den Landesunterkünften ist das in Teilen noch anders. Deswegen ist es dort gegebenenfalls eine Möglichkeit, mit der Bezahlkarte Verwaltungsvereinfachungen hinzubekommen.
Die Kommunen können ja aufgrund des vorliegenden Gesetzentwurfs selbst entscheiden, ob sie so verfahren, wie Münster und andere Städte bisher verfahren haben, oder ob sie die Bezahlkarte möchten, weil sie vielleicht bisher die Möglichkeit noch nicht hatten. Deswegen ist diese jetzt vorgesehene Regelung so, dass die Optionen für die Kommunen offen sind und die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz in die Realität umgesetzt werden kann.
Mein letzter Satz – Volkan Baran hatte gerade eine Zwischenfrage gestellt –: Der Überweisung zur Beratung in die Ausschüsse stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)