Dr. Gregor Kaiser: „Gegen den Willen der Kommunen können wir als Land nicht handeln“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Großmärkten in NRW

Portrait Gregor Kaiser - klein

Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die SPD hat mit ihrem Antrag ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Die Anhörung im Umweltausschuss hierzu war gut und informativ, dafür an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle Sachverständigen, die uns mit vielen Informationen versorgt haben.

Die Situation und die Strukturen der Großmärkte in NRW – das ist gerade schon beschrieben worden – sind sehr unterschiedlich, von der Art der Betreibergesellschaft über die Größe und die Lage bis hin zu den gehandelten Waren. Diese Vielfalt ist ein großer Vorteil für die Vermarktungsstrukturen, führt jedoch dazu, dass jeder Standort vor gesonderten Herausforderungen steht.

Erfolgreiche Großmärkte zeichnen sich durch ein gutes Management, eine vielfältige Anbieterstruktur, ausreichend große Flächen mit guter verkehrlicher Anbindung und kontinuierliche Investitionen in die Liegenschaften aus.

(Julia Kahle-Hausmann [SPD]: Ja, das stimmt!)

Viele dieser Punkte können nur durch die Großmarktbetreiberinnen in Kooperation mit den Kommunen angegangen werden.

Wichtig in der Bestandsanalyse der Großmärkte ist auch ihre Rolle als regionaler Arbeitgeber – es wurde gerade schon darauf hingewiesen –: In Köln arbeiten rund 2.000 Menschen beim Großmarkt. Für viele bildet dieser Großmarkt die einzige Option, überhaupt am ersten Arbeitsmarkt teilhaben zu können. Für Landwirte im Umkreis sind sie Handelsplatz und Einkaufsgelegenheit.

Lösungsansätze müssen aber auf kommunaler Ebene gefunden werden und nicht im Land.

(Julia Kahle-Hausmann [SPD]: Ihr könnt doch helfen!)

Ein zentrales Problem sind hierbei insbesondere Flächen- und Nutzungskonkurrenzen. Großmarktflächen erweisen sich als kommunale Flächenfiletstücke, die Begehrlichkeiten wecken. Zugleich mangelt es einigen Standorten seit Jahrzehnten an ausreichenden Investitionen, sodass die Substanz einiger Großmärkte in schlechtem Zustand ist.

Die Anhörung hat auch gezeigt, dass die bestehenden Großmarktstrukturen sich weiterentwickeln müssen, um gesellschaftlichen Mehrwert zu generieren. So spielen bei vielen Anbieterinnen Regionalität und Nachhaltigkeitskriterien nur eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt. Das wäre eine Kernkompetenz der Großmärkte und ein zentraler Aspekt für unsere grüne Fraktion.

Die Sachverständigen in der Anhörung haben auf das Beispiel „Köln“ hingewiesen, wo der Großmarkt ihren Worten nach in untergeordneter Relevanz als Bezugsort für regionale Wochenmärkte genutzt wird – ganz im Gegensatz zu der Überschrift Ihres Antrags. Die Annahme der SPD-Fraktion, dass Wochenmärkte nur durch Großmärkte überleben, bleibt somit mindestens fragwürdig.

Der Antrag der SPD spielt vor allem auf die Situation der Großmärkte in Köln und Düsseldorf an – das ist gerade schon angeklungen. Die Debatte in Köln läuft seit vielen Jahren und wurde vor allem in der Kommune verschleppt. Hier besteht Handlungsnotwendigkeit, hier muss der Stadtrat Köln in Verantwortung treten. In Düsseldorf ist die Situation ein bisschen anders. In beiden Kommunen ist aber Bewegung.

Sie haben es gerade angesprochen, Frau Kahle-Hausmann: Laut Website zeichnet sich in Düsseldorf ein neuer Standort ab, und in Köln ist auch Bewegung in die Sache gekommen, sodass trotz des BVG-Urteils von gestern zu hoffen bleibt, dass zumindest in Düsseldorf der Großmarkt erhalten bleibt.

Ich komme zum Fazit. Großmärkte sind relevante Institutionen im Bereich der Vermarktung. Um es klar und deutlich zu sagen – wir unterscheiden uns da vielleicht ein bisschen von dem, was Kollege Nolten gerade gesagt hat –: Großmärkte müssen als Handelsplätze, effektive Logistikzentren und als Pfeiler einer diversifizierten Resilienzstruktur aufrechterhalten werden. Sie müssen sich aber sowohl in der Bausubstanz als auch im Bereich „Regionalität und Nachhaltigkeit“ weiterentwickeln.

Ich wiederhole es: Die entscheidenden Akteure sind die Kommunen. Diese müssen sich ihrer Verantwortung für die Großmärkte bewusst sein. Gegen den Willen der Kommunen können wir als Land nicht handeln.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU] und Bianca Winkelmann [CDU])

Die Kommunen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und die Großmärkte fördern und aushalten, sodass zentrale Flächen nicht weiter kommerzialisiert werden können, auch wenn die Interessen daran groß sind. Diese zentralen Flächen müssen weiter für die Erfüllung der Gemeinwohlaufgaben zur Verfügung stehen.

Dafür können auch interkommunale Projekte hilfreich sein. Aber die Kommunen vor Ort müssen es tun. Die Stadt Düsseldorf, die Stadt Köln und alle weiteren müssen hier in die Verantwortung genommen werden, um die Anforderungen bzw. Hinweise der EU-Richtlinie umzusetzen, auch wenn es nur zwei von über 140 Punkten waren, wenn es um nachhaltige Landwirtschaft geht. Im Bereich der Landwirtschaft werden wir im Kontext der GAP, des Green Deal sicherlich mehr erreichen. Da sind die Großmärkte nur ein kleinerer Anteil.

All diese Punkte werden im SPD-Antrag nicht ausreichend aufgegriffen. Dieser behandelt somit ein wichtiges Thema, ist in der Konsequenz aber nicht zielführend. Und die Forderung, die Großmärkte in das Immaterielle Kulturerbe aufzunehmen, ist nun völlig aus der Luft gegriffen. Das wird von niemandem unterstützt und trägt nicht zur Lösung der Probleme bei. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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